Rn. 42

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Ergänzend zu den in § 266 Abs. 2 A. I. 1. und A. I. 2. aufgeführten Gegenständen sind neben der bereits oben erörterten IT-Software (vgl. HdR-E, HGB § 248, Rn. 22ff.) die folgenden Beispiele für den Ansatz von immateriellen VG zu nennen, die keinen erschöpfenden Katalog bilden, sondern vielmehr Interpretationshinweise für den häufig schwierig ausfüllbaren unbestimmten Rechtsbegriff des immateriellen VG geben sollen:

Arbeitsverträge: Der denkbare Vorteil aus schwebenden Arbeits- oder Dienstverträgen – etwa in Form der Verfügbarkeit über besonders qualifizierte oder geeignete Mitarbeiter – ist nicht als eigenständiger immaterieller VG qualifizierbar, sondern begründet einen geschäftswertbildenden Faktor, der nur bei entgeltlichem Erwerb eines Betriebs oder Teilbetriebs als GoF-Bestandteil i. S. d. § 246 Abs. 1 Satz 4 aktivierbar ist (vgl. BFH, Urteil vom 07.11.1985, IV R 7183, BStBl. II 1986, S. 176ff., zum Fall des Erwerbs eines Zeitarbeitsbetriebs).

Arzneimittelzulassungen: Trotz ihres öffentlich-rechtlichen Charakters sind sie übertragbar und für sich Gegenstand des wirtschaftlichen Verkehrs, so dass ihre Aktivierung geboten ist (vgl. im Einzelnen Boorberg/Strüngmann/Spiess, DB 1994, S. 53 (55), auch zu Fragen der Folgebewertung).

Auftragsbestand: Wird ein Auftragsbestand erworben, kommt eine eigenständige Aktivierung der sich aus den schwebenden Geschäften ergebenden Gewinnchancen dann in Betracht, wenn der Erwerb im konkreten Einzelfall hinreichend von dem ggf. zeitgleichen oder verbundenen Erwerb anderer VG oder eines Konglomerats von VG – etwa im Zuge des Erwerbs eines Betriebs oder Teilbetriebs – abgesondert werden kann und eine Zurechnung der AK unter Objektivierungsgesichtspunkten möglich ist (vgl. Moxter (2007), S. 18; ferner auch BFH, Urteil vom 01.02.1989, VIII R 361/83, BFH/NV 1989, S. 778f.; BFH, Urteil vom 26.04.2018, III R 5/16, BStBl. II 2018, S. 536; BFH, Urteil vom 06.09.2018, IV R 26/16, BFH/NV 2018, S. 1260f.). Vom UN selbst akquirierte Aufträge, die noch von keiner Vertragspartei erfüllt wurden, sind indes nicht aktivierungsfähig, da sie als schwebende Geschäfte anzusehen sind.

Belieferungsrechte: Dass vertraglich begründete Belieferungsrechte die Merkmale eines aktivierungspflichtigen immateriellen VG erfüllen, hat der BFH zu Belieferungsrechten aus Abonnentenverträgen (vgl. BFH, Urteil vom 03.08.1993, VIII R 37/92, BStBl. II 1994, S. 444ff.; BFH, Urteil vom 28.05.1998, IV R 48/97, BStBl. II 1998, S. 775), betriebsgebundenen Zuckerrübenlieferrechten (vgl. BFH, Urteil vom 24.06.1999, IV R 33/98, BStBl. II 2003, S. 58; BFH, Urteil vom 17.3.2010, IV R 3/08, BStBl. II 2014, S. 512) und Milchlieferrechten (vgl. BMF, Schreiben vom 05.11.2014, BStBl. I 2014, S. 1503; BFH, Urteil vom 22.07.2010, IV R 30/08, BStBl. II 2011, S. 210; BFH, Urteil vom 28.11.2013, IV R 58/10, BStBl. II 2014, S. 966; BFH, Urteil vom 17.01.2019, VI R 52/16, BStBl. II 2019, S. 472ff.) bestätigt. Gleiches gilt beim Erwerb von Belieferungsrechten aus Fortsetzungssammelwerken und Loseblattausgaben (ob es hier auf die vertragliche Absicherung der künftigen Belieferung mit dem Kunden ankommt, blieb bisher offen, wird aber analog zu entgeltlich erworbenen Adressendateien bei einem unmittelbaren und gesonderten Erwerb nicht zu fordern sein). Entsprechendes gilt für Bierlieferungsrechte, wenn eine Brauerei Gastwirtschaften Zuschüsse gegen zeitlich bestimmte Bierbezugsverpflichtungen gewährt (vgl. Moxter (2007), S. 28f.; BFH, Urteil vom 26.02.1975, I R 72/73, BStBl. II 1976, S. 13). Nicht um einen immateriellen VG, sondern um geschäftswertbildende Faktoren handelt es sich indes bei Belieferungsmöglichkeiten eines Pressegrossisten.

Filmrechte: Wegen des Übergewichts des geistig-kreativen Elements gegenüber dem materiellen Filmmaterial stellen sie immaterielle VG dar, jedenfalls soweit es sich um das jeweilige Original handelt. Für eine mögliche Aktivierung kommt es daher darauf an, wie das betreffende Recht genutzt werden soll, ob es sich also um AV oder UV, eine eigene Produktion/Herstellung oder erworbene Rechte handelt. Wird ein Film in echter Auftragsproduktion für eine Fernsehanstalt hergestellt, so ist dieser beim Produzenten als immaterieller VG des UV zu aktivieren (vgl. BFH, Urteil vom 20.09.1995, X R 225/93, BStBl. II 1997, S. 320ff.; BFH, Beschluss vom 06.11.2008, IV B 126/07, BStBl. II 2009, S. 156). Betroffen sind ebenfalls die Synchronisationskosten, die – wohl nur ausnahmsweise – als Anschaffungsnebenkosten bei gekauften Rechten aktivierungsfähig bzw. als HK des neuen eigenständigen Filmrechts in übersetzter Form nicht aktivierungsfähig sind (vgl. Wriedt/Witten, DB 1991, S. 1292 (1293)); für Tonträger gilt Ähnliches (vgl. dazu auch Moxter (2007), S. 14). Selbst erstellte Filmrechte und Tonträger des AV fallen nach hier vertretener Ansicht als "vergleichbare immaterielle VG des AV" unter das Aktivierungsverbot des § 248 Abs. 2 Satz 2 (vgl. auch Beck Bil-Komm. (2022), § 248 HGB, Rn. 24, sow...

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