Rn. 56

Stand: EL 39 – ET: 06/2023

§ 238 Abs. 1 stellt die Generalnorm für die Buchführung dar. Er lautet: "Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. Die Buchführung muß so beschaffen sein, daß sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen." Das wiederum ist nur möglich, wenn die Dokumentationsgrundsätze eingehalten werden.

 

Rn. 57

Stand: EL 39 – ET: 06/2023

Die Dokumentationsgrundsätze, die teilweise in den §§ 238 und 239 kodifiziert sind, sollen in erster Linie eine zuverlässige und vollständige Aufzeichnung und eine systematische Ordnung der Geschäftsvorfälle in der Buchführung gewährleisten sowie die wahrheitsgetreue Wiedergabe der wirtschaftlichen Lage als Aggregation aller Geschäftsvorfälle im JA sichern. Sie sollen zudem gewährleisten, dass unredliches Verhalten verhindert wird und VG gesichert werden. Im Einzelnen besagen sie Folgendes (vgl. Leffson/Baetge, in: HWR (1970), Sp. 314 (315ff.)):

(1) Der Grundsatz des systematischen Aufbaus der Buchführung fordert die Ableitung eines systematischen Kontenplans aus einem Kontenrahmen als Voraussetzung für jede Buchführung.
(2) Der Grundsatz der Sicherung der Vollständigkeit der Konten besagt, dass die Konten entsprechend der Verarbeitungstechnik (z. B. manuelle Buchführung, EDV-Buchführung) gegen Veränderungen und Verlust zu schützen sind.
(3) Durch den Grundsatz der vollständigen und verständlichen Aufzeichnung wird festgelegt, dass jeder Geschäftsvorfall chronologisch zu buchen ist (vgl. § 239 Abs. 2). Die Aufzeichnungen müssen nach § 239 Abs. 1 Satz 1 in einer lebenden Sprache erfolgen. Nach § 244 ist der JA allerdings in deutscher Sprache und in Euro aufzustellen. Veränderungen und Berichtigungen, die die Aufzeichnungen unleserlich machen, sind unzulässig (vgl. § 239 Abs. 3 Satz 1). Unzulässig sind auch Veränderungen, von denen sich nicht eindeutig feststellen lässt, "ob sie ursprünglich oder erst später gemacht worden sind" (§ 239 Abs. 3 Satz 2). D.h., dass bei Berichtigungen Storno- und Korrekturbuchungen vorzunehmen sind. Eine unmittelbare Veränderung von bereits gebuchten Zahlen ("Radierung") ist nicht zulässig.
(4) Der Beleggrundsatz besagt, dass zu jeder Buchung ein Beleg gehört und umgekehrt. Sind keine Belege von Außenstehenden vorhanden, müssen Eigenbelege erstellt werden. Anhand von Verweisen ist kenntlich zu machen, welcher Beleg zu welcher Buchung gehört. Zum Beleggrundsatz gehört auch der Grundsatz der Einzelerfassung. Die in § 252 Abs. 1 Nr. 3 geforderte Einzelbewertung von VG und Schulden setzt die Einzelerfassung voraus. Die Einzelerfassung bezieht sich auf folgende Verpflichtungen: erstens des § 238 Abs. 1 Satz 3, die Geschäftsvorfälle in der Buchführung so zu erfassen, dass sie sich "in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen", und zweitens des § 240 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 1, ein Verzeichnis aller einzelnen Bilanzgegenstände für den Schluss eines jeden GJ, das sog. Inventar, als Basis des JA aufzustellen, soweit nicht die Vereinfachungen des § 240 Abs. 3f. sowie die des § 241 zulässig sind.
(5) Der Grundsatz der Einhaltung der Aufbewahrungs- und Aufstellungsfristen verlangt, dass die Fristen zur Aufbewahrung von Unterlagen gemäß § 257 Abs. 4f. sowie die Fristen zur Aufstellung des JA gemäß § 243 Abs. 3 (alle Kaufleute) und § 264 Abs. 1 Satz 3f. (KapG und ihnen qua § 264a gleichgestellte PersG) eingehalten werden (vgl. im Einzelnen die entsprechenden HdR-E-Kommentierungen).
(6) Von besonderer Bedeutung ist der Grundsatz der Sicherung der Zuverlässigkeit und Ordnungsmäßigkeit des Rechnungswesens durch ein der Art und Größe des UN angemessenes Internes Überwachungssystem (IÜS). Ein IÜS umfasst die "Gesamtheit aller [...] Methoden und Verfahren, die das Vermögen der Unternehmung sichern und die Richtigkeit und Zuverlässigkeit des Rechnungswesens garantieren sollen" (Leffson (1988), S. 244). Dieser nicht kodifizierte Dokumentationsgrundsatz steht im öffentlich-rechtlichen Interesse sowie im Interesse aller JA-Adressaten (vgl. HdJ, Abt. I/2 (2010), Rn. 51). Ein IÜS ist erforderlich, um Unterschlagungen und Manipulationen im Rechnungswesen zu verhindern bzw. zumindest zu erschweren (vgl. Ballwieser/Dobler, DU 2003, S. 449 (456)). Die Überwachungsmethoden und -verfahren müssen bspw. auf die Verarbeitungsform der Daten (z. B. EDV), die Produktart oder die AN-Zahl abgestimmt sein, damit das IÜS der Art und Größe des UN entspricht (vgl. Brockmeyer/Knüppe, WPg 1985, S. 489 (491ff.)).
(7) Der Grundsatz der Dokumentation und Sicherung des IÜS besagt, dass die Konzeption des IÜS bspw. durch Organigramme und Ablaufpläne schriftlich niederzulegen ist, um der UN-Leitung sowie internen und externen Prüfern eine...

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