Rn. 20

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Das HGB 1980 enthielt nur wenige Vorschriften, die festlegten, wie der JA aufzustellen war. Weitgehend wurde auf die GoB verwiesen (vgl. §§ 38 bis 40 HGB 1980). Konkretere Vorschriften über die Aufstellung des JA waren dagegen in den §§ 148 bis 161 AktG 1965 enthalten. Da viele aktienrechtliche Vorschriften allg. als GoB angesehen wurden, waren diese Vorschriften somit für alle Kaufleute bindend. Bezüglich der Generalnorm des § 149 Abs. 1 Satz 2 AktG 1965 war unklar, ob diese Generalnorm ausschließlich von AG und KGaA, von allen KapG oder generell von allen Kaufleuten zu beachten war.

Durch die Aufnahme der geänderten Generalnorm des § 264 Abs. 2 in den für KapG geltenden Zweiten Abschnitt des Dritten Buchs des HGB wird deutlich, dass die Forderung nach Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bilds der VFE-Lage nur für KapG sowie für UN gilt, die § 264 Abs. 2 aufgrund von Spezialvorschriften (z. B. § 264a) ebenfalls zu beachten haben, nicht aber für alle Kaufleute (vgl. HdR-E, HGB § 264, Rn. 2). Die Generalnorm für alle Kaufleute in § 243 Abs. 1 legt dagegen nur fest, dass der JA nach den GoB aufzustellen ist. Die Formulierung der Generalnorm für alle Kaufleute bedeutet indes nicht, dass z. B. der Grundsatz der Bilanzwahrheit i. S. v. Richtigkeit und Willkürfreiheit nicht von allen Kaufleuten zu beachten wäre. Außerdem ist bei der Generalnorm für alle Kaufleute zu berücksichtigen, dass die GoB einer Fortentwicklung unterliegen, die auch durch die für KapG geltenden Regelungen beeinflusst wird (vgl. HdR-E, HGB § 243, Rn. 2). Somit gilt die Forderung der Generalnorm des § 264 Abs. 2 im Grundsatz nur für KapG.

 

Rn. 21

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Der Gesetzgeber hat sich weitgehend darauf beschränkt, die Vorschriften der 4. EG-R (derweil: Bilanz-R), die sich ausschließlich auf KapG bezogen (vgl. Art. 1 Abs. 1 der 4. EG-R), in den Zweiten Abschnitt des Dritten Buchs des HGB zu übernehmen. Daneben hat er allerdings den Ersten Abschnitt des Dritten Buchs freiwillig neu geschaffen. Hier hat er (ohne Zwang durch die 4. EG-R) die von ihm als GoB anerkannten Regelungen für alle Kaufleute kodifiziert (vgl. insbesondere § 252) und diesen implizit die Zwecke des JA für alle Kaufleute zugrunde gelegt.

 

Rn. 22

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Mit dem BilMoG sollte den deutschen UN eine kostengünstigere Alternative zu den internationalen Bilanzierungsstandards (IFRS) geboten werden (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 1). Neben der Pflicht für kap.-marktorientierte KapG, den JA um eine KFR und einen EK-Spiegel zu erweitern, und dem Wahlrecht, zusätzlich über die Segmente zu berichten (vgl. HdR-E, HGB § 264, Rn. 9), wurden auch andere Bilanzierungsvorschriften geändert. So wurde z. B. die Bilanzierung selbst geschaffener immaterieller VG des AV gemäß § 248 Abs. 2 (vgl. HdR-E, HGB § 248, Rn. 17ff.) und die Bilanzierung eines derivativen GoF gemäß § 246 Abs. 1 (vgl. HdR-E, HGB § 246, Rn. 19) neu geregelt. Indes wurde die Generalnorm des § 264 Abs. 2 nicht verändert. Da die Generalnorm fordert, dass der JA der KapG unter Beachtung der GoB ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der VFE-Lage der KapG vermittelt, könnten sich veränderte GoB auf die Generalnorm auswirken. Wie sich das BilMoG auf die GoB ausgewirkt hat, kann vor dem Hintergrund, dass sich die Zwecke des handelsrechtlichen JA nicht verändert haben (vgl. Baetge/Kirsch/Solmecke, WPg 2009, S. 1211 (1222)), untersucht werden. Zu der Frage, ob die einzelnen GoB nach dem BilMoG anders als bisher interpretiert werden müssen und sich ihre Gewichtung bzw. Bedeutung innerhalb des GoB-Systems geändert hat, kann festgehalten werden, dass weiterhin jeder GoB auch nach dem BilMoG anzuwenden ist und auch kein GoB inhaltlich neu zu interpretieren ist (vgl. hierzu und zum Folgenden Solmecke (2009), S. 252ff.). Solmecke gelangte bei seiner BilMoG-Analyse bezüglich der GoB zu folgendem zusammengefassten Ergebnis:

  • Nicht erkennbar beeinflusst wurden die Dokumentationsgrundsätze, der Going Concern-Grundsatz sowie der Grundsatz der Pagatorik;
  • das Imparitätsprinzip wurde leicht geschwächt, da im abgelaufenen GJ verursachte, künftige Verluste nicht mehr antizipiert werden (so z. B. hinsichtlich der Regelungen bezüglich der AfA für nur vorübergehende Wertschwankungen);
  • positive und negative Einflüsse des BilMoG kompensierten sich hinsichtlich des Vollständigkeitsgrundsatzes, des Einzelbewertungsgrundsatzes, des Aktivierungs- und Passivierungsgrundsatzes, des Realisationsprinzips sowie des Vorsichtsprinzips, so dass das BilMoG auf diese GoB zusammen genommen keinen den Inhalt des JA verändernden Einfluss hatte;
  • der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Wesentlichkeit wurde aufgrund von Bewertungsvereinfachungen (z. B. hinsichtlich der Annahme einer durchschnittlichen Restlaufzeit von Pensionsrückstellungen) leicht gestärkt;
  • da mit dem BilMoG zahlreiche Wahlrechte abgeschafft wurden, wurde der Grundsatz der Vergleichbarkeit gestärkt. Ebenfalls gestä...

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