Rn. 155

Stand: EL 32 – ET: 06/2021

Zu einzelnen angeführten Gliederungsebenen ist es grds. problematisch, eine exakt passende, analoge Vorschrift in den IFRS zu finden. Denn im Gegensatz zum deutschen HGB ist die IFRS-RL eher kasuistisch aufgebaut, d. h. jeder Standard regelt eigenständig einen Bilanzierungssachverhalt, vom Anwendungsbereich, über Ansatz und Bewertung bis hin zum Ausweis sowie den Anhangangaben, und folgt demnach einer anderen Systematik. Als konzeptionelle Grundlage der IFRS, speziell auch als Auslegungshilfe bestehender Standards sowie Leitlinie für die Neuentwicklung weiterer Standards dient jedoch das im März 2018 verabschiedete "Rahmenkonzept (RK) für die finanzielle Berichterstattung" (vgl. dazu ausführlich Pellens et al. (2021), S. 90ff.). Die Verbindlichkeit des RK ist allerdings nicht mit derjenigen handelsrechtlicher GoB vergleichbar. So ist das RK (in seiner Vorgängerversion) von der EU nicht i. R.d. Endorsement- bzw. Anerkennungsverfahrens übernommen worden und somit auch nicht Gegenstand der sog. IAS-VO (EG) Nr. 1606/2002 (ABl. EG, L 243/1ff. vom 11.09.2002); zudem ist auch der Verbindlichkeitsgrad innerhalb der IFRS-Hierarchie (vgl. zu IAS 8 und dem "House of IFRS" Pellens et al. (2021), S. 66f.) nicht mit den GoB vergleichbar. Andererseits sind Teilmengen des RK, soweit sie in IAS 1 oder andere Standards übernommen worden sind, "endorsed", mithin von der EU anerkannt und in der Verbindlichkeitshierarchie als konkreter Standard weiter oben angesiedelt.

 

Rn. 156

Stand: EL 32 – ET: 06/2021

Sofern vor diesem Hintergrund der Versuch unternommen wird, wesentliche Parallelen zu § 252 aufzuzeigen, so lassen sich – angesichts der IFRS-Detailfülle allerdings ohne Vollständigkeitsanspruch und ohne kontinuierlichen Hinweis auf die regelmäßig nicht deckungsgleiche Gewichtung im IFRS-System – die folgenden Ergebnisse festhalten:

(1) Der Grundsatz der Wertansatzidentität (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 1) leitet sich indirekt aus dem RK ab, wo Vollständigkeit und Vergleichbarkeit eingefordert werden (vgl. RK.2.14; RK.2.24). Allerdings wird er durch Einzelregelungen eingeschränkt (vgl. IAS 1.38ff.; IAS 8.13; Einschränkungen z. B. durch IAS 8.14ff.).
(2) Der Grundsatz der Fortführung der UN-Tätigkeit (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 2) bildet in den IFRS eine grundlegende Annahme für die Abschlusserstellung, die sich nicht nur im RK (vgl. RK.3.9), sondern auch in IAS 1.25f. findet. Demnach ist ein Abschluss solange unter der Annahme der UN-Fortführung aufzustellen, bis die UN-Leitung beabsichtigt, das UN aufzulösen, oder keine realistische Alternative zu einer UN-Auflösung mehr existiert. Bestehen Zweifel an der UN-Fortführung, sind diese im Abschluss anzugeben (vgl. Pellens et al. (2021), S. 99).
(3) Der Grundsatz der Einzelbewertung (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 3) ist in den IFRS nicht ausdrücklich geregelt (vgl. Mujkanovic, DB 2008, S. 649). Jedoch lässt er sich aus dem RK (vgl. RK.2.14, RK.2.24ff., RK.4.3ff., RK.4.26ff., RK.5.6ff.) und einzelnen Standards ableiten. Insbesondere die Definitionen der Vermögenswerte und Schulden im RK implizieren eine gewisse Vorstellung der Einzelbewertung. Ähnlich indirekt weisen IAS 1.32ff. (Saldierungsverbot) oder Spezialregelungen, wie z. B. IAS 2.29 (Einzelbewertung bei außerplanmäßigen Abschreibungen im Vorratsvermögen), auf den Grundsatz der Einzelbewertung hin. Abgesehen davon, dass die Abgrenzung einzelner Vermögenswerte und Schulden (Problem der sog. "unit of account") schwierig bleibt und, unter bestimmten Voraussetzungen, eine gewisse Tendenz zu aggregierten Bewertungsobjekten (z. B. sog. "cash-generating units" (CGU)) existiert, gehen dem Grundsatz der Einzelbewertung auch explizite Spezialregeln vor (vgl. z. B. die Bilanzierung von Bewertungseinheiten i. R.d. Sicherungsbilanzierung nach IFRS 9.6.5ff.).
(4) Der Grundsatz der stichtagsbezogenen Bewertung (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 3) ist in den IFRS ebenfalls enthalten (vgl. IAS 1.51(c) und IAS 10). Auch wertaufhellende Informationen nach dem BilSt sind zu berücksichtigen (vgl. IAS 10.8ff.).
(5)

Der Grundsatz der Vorsicht (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 4) ist ebenfalls in den IFRS kodifiziert. Allerdings besitzt er keineswegs den Stellenwert wie im HGB (vgl. dazu Baetge, RWZ 2003, S. 230ff.). Streng genommen ist der in RK.2.16 festgelegte Grundsatz ("prudence") nur mit einem Teilelement der in § 252 Abs. 1 Nr. 4 kodifizierten Bewertungsvorsicht vergleichbar, dem Grundsatz der allg. Bewertungsvorsicht. Quasi i. S.e. ausgleichenden Facette der für die IFRS-RL wichtigen Neutralität soll diese Art der Bewertungsvorsicht übermäßigen Optimismus verhindern. So gilt es, einer Überwertung von Vermögenswerten und eine Unterbewertung von Schulden vorzubeugen. Andererseits darf vorsichtige Bilanzierung nicht dazu führen, dass Vermögenswerte unter- und Schulden überbewertet werden, da dies dann wiederum positiv verzerrte Periodengewinne in Folgeperioden nach sich ziehen würde (vgl. RK.2.16). Eine Überbetonung der Risiken gegenüber den Chancen (wie sie ...

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