Rn. 42

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Gemäß § 250 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HGB 1985 durfte die USt als RAP aktiviert werden, sofern sie

(1) als Aufwand in der GuV berücksichtigt worden und
(2) auf Anzahlungen für VG des Vorratsvermögens angefallen ist.

Die Aktivierungsfähigkeit war nur gegeben, wenn beide Bedingungen gleichzeitig erfüllt waren. Die Vorschrift bezog sich ausschließlich auf erhaltene Anzahlungen, wobei es keine Rolle spielte, ob diese passiviert oder auf der Aktivseite nach Maßgabe des § 268 Abs. 5 Satz 2 von dem Posten "Vorräte" offen abgesetzt wurden. Die VG des Vorratsvermögens mussten folglich am BilSt noch im Eigentum des Bilanzierenden körperlich vorhanden sein.

 

Rn. 43

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Die Voraussetzung der Aufwandsverrechnung und damit der Minderung des Periodengewinns bedeutete, dass die USt

(1) entweder bis zum Abschlussstichtag bereits entrichtet, oder
(2) als Verbindlichkeit gebucht, oder
(3) mit Vorsteuern verrechnet und gleichzeitig
(4) die erhaltene Anzahlung brutto, d. h. einschließlich der USt, passiviert bzw. offen von den Vorräten abgesetzt

wurde. Erst wenn also eine Aufwandsbuchung vorgenommen worden war, konnte der Bilanzierende über die mögliche Aktivierung der USt als RAP entscheiden. Eine Buchung per

"Aktiver RAP an Erhaltene Anzahlung (inkl. USt)"

schied i. S. d. § 250 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HGB 1985 aus.

 

Rn. 44

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Die vom Gesetzgeber postulierte aufwandswirksame Verrechnung der USt auf erhaltene Anzahlungen für VG des Vorratsvermögens stieß im einschlägigen Schrifttum auf erhebliche Widerstände: "Diese USt ist nach überwiegender Meinung als durchlaufender Posten und nicht als ertragswirksam zu behandeln" (Beck Bil-Komm. (1990), § 250 HGB, Rn. 49). D.h. nichts anderes, als dass die erhaltenen Anzahlungen netto, d. h. ohne USt, auszuweisen sind. Diese Meinung ist für die handelsrechtliche Bilanzierung gemäß HFA-Auffassung als verbindlich anzusehen (vgl. bereits HFA 1/1979, WPg 1980, S. 80; HFA 1/1985, WPg 1985, S. 257 (258); sodann IDW RH HFA 1.017 (2011), Rn. 8f.). Der Berufsstand der WP begründete dies mitunter damit, dass durch die ergebniswirksame Behandlung der USt UN mit hohem Anteil erhaltener Anzahlungen ggf. gezwungen wären, tatsächlich nicht eintretende Jahresverluste ausweisen zu müssen (vgl. HFA 1/1979, WPg 1980, S. 80). Eine nicht unwesentliche Beeinträchtigung des vom Gesetzgeber in § 264 Abs. 2 Satz 1 geforderten Einblicks in die den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Vermögens- und Ertragslage wäre die Folge. Die erfolgsneutrale Behandlung der USt auf Anzahlungen folgert der HFA aus den Grundsätzen der Bilanzierung schwebender Geschäfte, aufgrund derer die Verpflichtung des Anzahlungsempfängers in der Erbringung einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht, wobei die Höhe der erhaltenen Anzahlungen anzeigt, in welchem Umfang der Anzahlungsempfänger bereits eine Gegenleistung erbracht hat (vgl. IDW RH HFA 1.017 (2011), Rn. 9). Dies aber wiederum ist nur bei einem Nettoausweis der erhaltenen Anzahlungen gewährleistet.

 

Rn. 45

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Unter dem Gesichtspunkt einer "möglichen Rückgängigmachung des Geschäfts" hielt der HFA auch einen Bruttoausweis der erhaltenen Anzahlungen für handelsrechtlich zulässig (vgl. HFA 1/1985, WPg 1985, S. 258). Zwingend erforderlich würde dann aber die Aktivierung eines Anspruchs gegen den Fiskus auf Rückerstattung der USt, damit die Erfolgsneutralität gewahrt bleibt. Bei berechtigter Verneinung eines aktiven RAP könnte solch ein Anspruch entweder unter die "[S]onstige[n] VG" subsumiert (vgl. Forster, AG 1980, S. 19 (20)) oder (alternativ) im Wege der Verrechnung mit anderweitiger USt-Zahllast abgebildet werden (vgl. IDW RH HFA 1.017 (2011), Rn. 10).

Damit bestand für § 250 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ebenso wie für Satz 2 Nr. 1 HGB 1985 (vgl. HdR-E, HGB § 250, Rn. 36) kein Anwendungsbereich (vgl. Baumbach/Hueck (2006), § 42 GmbHG, Rn. 188f.; Wirtz, DStR 1986, S. 749 (750); Dziadkowski, DStR 1987, S. 292 (293)).

 

Rn. 46

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Die Bestimmung des § 250 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1f. HGB 1985 war als Wahlrecht ("dürfen ausgewiesen werden") ausgestaltet. Gemäß dieser Formulierung wurde im Schrifttum allg. von einem Aktivierungswahlrecht ausgegangen, d. h. Zölle, Verbrauchsteuern und USt auf Anzahlungen konnten entweder sofort ergebniswirksam oder durch gleichzeitige Aktivierung als RAP ergebnisneutral verrechnet werden (vgl. WP-HB (2006/I), Rn. E 210). Im Gegensatz dazu sahen z. B. Hüttemann (HdJ, Abt. II/8 (1988), S. 20) und Dziadkowski (DStR 1987, S. 292 (293f.)) in dieser Bestimmung ein Ausweis-/Gliederungswahlrecht, d. h. Zölle, Verbrauchsteuern und USt auf Anzahlungen waren entweder als aktive RAP oder direkt im Vorratsvermögen zu erfassen.

 

Rn. 47

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Es ist müßig, an dieser Stelle das Für und Wider bezüglich des Aktivierungs- bzw. Ausweiswahlrechts eingehend zu durchleuchten und gegeneinander abzuwägen, weil bereits oben begründet dargelegt wurde (vgl. HdR-E, HGB § 25...

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