Rn. 31

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Der Gesetzgeber verfolgte mit dem BilMoG das Ziel, eine Internationalisierung des deutschen Bilanzrechts – v.a. durch eine Verbesserung des Informationsniveaus – unter gleichzeitiger Bewahrung des handelsrechtlichen JA als Grundlage für Gewinnausschüttung und steuerliche Gewinnermittlung zu erreichen. Die Stärkung der Informationsfunktion des handelsrechtlichen Abschlusses sollte durch eine Vielzahl von Änderungen erreicht werden, wobei folgende im Zentrum standen:

(1) Abschaffung von Ansatz- und Bewertungswahlrechten (etwa des Wahlrechts zur AfA nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung gemäß § 253 Abs. 4 (a. F.));
(2) Eliminierung verzerrender steuerlicher Einflüsse (bspw. durch Streichung der steuerlichen AfA gemäß § 254 Satz 1 (a. F.));
(3) Beseitigung rechtsformabhängiger Ansatz- und Bewertungsunterschiede (vgl. hierzu die §§ 279ff. (a. F.));
(4) Annäherungen an die internationale RL durch Aufnahme neuer Posten (vgl. das Aktivierungswahlrecht für selbst geschaffene immaterielle VG des AV nach § 248 Abs. 2 Satz 1) sowie Anpassung der Bewertung (vgl. bspw. die Rückstellungsbewertung hinsichtlich der Berücksichtigung künftiger Preis- und Kostensteigerungen gemäß § 253 Abs. 2; ferner Wüstemann/Koch (2010), S. 315ff.).
 

Rn. 32

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Haben sich mit dem Festhalten an den bewährten Eckpfeilern des deutschen Bilanzrechts die JA-Zwecke nominell auch nicht geändert, so ist jedenfalls eine Verschiebung der relativen Bedeutung dieser Zwecke auszumachen. Hinzu kommt das Bestreben nach einer Angleichung an die IFRS, die eine deutlich abweichende Zielsetzung verfolgen. Die oben aufgeführten Beispiele deuten ebenfalls auf eine Stärkung der Informationsfunktion hin, zumal die freiwillige oder erzwungene Bildung von (stillen) Reserven deutlich eingeschränkt wurde. Gleichwohl führte auch das BilMoG nicht zu einer Dominanz der Informationsfunktion; vielmehr wurde die Gleichrangigkeit der Zwecke des JA stärker akzentuiert (vgl. ausführlich hierzu (stellvertretend) Baetge/Kirsch/Solmecke, WPg 2009, S. 1211ff.; BilMoG-HB (2009), Kap. I, S. 3 (4ff.), jeweils m. w. N.).

 

Rn. 33

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Um trotz dieser Entwicklung an dem Zweck der Ausschüttungsbemessung festhalten zu können, mussten entsprechende Hilfslösungen in Form von Ausschüttungssperren für bestimmte Vermögenspositionen geschaffen werden (vgl. § 268 Abs. 8; bei GAV: Abführungssperre nach § 301 AktG). Mit Hilfe der Ausschüttungssperren soll – in den Worten Moxters – der "entziehbare" Gewinn aus dem in Bilanz und GuV näherungsweise dargestellten "erzielten" Gewinn extrahiert werden (vgl. zu diesen Begrifflichkeiten Moxter, in: FS Heigl (1995), S. 31 (39)). Dabei bleibt die Ausschüttungssperre auch weiterhin das Mittel der Wahl (vgl. z. B. § 253 Abs. 6). Das Problem des Zweckantagonismus auf diese Weise zu bewältigen, erscheint hier praktikabel. Es gilt jedoch zu bedenken, dass Ausschüttungssperren nicht als Allheilmittel angesehen werden dürfen – da einerseits Möglichkeiten existieren, diese zu umgehen (vgl. kritisch auch NWB HGB-Komm. (2023), § 268, Rn. 156ff.; Althoff, BB 2016, S. 2027ff.), und andererseits die höheren ausgewiesenen Gewinne entsprechende Begehrlichkeiten wecken können (vgl. Kawlath, in: FS Baetge (2007), S. 303 (315)).

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