Rn. 43

Stand: EL 39 – ET: 06/2023

§ 323 regelt die vertragliche Haftung des AP gegenüber dem Mandanten und verbundenen UN bei Pflichtprüfungen abschließend. Er lässt hingegen die Ansprüche Dritter offen. Die Haftung aus § 323 kann auch nicht im Wege der extensiven Auslegung oder Analogie auf nicht in der Norm genannte Dritte ausgedehnt werden (vgl. IDW, FN-IDW 2000, S. 518; überdies Beck Bil-Komm. (2022), § 323 HGB, Rn. 141, m. w. N.). Eine Initiative des BR, i. R.d. sog. Gesetzes zur Kontrolle im Unternehmensbereich (KonTraG) vom 27.04.1998 (BGBl. I 1998, S. 786ff.) Ansprüche Dritter in § 323 explizit auszuschließen (vgl. BR-Drs. 872/97 (Beschluß vom 19.12.1997), S. 7f.), hatte sich im Gesetzgebungsverfahren nicht durchgesetzt. Dies wurde vom Rechtsausschuss des BT für entbehrlich gehalten, da sich aus dem Wortlaut des § 323 bereits zweifelsfrei der Ausschluss von Ansprüchen Dritter ergibt (vgl. ausführlich ADS (2000), § 323, Rn. 177, m. w. N.).

 

Rn. 44

Stand: EL 39 – ET: 06/2023

Dritte können aber grds. nach deliktsrechtlichen Grundsätzen Ansprüche gegenüber dem AP haben. Die Reichweite der deliktischen Haftung nach den §§ 823ff. BGB ist jedoch begrenzt, da sich diese grds. nicht auf reine Vermögensschäden erstreckt, Drittschäden aber typischerweise reine Vermögensschäden sind (vgl. Ebke (1983), S. 38ff.). So scheidet § 823 Abs. 1 BGB als Haftungsgrundlage praktisch aus (vgl. ADS (2000), § 323, Rn. 180). Als deliktische Anspruchsgrundlagen kommen insbesondere § 823 Abs. 2 BGB (Verstoß gegen ein Gesetz zum Schutze Dritter) und § 826 BGB (Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung) in Frage. Für prüfungsvertragsfremde Dritte wichtige Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB sind in erster Linie § 332 (vgl. IDW, FN-IDW 2000, S. 518; zum Regelungsgehalt HdR-E, HGB § 323, Rn. 48) sowie verschiedene strafrechtliche Vorschriften, die den Schutz fremder Vermögensinteressen zum Zweck haben (dies betrifft insbesondere die Betrugstatbestände; vgl. ausführlich ADS (2000), § 323, Rn. 182). § 333 hat nur einen sehr engen Schutzbereich, der sich auf die in § 333 Abs. 1 genannten UN beschränkt (vgl. ADS (2000), § 323, Rn. 182; zum Regelungsgehalt des § 333 HdR-E, HGB § 323, Rn. 49). § 323 kommt hingegen nicht als Schutzgesetz zugunsten Dritter in Frage, ebenso wenig wie die berufsrechtlichen Bestimmungen der WPO (vgl. ADS (2000), § 323, Rn. 184f.; IDW, FN-IDW 2000, S. 518). Die beiden genannten deliktischen Anspruchsgrundlagen kommen nach h. M. bei vorsätzlichen Pflichtverletzungen zum Zuge (vgl. etwa Beck Bil-Komm. (2022), § 323 HGB, Rn. 145; Ebke (1983), S. 54ff.), § 826 BGB überdies bei grob fahrlässigen Pflichtverletzungen, die als Gewissenlosigkeit gewertet werden können (vgl. Grunewald, ZGR 1999, S. 583 (590ff.), m. w. N.; differenzierender i. S. v. fließenden Grenzen MünchKomm. HGB (2020), § 323, Rn. 104ff.). Dieses Tatbestandsmerkmal kann bspw. erfüllt sein bei ungeprüfter Übernahme von Prüfungsergebnissen Dritter sowie bei Fehlen einer Prüfungsplanung entgegen der §§ 38, 56 BS WP/vBP (vgl. MünchKomm. HGB (2020), § 323, Rn. 104, m. w. N.; Sommerschuh (2002), S. 214f.). Erfüllt einer der Gehilfen des AP oder ein gesetzlicher Vertreter einen der Tatbestände der §§ 823ff. BGB, haftet der AP ebenfalls gemäß § 831 BGB (mit Möglichkeit zur Entlastung; vgl. § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB) bzw. § 31 BGB.

 

Rn. 45

Stand: EL 39 – ET: 06/2023

Von größerer, gleichwohl umstrittener Bedeutung ist die von der Rspr. fortentwickelte Haftungsgrundlage aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (vgl. Ebke (1983), S. 60ff., m. w. N.; des Weiteren ADS (2000), § 323, Rn. 199ff.). Obwohl dieses Institut in Teilen der Literatur als unzulässige Rechtsfortentwicklung gegen den Willen des Gesetzgebers zur endgültigen Beschränkung der Vertragshaftung des AP verworfen wird (vgl. insbesondere MünchKomm. HGB (2020), § 323, Rn. 136ff.), erkennt die Rspr. des BGH es als mögliche Haftungsgrundlage an. Eine Schutzpflicht des Prüfers gegenüber Dritten besteht dann, wenn beide Parteien übereinstimmend davon ausgehen, bestimmte vertragsfremde Dritte, denen das Ergebnis der Prüfung als Entscheidungsgrundlage dienen soll, in den Schutzbereich des Prüfungsvertrags mit einzubeziehen (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 323 HGB, Rn. 175ff., m. w. N.; BGH, Urteil vom 02.04.1998, III ZR 245/96, DB 1998, S. 1073ff.; Fölsing, DStR 2006, S. 1809ff.; Sieger/Gätsch, BB 1998, S. 1408f.; IDW, FN-IDW 2000, S. 518). In einer Referenzentscheidung war die Einwilligung des AP, eine dritte Person in den Schutzbereich mit einzubeziehen, dadurch erkennbar, dass er auf Veranlassung des Auftraggebers dem späteren Käufer des geprüften UN eine gutachterliche Stellungnahme über das Prüfungsergebnis zuleitete, die sich nach dem Kauf als unzutreffend erwies (vgl. BGH, Urteil vom 02.04.1998, III ZR 245/96, DB 1998, S. 1073ff.). Die Abgrenzung des Kreises von Personen, die noch oder schon nicht mehr in den Schutzbereich des Prüfungsvertrags einbezogen sind, ist Gegenstand andauernder Konkretisieru...

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