Rn. 121

Stand: EL 39 – ET: 06/2023

Im Unterschied zu der deutschen Auslegungssystematik ist die internationale RL nach IFRS bei der Suche nach Lösungen für die Abbildung von nicht geregelten Bereichen sowie der Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen stärker dem einzelfallorientierten "case law" verhaftet (vgl. HdJ, Abt. I/2 (2010), Rn. 303ff.).

 

Rn. 122

Stand: EL 39 – ET: 06/2023

Die IFRS kennen bisher kein den GoB entsprechendes Normensystem. Die konzeptionellen Grundlagen sowie die wesentlichen Prinzipien der RL nach IFRS werden insbesondere im Rahmenkonzept (RK) gelegt. Dieses RK enthält aber im Unterschied zum GoB-System des HGB keine von den UN konkret bzw. unmittelbar anzuwendenden RL-Vorschriften, sondern soll nur

(a) dem Bilanzierenden als Deduktionsgrundlage dienen, auf deren Basis er Regelungslücken schließen und Wahlrechte ausüben kann,
(b) den Standardsetzer (IASB) bei der Entwicklung neuer Standards sowie der Überarbeitung bestehender Standards unterstützen und
(c) sämtlichen Parteien dabei behilflich sein, die IFRS zu verstehen und zu interpretieren (vgl. RK.SP1.1 (2018)).

Das RK hat nicht den Rang eines RL-Standards. Es darf auch nicht unter Berufung auf das RK gegen einzelne Standards verstoßen werden (vgl. RK.SP1.2). Neben dem RK finden sich IFRS-Regelungen mit allg. Charakter auch in IAS 1, in dem die allg. Merkmale von Abschlüssen festgelegt werden (vgl. IAS 1.15ff.), sowie in IAS 8, der Vorschriften zur Auswahl, Anwendung und Stetigkeit von Bilanzierungsmethoden, Änderungen von Schätzungen sowie Korrektur von Fehlern enthält.

 

Rn. 123

Stand: EL 39 – ET: 06/2023

Das Ziel der RL nach IFRS ist – anders als die handelsrechtlichen JA-Zwecke, die aus zahlreichen Vorschriften des HGB abzuleiten sind – explizit im RK geregelt. Es besteht nach RK.1.2 darin, sowohl potenziellen als auch bestehenden Kap.-Gebern entscheidungsnützliche Informationen über die berichterstattende Einheit bereitzustellen (vgl. dazu näher Höbener (2020), S. 10ff.). Zur Operationalisierung dieses Ziels definiert der Standardsetzer in seinem RK qualitative Anforderungen, die an Abschlussinformationen zu stellen sind (vgl. RK.2.1ff.). Diese Anforderungen differenziert er in grundlegende qualitative Anforderungen, die hier als Fundamentalgrundsätze bezeichnet werden, und fördernde qualitative Anforderungen, die hier als Erweiterungsgrundsätze bezeichnet werden. Die Fundamentalgrundsätze umfassen die Anforderung der Relevanz und glaubwürdigen Darstellung, während zu den Erweiterungsgrundsätzen die Anforderungen der Vergleichbarkeit, Nachprüfbarkeit, Zeitnähe und Verständlichkeit gehören (vgl. dazu näher Baetge/Kirsch/Thiele (2021), S. 145ff.; Höbener (2020), S. 18ff.). Die Fundamentalgrundsätze müssen zwingend kumulativ erfüllt sein, damit eine Abschlussinformation als entscheidungsnützlich i. S. d. RK gilt. Die (Nicht-)Erfüllung der Erweiterungsgrundsätze kann die Entscheidungsnützlichkeit weder begründen noch widerlegen (vgl. RK.2.37 i. V. m. RK.BC2.11), sie sind aber bestmöglich zu erfüllen, um die Entscheidungsnützlichkeit einer Abschlussinformation weiter zu erhöhen (vgl. RK.2.4 i. V. m. RK.2.23 i. V. m. RK.2.37). Zu beachten ist außerdem die Nebenbedingung der Kostenrestriktion (vgl. RK.2.39ff.).

Des Weiteren enthalten v.a. das RK bzw. IAS 1 weitere Grundsätze, die hier (vgl. Baetge/Kirsch/Thiele (2021), S. 149ff.) als ergänzende RL-Grundsätze bezeichnet werden. Zu den ergänzenden RL-Grundsätzen gehören:

  • die Basisannahme der UN-Fortführung (vgl. RK.3.9; IAS 1.25; IAS 8.6K i. d. F. des ED/2019/7),
  • die Abgrenzung der Berichtseinheit (vgl. RK.3.10ff.),
  • die Definitionsgrundsätze (vgl. RK.4.1ff.),
  • die Ansatz- (vgl. RK.5.1ff.) und Ausbuchungsgrundsätze (vgl. RK.5.26ff.),
  • die Bewertungsgrundsätze (vgl. RK.6.1ff.),
  • die Ausweis- und Angabengrundsätze (vgl. RK.7.1ff.),
  • die Kap.-Erhaltungsgrundsätze (vgl. RK.8.1ff.), wobei diese weniger den Charakter von Grundsätzen haben, als vielmehr seitens des IASB zwei Kap.-Erhaltungskonzepte diskutiert werden,
  • den Grundsatz der Klarheit und der Übersichtlichkeit (vgl. IAS 1.49ff.; ED/2019/7.16ff.),
  • den Grundsatz der Einzelbewertung,
  • das Stichtagsprinzip (vgl. IAS 10) sowie
  • der Saldierungsgrundsatz (vgl. IAS 1.32; ED/2019/7.29).

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