Rn. 21

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Besteht ein zusammengesetztes Gut aus einer immateriellen und materiellen Komponente, so sind diese – sofern es sich um einzelne VG handelt – aufgrund des Einzelbewertungsgrundsatzes (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 3) getrennt zu bilanzieren. Indes ist eine Separierbarkeit nicht immer einfach oder wirtschaftlich sinnvoll (z. B. wenn eine Komponente von untergeordneter Bedeutung ist). Im Einzelfall kann die Abgrenzung von materiellen und immateriellen VG problematisch sein. So ist ein immaterieller VG oftmals an ein materielles Trägermedium gebunden, das ebenfalls einen Wert besitzt (z. B. Bücher, Filme, CDs und andere (Software-)Datenträger). Solche VG sind dann als Gesamtheit entsprechend ihrem überwiegenden Wertanteil dem materiellen oder immateriellen Vermögen zuzuordnen (vgl. GEFIU (1987), S. 3). Entscheidend sollte im Regelfall das Wertverhältnis zwischen den HK für den materiellen Träger bzw. das Medium und dem geistig-schöpferischen Prozess (vgl. auch BFH, Urteil vom 30.10.2008, III R 82/06, BStBl. II 2009, S. 421) sowie die Verkehrsanschauung sein. Maßgeblich sollte danach bei solch verbundenen Gegenständen sein, ob für einen potenziellen Erwerber der immaterielle – wie etwa das in der Urkunde verbriefte Recht – oder der geistig-kreative Gehalt – wie etwa bei der Dokumentation von technischem Know-how – so im Vordergrund steht, dass er in der Gewichtung fast ausschließlich an ihm interessiert ist (wirtschaftliches Interesse) und er daher die AK i.W. dafür aufbringt, während der materielle Wert des Trägermaterials in den Hintergrund tritt und sich seine Funktion darauf beschränkt, die Übertragung des immateriellen Gehalts nachzuweisen bzw. zu erleichtern oder zu ermöglichen. Nach hier vertretener Ansicht sind die Kriterien des wirtschaftlichen Interesses, der Funktion, des Wertverhältnisses sowie der Verkehrsanschauung gleichrangig, d. h. sie sollten kombiniert zur Bestimmung der maßgebenden Komponente UN-individuell angewendet werden (vgl. so auch Sommerhoff (2010), S. 17ff., m. w. N.; a. A. DRS 24.B6, ebenso wie Bonner-HdR (2017), § 248 HGB, Rn. 32.1, wonach jeweils das wirtschaftliche Interesse als zentrales Kriterium angesehen wird).

 

Rn. 22

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Die Abgrenzungsschwierigkeiten sollen am Beispiel von IT-Software (vgl. zur Klassifizierung IDW RS HFA 11 (2017), Rn. 3) verdeutlicht werden: Sich aus den Bestandteilen "Steuer- und Arbeitsprogramme" zusammensetzende System-Software, die die Funktionsfähigkeit der Hardware gewährleistet ("Betriebssystem"), wird grds. nicht als Bestandteil der Hardware erachtet, sondern als ein eigenständiger immaterieller VG (bzw. steuerlich als eigenständiges immaterielles WG), der – unabhängig davon, ob der entgeltliche Erwerb i. V. m. der Anschaffung der Hardware oder selbständig erfolgt – zu aktivieren ist (vgl. Sauer (1988), S. 113f.; BFH, Urteil vom 28.07.1994, III R 47/92, BStBl. II 1994, S. 873ff.). Allerdings soll die System-Software bilanziell ausnahmsweise dann als Bestandteil der Hardware behandelt werden, wenn sie zusammen mit der Hardware ohne gesonderte Berechnung geliefert wird (sog. Bundling; vgl. IDW RS HFA 11 (2017), Rn. 6) und – z. B. infolge der System-Software-Bereitstellungsbedingungen als Teil der Hardware-Überlassung – nicht eigenständig bewertet werden kann (vgl. Köhler/Benzel/Trautmann, DStR 2002, S. 926 (927); BFH, Beschluß vom 16.02.1990, III B 90/88, BStBl. II 1990, S. 794; BFH-Urteil vom 28.07.1994, III R 47/92, BStBl. II 1994, S. 873ff.; BFH, Urteil vom 28.11.2002, III R 4/00, BStBl. II 2003, S. 365).

 

Rn. 22a

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Auch die Anwender-Software – sei es als fixe Standard-Software, als variable Standard-Software (modular- oder modifizierte bzw. parameter-gesteuerte Standard-Software) oder als Individual-Software, die der Lösung der Aufgaben des Anwenders dient (z. B. Textverarbeitungs-, Tabellenkalkulations-, Buchhaltungs-, CAD-Programme), stellt nach Ansicht des BFH keinen Bestandteil der Hardware, sondern ein eigenständiges WG dar (vgl. BFH, Urteil vom 03.07.1987, III R 7/86, BStBl. II 1987, S. 728ff.; BFH, Urteil vom 03.07.1987, III R 147/86, BStBl. II 1987, S. 787ff.; BFH, Urteil vom 28.07.1994, III R 47/92, BStBl. II 1994, S. 873ff.). Anwender-Software stellt nur dann einen Bestandteil der Hardware und somit einen materiellen VG dar, wenn sie lediglich allg. zugängliche Datenbestände (wie Telefon- oder Kursbücher) enthält bzw. einfache Suchfunktionen umfasst und aus ihrer Verwendung weder wirtschaftliche Vorteile resultieren noch die Fähigkeit der Software im Vordergrund steht (vgl. IDW RS HFA 11 (2017), Rn. 7). Unter Berücksichtigung des i. d. R. unbedeutenden Wertanteils des Datenträgers am Gesamtwert der Software (vgl. auch HdR-E, HGB § 248, Rn. 21) wird Anwender-Software vom BFH grds. als immaterielles WG qualifiziert (vgl. Urteil vom 28.07.1994, III R 47/92, BStBl. II 1994, S. 873ff.; so auch IDW RS HFA 11 (2017), Rn. 5). Ob dies allerdings auch für sog. Trivialprogramme gi...

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