Rn. 19

Stand: EL 27 – ET: 04/2018

§ 254 Satz 1 Halbsatz 1 enthält die Legaldefinition einer Bewertungseinheit: Werden danach VG, Schulden, schwebende Geschäfte oder mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartete Transaktionen – sog. Grundgeschäfte – zum Ausgleich gegenläufiger Wertänderungen oder Zahlungsströme aus dem Eintritt vergleichbarer Risiken (wie bspw. Zins-, Währungs- oder Ausfallrisiken) – sog. abgesicherte Risiken – mit originären oder derivativen Finanzinstrumenten – sog. Sicherungsinstrumente – zusammengefasst, liegt eine Bewertungseinheit vor. Diese (ökonomische) Absicherung von Grundgeschäften mit Sicherungsinstrumenten ist eine vom bilanzierenden Unternehmen in eigener Verantwortung zu treffende Entscheidung. Hiervon müssen die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen des § 254 getrennt gesehen werden.

 

Rn. 20

Stand: EL 27 – ET: 04/2018

Bezüglich der Frage nach einem Wahlrecht bzw. einer Pflicht sind in § 254 Satz 1 zwei Ebenen zu unterscheiden (zur Begründung vgl. HdR-E, HGB § 254, Rn. 4ff.):

(1) Auf der 1. Ebene (§ 254 Satz 1 Halbsatz 1) trifft das Unternehmen in eigener Verantwortung die Entscheidung, ob es ein bestimmtes Risiko sichert oder nicht. M.a.W.: Das UN hat auf der 1. Ebene der Sachverhaltsgestaltung ein Wahlrecht bei der Gestaltung von Sicherungsbeziehungen.
(2) Auf der 2. Ebene (§ 254 Satz 1 Halbsatz 2) sind die Rechtsfolgen zu betrachten, die sich im Hinblick auf die bilanzielle Abbildung der (ökonomischen) Sicherungsbeziehungen bzw. die Zusammenfassung von Grundgeschäften und Sicherungsinstrumenten ergeben, nämlich die (partielle) Nichtanwendung von § 249 Abs. 1, § 252 Abs. 1 Nr. 3 und 4, § 253 Abs. 1 Satz 1 und § 256a. Hinsichtlich dieser Rechtsfolgen aus der Bildung einer Bewertungseinheit besteht eine Pflicht (vgl. HdR-E, HGB § 254, Rn. 5, m. w. N.).
 

Rn. 21

Stand: EL 27 – ET: 04/2018

Der Bilanzierende muss die (dokumentierte) Absicht haben (1. Ebene), eine Sicherungsbeziehung und damit eine Bewertungseinheit zu bilden, woraus sich dann zwingend die Rechtsfolgen für deren Bilanzierung ergeben. Das bloße (zufällige) "Halten" von Grundgeschäften und geeigneten Sicherungsinstrumenten allein ist nicht ausreichend (vgl. Schmidt, BB 2009, S. 882 (885)). Dies wird im Gesetz durch folgende Formulierung deutlich gemacht: "Werden [...] zum Ausgleich gegenläufiger Wertänderungen oder Zahlungsströme [...] zusammengefasst". Dies impliziert gleichzeitig eine Durchhalteabsicht (vgl. HdR-E, HGB § 254, Rn. 217ff.).

Die Sicherungsabsicht kann logischerweise nur für die Zukunft Wirkung entfalten (vgl. ebenso Schmidt, BB 2009, S. 882 (885)).

Den Grundsatz der Bewertungsstetigkeit (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 6) bezieht der HFA ebenso wie das Willkürverbot (vgl. § 243 Abs. 1) – bei unveränderter Sachverhaltslage – lediglich auf bereits einmal nach § 254 bilanzierte Bewertungseinheiten (vgl. IDW RS HFA 35 (2011), Rn. 15), während sich nach der hier vertretenen Ansicht das Willkürverbot auch bereits auf die Frage der Pflicht zur Bilanzierung ökonomischer Sicherungsbeziehungen nach den Regeln von § 254 erstreckt (zur Begründung vgl. HdR-E, HGB § 254, Rn. 3ff.), weshalb sich die Frage nach der sachlichen Bewertungsstetigkeit per se nicht stellt.

Die Auflösung einer bilanziellen Bewertungseinheit darf nicht mit Wirkung für eine frühere Berichtsperiode erfolgen (vgl. IDW RS HFA 35 (2011), Rn. 15).

 

Rn. 22

Stand: EL 27 – ET: 04/2018

Nachweis des Vorliegens der Bewertungseinheit (ökonomische Sicherungsbeziehung): Der für einen sachverständigen Dritten nachvollziehbare Nachweis der in Sicherungsabsicht zusammengefassten Grundgeschäfte und Sicherungsinstrumente ist mittels einer aussagefähigen Dokumentation zu führen. Nicht ohne Grund verlangten die bereits in den 1990er-Jahren vom IDW zu Bewertungseinheiten veröffentlichten Stellungnahmen BFA 2 (1993) und BFA 2 (1995), dass zum einen die Sicherungsinstrumente "nachweislich der Absicherung" dienen müssen und zum anderen die "Sicherungsabsicht [...] zu dokumentieren" ist (vgl. zu Details HdR-E, HGB § 254, Rn. 141ff.). Eine im Risikomanagement erstellte Dokumentation reicht aus (vgl. IDW RS HFA 35 (2011), Rn. 14).

 

Rn. 23

Stand: EL 27 – ET: 04/2018

Bindeglied zwischen der 1. Ebene (Wahlrecht zum Eingehen einer Sicherungsbeziehung) und der 2. Ebene (Rechtsfolgen hieraus) ist daher die (vollständige) Dokumentation der Bewertungseinheit als solche. Eine Dokumentation muss grds. vorliegen, um die Sicherungsabsicht nachzuweisen.

Diese Dokumentation muss rechtzeitig erstellt werden. Bewertungseinheiten dürfen nach Ansicht des Gesetzgebers nicht nachträglich zur Steuerung des Jahresergebnisses konstruiert werden, sondern sind ausschließlich mit der Zwecksetzung der Risikoabsicherung zu bilden (vgl. BR-Drs. 344/08, S. 127). Insoweit ist es abzulehnen, dass eine Dokumentation auch nachträglich "bis zur Aufstellung des Abschlusses zulässig" sein soll (vgl. IDW RS HFA 35 (2011), Rn. 14). Eine solche nachträgliche Dokumentation, insbesondere bei gleichzeitiger Annahme eines Wahlrechts (vgl. HdR-E, HGB ...

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