Rn. 90

Stand: EL 04 – ET: 11/2009

Für die bilanzielle Behandlung niedrig verzinslicher Wandelanleihen kann grds. auf die Erläuterungen zur niedrig verzinslichen Optionsanleihe verwiesen werden (vgl. HdR-E, HGB § 272, Rn. 78 ff.). Auch in diesem Fall erhält der Anleihezeichner ein ›rechtsgeschäftliches ›Paket‹ mit mehreren Leistungsgegenständen‹ (Martens, K.-P. 1985, S. 622), nämlich eine Schuldverschreibung einerseits und ein Wandlungsrecht andererseits, die im Gegensatz zur Optionsanleihe lediglich nicht getrennt an der Börse gehandelt werden können. Deshalb erfordert die Ermittlung des in die Kap.-Rücklage einzustellenden Betrags hier die Anwendung der Kapitalwertmethode (vgl. HdR-E, HGB § 272, Rn. 82). Enthalten die Optionsbedingungen keinen fixen Wandlungstermin, sondern – wie in der Praxis allg. üblich – eine Wandlungsfrist, ist die zur Ermittlung des rechnerischen Ausgabekurses der Anleihe erforderliche Laufzeit weitgehend fremdbestimmt, da die Obligation bei Ausübung des Wandlungsrechts untergeht.

Da der Bilanzierende regelmäßig nicht abschätzen kann, ob, wann und, wenn ja, wie viele Inhaber von Schuldverschreibungen vom Recht auf Umtausch Gebrauch machen, stellt sich die Frage, welche Laufzeit der Schuldverschreibung der Ermittlung des rechnerischen Ausgabekurses zugrunde zu legen ist. Gewichtige Gründe sprechen dafür, auf den Zeitraum von der Emission bis zum frühest möglichen Wandlungstermin abzustellen. Denn nur bei dieser Vorgehensweise ist gewährleistet, dass der in die Kap.-Rücklage eingestellte Betrag für die Gewährung von Wandlungsrechten tatsächlich auch erzielt wird. Darüber hinaus erscheint die Annahme einer längeren Laufzeit der Anleihe aus Sicht des Emissionszeitpunkts wenig plausibel. Aufgrund der Unterverzinslichkeit der Anleihe ist nämlich davon auszugehen, dass die Inhaber der Schuldverschreibung zum frühest möglichen Zeitpunkt von ihrem Wandlungsrecht Gebrauch machen werden. Bei Wahl einer längeren Laufzeit könnte schließlich der Fall eintreten, dass die aktivisch abgegrenzte Differenz zwischen dem Zeichnungsbetrag und dem rechnerisch ermittelten niedrigeren Ausgabebetrag der reinen Anleihe nach vollständiger Umwandlung der Anleihe noch nicht vollständig abgeschrieben ist. Durch die weitere Abschreibung des Disagios würden somit die folgenden Jahre mit ungerechtfertigtem Zinsaufwand belastet.

 

Rn. 91

Stand: EL 04 – ET: 11/2009

Für den Fall der Nichtausübung oder der späteren Ausübung des Wandlungsrechts durch die Inhaber der Wandelanleihe kommt eine Nachdotierung der Kap.-Rücklage nicht in Betracht, da die Zuweisung zur Rücklage unabhängig von der späteren Ausübung des Wandlungsrechts vorzunehmen ist (vgl. HdR-E, HGB § 272, Rn. 77).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Küting, Handbuch der Rechnungslegung - Einzelabschluss (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge