Rn. 65

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Zweites Kriterium für die Bilanzierungsfähigkeit transitorischer RAP i. e. S. ist die Erfolgswirksamkeit der Ausgaben/Einnahmen nach dem Abschlussstichtag. Dies bedeutet, dass ein Vertragspartner bereits eine Leistung erbracht hat, für die die Gegenleistung des anderen Vertragspartners noch ausstehen muss (vgl. BFH, Urteil vom 11.07.1973, I R 144/71, BStBl. II 1973, S. 806f.; BFH, Urteil vom 04.03.1976, IV R 78/72, BStBl. II 1977, S. 380). Es bleibt folglich zu untersuchen, ob Ausgaben bzw. Einnahmen als Aufwand bzw. Ertrag für das abgelaufene GJ oder für eine Zeit nach dem Abschlussstichtag zu gelten haben.

 

Rn. 66

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

"Aufwand" und "Ertrag" sind elementare Begriffsbestandteile der Buchführung, stellen insoweit negative bzw. positive Komponenten der Gewinnermittlung dar. Die Verknüpfung mit den Begriffen "Ausgaben" und "Einnahmen" erfolgt i. R.d. Bilanzierung über das Element der Periodisierung. So qualifizieren sich i. A.

(1) Aufwendungen als periodisierte Ausgaben und
(2) Erträge als periodisierte Einnahmen.

Damit liegt die Problematik also in der "zeitlichen Zurechnung von Finanzströmen zum Erfolg einer bestimmten Periode. Für diese Periodisierung gelten die GoB" (Federmann, ­SteuerStud 1985, S. 131 (132f.)).

 

Rn. 67

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Für die "richtige" Periodenzuordnung hat der BFH wertvolle Hilfestellung geleistet. So hat er in seinem Urteil vom 17.07.1974 (I R 195/72, BStBl. II 1974, S. 684ff.) bspw. formuliert: "Die Bilanz im Rechtssinne ist keine Kostenrechnung." I.d.S. ist für die Abgrenzung nicht mehr die betriebswirtschaftliche Kostenverteilung entscheidend, sondern die wirtschaftliche Entstehung oder der Zufluss des Gegenwerts für die Ausgaben bzw. der Zeitpunkt der wirtschaftlichen Leistungserbringung für die bereits erhaltenen Einnahmen (vgl. HdJ, Abt. II/9 (2021), Rn. 72ff.). Es ist folglich zu untersuchen, wann die Ausgaben/Einnahmen wirtschaftlich verursacht worden sind, d. h. z. B., ob der "‚wirtschaftliche Grund’ für die Ausgaben in der Vergangenheit oder in der Zukunft liegt, insbesondere auch, ob und inwieweit diese Ausgaben durch bestimmte im abgelaufenen Wirtschaftsjahr empfangene Gegenleistungen oder erst durch künftig zu erwartende Gegenleistungen wirtschaftlich verursacht sind" (BFH, Urteil vom 12.08.1982, IV R 184/79, BStBl. II 1982, S. 696). Die Ausgabe/Einnahme muss zumindest in Teilen wirtschaftlich einer späteren Rechnungsperiode zuzuordnen sein. Für die bilanzielle Abgrenzung ist folglich das rechtliche, insbesondere schuldrechtliche Verhältnis von Leistung und Gegenleistung maßgebend. Ob und in welcher Höhe bereits Kosten angefallen sind, ist irrelevant (vgl. nur BeckOGK-HGB (2020), § 250, Rn. 23f.).

 

Rn. 68

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Ebenso wenig ist es erforderlich, dass diesem schuldrechtlichen Verhältnis ein gegenseitiger Vertrag bürgerlichen Rechts zugrunde liegt. So hat der BFH (vgl. Urteil vom 22.07.1982, IV R 111/79, BStBl. II 1982, S. 655; Urteil vom 05.04.1984, IV R 96/82, BStBl. II 1984, S. 552) z. B. die Bildung passiver RAP auch in solchen Fällen zugelassen, in denen die zeitbezogenen Gegenleistungen auf öffentlich-rechtliche Verpflichtungen zurückgehen (z. B. Subventionen für bestimmtes zeitbezogenes Verhalten). Hier entspricht das im öffentlichen Interesse liegende, einen Zeitraum umfassende Verhalten des Vorleistungsempfängers der ausstehenden Gegenleistung im zivilen Bereich (vgl. StbJb (1983/84), S. 141 (166)). Nicht das Vorliegen einer vertraglichen Regelung ist Voraussetzung für die Bildung eines RAP, als ausreichend wird vielmehr angesehen, dass die "Umstände des Einzelfalls eine hinreichend genaue Bestimmung des zwischen den Vertragsparteien gewollten (Mindest-)Bereithaltungszeitraums zulassen" (Förschle/Scheffels, DB 1993, S. 2393 (2399)).

 

Rn. 69

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Liegen die nach diesen Zuordnungsgrundsätzen ermittelten Perioden nach dem Abschlussstichtag, ist das zweite Tatbestandsmerkmal der (transitorischen) Rechnungsabgrenzung erfüllt. "[N]ach dem Abschlussstichtag" bedeutet dabei zweifelsfrei, dass die zuzuordnende Periode frühestens mit dem ersten Tag des neuen GJ beginnen darf.

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