Rn. 6

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Die Anordnung zur Vorlage der Handelsbücher nach § 258 kann lediglich greifen, sofern die betroffenen Prozessparteien zur Führung und Aufbewahrung von Handelsbüchern verpflichtet sind. Mithin muss es sich um einen Kaufmann i. S. d. §§ 1ff. handeln (vgl. HdR-E, HGB § 238, Rn. 4). Im Falle eines Insolvenzverfahrens sind bezüglich der Insolvenzmasse die Buchführungspflichten von dem jeweils eingesetzten Insolvenzverwalter zu erfüllen (§ 155 InsO), so dass (auch) dieser § 258 ggf. zu berücksichtigen hat (vgl. Bonner HGB-Komm. (2020), § 258, Rn. 23).

 

Rn. 7

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Die Handelsbücher einer Partei sind die Objekte der Vorlegung. Die Anordnung kann sich demgemäß nur auf die "Handelsbücher" stützen. Handelsbücher i. d. S. sind diejenigen Aufzeichnungen, die der Kaufmann zur und in Erfüllung der Verpflichtung gemäß § 238 Abs. 1 zu führen hat; nicht dazu gehören Handelsbriefe, Buchungsbelege (es sei denn, ihre Ablage erfüllt die Buchfunktion gemäß § 239 Abs. 4 Satz 1; vgl. MünchKomm. BilR (2013/II), § 258 HGB, Rn. 3, i. V. m. § 257 HGB, Rn. 14), sonstige erforderliche Aufzeichnungen, Inventare, Bilanzen und Abschlüsse (vgl. ausführlich zur Abgrenzung der Handelsbücher HdR-E, HGB § 257, Rn. 37ff.). Eine Vorlagepflicht dieser Dokumentationen kann jedoch aus den allg. zivilprozessualen Vorschriften resultieren (vgl. ADS (1995), § 258, Rn. 4).

 

Rn. 8

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Die Vorlagepflicht des § 258 bezieht sich auf eine Partei, die am Rechtsstreit beteiligt ist. Auf die Handelsbücher Dritter kann demgemäß nicht unmittelbar zugegriffen werden. Sofern eine der Parteien Eintragungen in den Handelsbüchern eines Dritten für rechtsstreitrelevant hält, kommt insoweit nur der Zeugenbeweis durch Einvernehmung des betreffenden Dritten in Betracht. Befinden sich die Handelsbücher einer der Parteien nicht in ihrem unmittelbaren Besitz, so kommen evtl. die Rechtsfolgen des § 427 ZPO dann in Betracht, sollte betreffende Partei sie herbeischaffen können.

 

Rn. 9

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Wird seitens des Gerichts keine explizite Angabe getätigt, sind die Handelsbücher dem Gericht im Original vorzulegen. Beruft sich die zur Vorlage verpflichtete Partei darauf, dass die Handelsbücher nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist vernichtet worden sind, ist sie von der Vorlage befreit; Nachteile können der Partei daraus nicht entstehen. Eine Vernichtung handelsrechtlicher Bücher, die für ein schwebendes Verfahren von Relevanz sein können, sollte allerdings analog dem Rechtsgedanken in § 147 Abs. 3 Satz 2 AO unterbleiben, wenngleich die Aufbewahrung nicht ausdrücklich angeordnet wurde (vgl. BayOLG, Beschluss vom 01.04.1993, BReg. 3 Z 17/90, DB 1993, S. 1027f.; ferner OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.01.1993, 19 W 2/92 (AktE), NJW-RR 1993, S. 1256). Sind die Bücher trotz Ablaufens der Aufbewahrungsfrist noch vorhanden, so bleibt es bei der Vorlagepflicht (vgl. BGH-Urteil vom 10.10.1994, II ZR 95/93, BB 1994, S. 2376 (2378)). Es gilt jedoch zu berücksichtigen, dass das Gericht eine auf § 258 Abs. 1 gestützte Vorlagepflicht nicht anhand von Zwangsmitteln durchsetzen kann (vgl. hierzu HdR-E, HGB § 258, Rn. 19), sondern lediglich beweisrechtliche Konsequenzen die Folge sind, die allerdings nur erwachsen können, sofern eine gesetzliche Pflicht zur Führung und Aufbewahrung der Bücher existierte (vgl. Bonner HGB-Komm. (2020), § 258, Rn. 41; Haufe HGB-Komm. (2020), § 258, Rn. 6).

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