Rn. 218

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Gemäß § 317 Abs. 6 wird das BMJ im Einvernehmen mit dem BMWK im Wege einer Rechts-VO legitimiert, zusätzlich zu den nach Abs. 5 anzuwendenden internationalen PS weitere AP-Anforderungen vorzuschreiben. Die mit dem BilMoG eingefügte Vorschrift geht auf Art. 26 Abs. 3 der AP-R zurück. Mit der Änderung durch die R 2014/56/EU findet sich diese Legitimationsgrundlage nunmehr in Art. 26 Abs. 4.

 

Rn. 219

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Art. 26 Abs. 4 der R 2014/56/EU räumt den Mitgliedstaaten ein Wahlrecht dahingehend ein, zu den internationalen PS zusätzlich Prüfungsverfahren oder Prüfungsanforderungen beizubehalten oder vorzuschreiben, wenn sich diese aus speziellen, durch den Umfang der AP bedingte Anforderungen des nationalen Rechts ergeben. Ein solcher Fall liegt nach Erwägungsgrund (14) der AP-R dann vor, wenn die durch die EU-KOM angenommenen internationalen PS die nationalen rechtlichen Anforderungen an eine AP nicht bzw. nicht vollständig abdecken (vgl. Erchinger/Melcher, WPg 2008, S. 959 (965)) oder zusätzliche Prüfungsverfahren oder Prüfungsanforderungen die Glaubwürdigkeit und Qualität der JA und KA erhöhen. Derartige zusätzliche Prüfungsverfahren und Prüfungsanforderungen dürfen so lange beibehalten werden, bis (und sofern) sie durch nachfolgend angenommene internationale PS abgedeckt werden. Weder wurde eine solche Rechts-VO bislang geschaffen noch sind entsprechende Absichten ersichtlich, so dass § 317 Abs. 6 derzeit keine praktische Relevanz besitzt (vgl. Haufe HGB-Komm. (2021), § 317, Rn. 154).

 

Rn. 220

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Die VO-Ermächtigung in § 317 Abs. 6 bezieht sich indes ohnehin ausschließlich auf AP-Anforderungen, während AP-Verfahren von der Ermächtigung nicht erfasst werden. Nach der RegB zum BilMoG wird eine Ausweitung der VO-Ermächtigung auf AP-Verfahren als nicht erforderlich angesehen, da die Prüfungsverfahren sowie die Prüfungsmethodik schon immer unter Berücksichtigung der internationalen PS vom Berufsstand selbst entwickelt wurden (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 193f.).

Die für den deutschen Berufsstand geltenden IDW PS decken – auch nach Einführung der ISA [DE] (vgl. HdR-E, HGB § 317, Rn. 205f.) – viele der nicht in den ISA geregelten Bereiche ab (vgl. Oser et al., WPg 2008, S. 105 (109); Petersen/Zwirner, WPg 2008, S. 967 (969)). So werden in Deutschland mit den Vorschriften zum (Konzern-)Lagebericht (vgl. §§ 289, 315), zum Risikofrüherkennungssystem (vgl. § 317 Abs. 4), zum Prüfungsbericht (vgl. § 321), zum BV (vgl. § 322) sowie zur CG zusätzliche, über die ISA hinausgehende Prüfungsgegenstände bzw. eine Konkretisierung der Berichterstattungspflichten des AP festgelegt (vgl. Naumann/Feld, WPg 2006, S. 873 (884)). Korrespondierend sind daher vom IDW v.a. die folgenden – über die ISA hinausgehenden – nationalen PS entwickelt worden:

(1)

IDW PS 350 (2021):

"Prüfung des Lageberichts im Rahmen der Abschlussprüfung"

(2)

IDW PS 340 (2022):

"Prüfung des Risikofrüherkennungssystems"

(3)

IDW PS 450 (2021):

"Grundsätze ordnungsmäßiger Erstellung von Prüfungsberichten"

(4)

IDW PS 400 (2021):

"Bildung eines Prüfungsurteils und Erteilung eines Bestätigungsvermerks"

(5)

IDW PS 401 (2021):

"Mitteilung besonders wichtiger Prüfungssachverhalte im Bestätigungsvermerk"

(6)

IDW PS 405 (2021):

"Modifizierungen des Prüfungsurteils im Bestätigungsvermerk"

(7)

IDW PS 406 (2021):

"Hinweise im Bestätigungsvermerk"

(8)

IDW PS 345 (2023):

"Auswirkungen des Deutschen Corporate Governance Kodex auf die Abschlussprüfung"

(9)

IDW PS 470 (2021):

"Grundsätze für die Kommunikation mit den für die Überwachung Verantwortlichen"

Die in der Aufzählung zum Ausdruck kommende IDW PS 400er-Reihe zum BV wurde im Jahr 2017 verabschiedet und ist äquivalent zur ISA 700er-Reihe. Trotz der Einführung der ISA [DE] (vgl. HdR-E, HGB § 317, Rn. 205f.) bleiben diese nationalen Reporting-Standards ohne entsprechende separate ISA [DE] erhalten, zumal die nationalen Besonderheiten zu umfangreich sind (vgl. Marten/Quick/Ruhnke (2020), S. 709). Da der uneingeschränkte BV den Regelfall darstellt, befasst sich IDW PS 400 (2021) nur mit diesem, während Modifizierungen des BV in den übrigen Standards der IDW PS 400er-Reihe geregelt werden (vgl. Graumann (2020), S. 843).

 

Rn. 221

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Soweit in den internationalen PS keine spezifischen Regelungen enthalten sind, wird es auch künftig erforderlich sein, zusätzliche nationale PS zur Verfügung zu stellen und bei einer AP zu berücksichtigen. Die neuen ISA [DE] werden daher bis zur Adaption entsprechender ISA anzuwenden sein. Fraglich ist indes, ob dies weiterhin i. R.e. Ausfüllung der gesetzlichen Regelungslücke (vgl. HdR-E, HGB § 317, Rn. 202) oder durch Übernahme und Bekanntgabe dieser Standards durch das BMJ erfolgen wird. Aufgrund der expliziten Erwähnung von Teilbereichen der AP, für die keine Ermächtigung (vgl. hierzu HdR-E, HGB § 317, Rn. 220) besteht, könnte im Umkehrschluss davon auszugehen sein, dass für die anderen Teilbereiche die VO-Ermächtigung zur Anwe...

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