Rn. 229

Stand: EL 15 – ET: 11/2012

Rückstellungen kommen insbes. für folgende Fälle in Betracht:

(1) Abbruchverpflichtung: Die vertragliche Verpflichtung zum Abbruch von Gebäuden oder betrieblichen Anlagen, die der Kaufmann auf fremdem Grund und Boden errichtet hat, führt zu einer Rückstellung für die am Ende der Nutzung anfallenden Abbruchkosten (vgl. auch BFH-Urt. v. 19.02.1975, BStBl. II 1975, S. 480ff.). Dies gilt auch dann, wenn ungewiss ist, zu welchem Zeitpunkt das Nutzungsverhältnis endet (vgl. BFH-Urt. v. 28.03.2000, BStBl. II 2000, S. 612). Bei einer öffentlich-rechtlichen Abbruchverpflichtung sind die Kosten ebenfalls zurückzustellen.
(2) Abraumbeseitigung: Fehlt es an einer zivilrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Abraumbeseitigung, so richtet sich die Rückstellungsbildung nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 (vgl. HdR-E, HGB § 249, Rn. 86ff.). Liegt jedoch eine solche Verpflichtung vor, so besteht schon Passivierungszwang nach § 249 Abs. 1 Satz 1 ohne die in Satz 2 Nr. 1 enthaltenen Einschränkungen.
(3) Abrechnungskosten: vgl. Nr. (54).
(4)

Altlastensanierung: Liegt eine Vfg. der zuständigen Umweltbehörde vor, so ist die zugrunde liegende öffentlich-rechtliche Verpflichtung hinreichend konkretisiert und die Inanspruchnahme des Kaufmanns wahrscheinlich. Bei anderen Altlasten wird sich i. d. R. kraft Gesetzes eine konkrete Handlungspflicht ergeben; problematisch ist jedoch die Frage, ob der Kaufmann mit einer Inanspruchnahme rechnen muss. Nach Auffassung des BFH (Urt. v. 19.10.1993, BStBl. II 1993, S. 891) droht diese nur dann, wenn die Altlast der Behörde bekannt ist oder deren Kenntnisnahme unmittelbar bevorsteht. Die neuere Rspr. (HdR-E, HGB § 249, Rn. 58, 103) stellt darauf ab, ob der Kaufmann ernsthaft mit der Erfüllung seiner Verpflichtung rechnen muss, die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme reiche nicht aus.

Dies ist zu eng (vgl. HdR-E, HGB § 249, Rn. 103, m. w. N.). Die Kenntnisnahme kann allerdings vom Kaufmann durch eine Anzeige selbst herbeigeführt werden. Ferner wird darauf hingewiesen, dass die Kenntnis der Finanzverwaltung von der Rückstellungsbildung und ihre Weitergabemöglichkeit als unmittelbar bevorstehende Kenntnisnahme durch die Umweltbehörde anzusehen ist (vgl. Herzig, N. 1994, S. 20; vgl. ausführlich HdR-E, HGB § 249, Rn. 104).

(5) Altreifen: Das BMF (1992, S. 554) vertritt die Auffassung, dass eine Rückstellung wegen Vernichtung gelagerter Altreifen nicht zulässig sei, solange noch kein Verwaltungsakt einer Behörde mit der Verpflichtung zur Entsorgung vorliegt. Dem kann nicht gefolgt werden (vgl. hierzu HdR-E, HGB § 249, Rn. 109ff.).
(5a) Anliegerbeiträge: Rückstellungen für Anliegerbeiträge sind zu bilden, sofern es sich nicht um AK oder HK handelt; dies gilt für Anliegerbeiträge (sog. Ergänzungsbeiträge), die nicht an die erstmalige Erschließung eines Grundstücks anknüpfen (vgl. BFH-Urt. v. 03.08.2005, DB 2006, 189).
(6)

Arbeitsverhältnisse: Unter diesem Oberbegriff wird eine Vielzahl von Rückstellungsmöglichkeiten diskutiert. Für Arbeitsverhältnisse als Dauerschuldverhältnisse gelten die normalen Grundsätze (vgl. HdR-E, HGB § 249, Rn. 61ff. und HdR-E, HGB § 249, Rn. 147ff.). Rückstellungen können daher unter zwei Aspekten gebildet werden: einmal als Verbindl.-Rückstellungen für Erfüllungsrückstände, zum anderen als Drohverlustrückstellungen bei Unausgewogenheit der beiderseitigen Verpflichtungen. Ein Erfüllungsrückstand liegt vor, wenn der AN eine Vorleistung erbracht hat und die damit zusammenhängende Gegenleistung des Arbeitgebers noch nicht geleistet ist, so bei Abfindungen für ausscheidende und Gehaltsfortzahlungen für freigestellte Mitarbeiter, beim sog. Gnadenquartal (Lohnfortzahlung nach dem Tod) oder auch bei Jubiläumszuwendungen (vgl. Nr. (37)) und rückständigem Urlaub (vgl. Nr. (68)). Für selbstständige Nebenverpflichtungen sind eigenständige Rückstellungen zu bilden, doch sind die einzelnen Regelungen eines Arbeitsvertrags i. d. R. unselbstständige Bestandteile des Vertragsverhältnisses (z. B. auch die Urlaubsvereinbarung, vgl. BFH-Urt. v. 26.06.1980, BStBl. II 1980, S. 506); anders bei Sozialplanverpflichtungen (vgl. Nr. (61)). I. R. d. Drohverlustrückstellung legt der BFH eine weitgehende Vermutung der Ausgeglichenheit der beiderseitigen Leistungen zugrunde, da der Wert der Arbeitsleistung schwer objektiv festzustellen ist. Daher werden Rückstellungen für Sozialverpflichtungen gegenüber AN, z. B. aufgrund einer Verdienstsicherungsklausel, steuerrechtl. nicht anerkannt (vgl. BFH-Urt. v. 25.02.1986, BStBl. II 1986, S. 465 und v. 16.12.1987, BStBl. II 1988, S. 338; Bordewin, A. 1985, S. 16; demgegenüber sieht der HFA des IDW eine Verpflichtung zur Bildung einer Rückstellung, vgl. Schülen, W. 1983, S. 662). Die Ausgeglichenheitsvermutung ist auch zugrunde zu legen für steigenden Urlaubsanspruch nach Alter und Betriebszugehörigkeit, Bildungsurlaub, Sonderbelastungen für Rückversetzung von Auslandsmitarbeitern, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (vgl. hierzu B...

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