Rn. 44

Stand: EL 19 – ET: 05/2014

Nach dem Vorsichtsprinzip können nur Aufwendungen bilanziell vorgezogen werden, die bei ihrem Anfall sofort abzugsfähig sind (h. M., vgl. Sarrazin, V. 1993, S. 5 m. w. N.; vgl. auch BFH-Urt. v. 03.08.2005, DB 2006, S. 189). Das bedeutet, dass Rückstellungen für die Kosten von aktivierungspflichtigen VG i. d. R. nicht zulässig sind (a. A. Crezelius, G. 1992, S. 1362, der sich auf den Aufwand aus den zukünftigen Abschreibungen auf diese VG stützt). Folgerichtig hat der BFH (Urt. v. 19.08.1998, BStBl. II 1999, S. 18 m. w. N.; vgl. auch BFH-Urt. v. 18.12.2001, DB 2002, S. 612) eine Rückstellung für die Verpflichtung zum Einbau eines Fettabscheiders in den Abwasserabfluss einer Gaststätte abgelehnt, wenn die entspr. Aufwendungen als HK aktivierungspflichtig sind. Ausnahmen gelten dann, wenn die noch anzuschaffenden VG keinen Wert verkörpern und daher sofort abzuschreiben sind (vgl. Siegel, T. 1999, S. 857) oder wenn der Betrag als nachträgliche AK gleichzeitig mit der Bildung der Rückstellung aktiviert wird (z. B. Rückstellung für Grunderwerbsteuer beim Erwerb einer Beteiligung, die der Höhe nach ungewiss ist). Die Frage ist bes. bei Rückstellungen für Umweltschutzmaßnahmen von Bedeutung (vgl. HdR-E, HGB § 249, Rn. 100).

 

Rn. 45

Stand: EL 19 – ET: 05/2014

Wirtschaftliche Verursachung liegt auch vor, wenn die Voraussetzungen einer (erst künftig entstehenden) Verpflichtung kontinuierlich, insbes. im Zeitablauf, geschaffen werden; in diesem Fall muss auch die Rückstellung kontinuierlich gebildet werden. So hat der BFH (Urt. v. 05.02.1987, BStBl. II 1987, S. 845ff.) einen Erfüllungsrückstand für die Zusage von Jubiläumszuwendungen bejaht. Ähnlich ist bei Rekultivierungsverpflichtungen der Teil im abgelaufenen GJ wirtschaftlich verursacht, der der geförderten Menge entspricht (vgl. BFH-Urt. v. 16.09.1970, BStBl. II 1971, S. 85). Ebenso sind Rückstellungen für die Arbeitsentgelte der Freistellungsphase bei Alterteilzeit ratierlich anzusammeln (vgl. BFH-Urt. v. 30.11.2005, DB 2006, S. 532).

 

Rn. 46

Stand: EL 19 – ET: 05/2014

Bei Dauerschuldverhältnissen ist – selbst wenn Leistung und Gegenleistung insgesamt ­ausgeglichen sind und somit eine Drohverlustrückstellung nicht in Betracht kommt – eine Verbindl.-Rückstellung zu bilden, wenn ein Erfüllungsrückstand vorliegt. Ein solcher ist gegeben, wenn der Verpflichtete sich mit seinen Leistungen gegenüber seinem Vertrags­partner im Rückstand befindet, er also weniger geleistet hat, als er für die bis dahin vom Vertragspartner erbrachte Leistung insgesamt nach dem Vertrag schuldet (vgl. BFH-Urt. v. 15.07.1998, BStBl. II 1998, S. 728). Dabei wird auf die schuldrechtl. Verhältnisse und den schuldrechtl. gebotenen Zeitpunkt abgestellt. Der BFH hat aber in der Folgezeit eine an den wirtschaftlichen Gegebenheiten orientierte Betrachtungsweise zugrunde gelegt. So ist nicht Voraussetzung, dass eine bereits fällige Schuld nicht erfüllt ist; es reicht aus, wenn der Vertragspartner eine Vorleistung erbracht hat und die eigene Leistung ganz oder teilw. erst später zu erfolgen hat, z. B. bei der Pachterneuerungsverpflichtung (vgl. BFH-Urt. v. 03.12.1991, BStBl. II 1993, S. 89ff. und v. 17.02.1998, BStBl. II 1998, S. 505 sowie allg. Beschl. des Großen Senats des BFH v. 23.06.1997, BStBl. II 1997, S. 735; vgl. ausführlich zur Auslegung des Verursachungskriteriums bei Rückstellungen für Verpflichtungen aus Dauerschuldverhältnissen HdR-E, HGB § 249, Rn. 131ff. und HdR-E, HGB § 249, Rn. 142ff.). In diesem Fall verlangt der BFH allerdings, dass die rückständige Gegenleistung die vom Vertragspartner erbrachte Vorleistung abgelten soll und ihr somit synallagmatisch zweckgerichtet und zeitlich zuordenbar ist (vgl. BFH-Urt. v. 05.04.2006, DB 2006, S. 1623, mit krit. Anm. v. Wüstemann).

 

Rn. 47

Stand: EL 19 – ET: 05/2014

Hat eine Verbindl., solange sie noch nicht erfüllt ist, gleichzeitig wertmindernden Charakter in Bezug auf einen VG, so stellt sich die Frage nach dem Verhältnis zwischen Verbindl.-Rückstellung und Abschreibung auf den niedrigeren beizulegenden Wert (stl.: Teilwertabschreibung). Für den Vorrang einer Abschreibung auf den VG spricht das Prinzip der Einzelbewertung des betr. VG und das Verbot passivischer Wertberichtigungen zu Aktivposten; für den Vorrang der Rückstellung werden angeführt: das Realisationsprinzip, Vereinfachungsgründe oder das Saldierungsverbot des § 246 Abs. 2 (vgl. zur Thematik z. B. Herzig, N. 1991a, S. 610; Herzig, N. 1994b, S. 227ff.). Die praktische Bedeutung zeigt sich bei Verpflichtungen, deren Höhe den Buchwert des VG übersteigt. Dies gilt insbes. für öffentlich-rechtl. Verpflichtungen zur Beseitigung von Altlasten. Da es sich bei diesen um selbstständig auszuweisende Außenverpflichtungen handelt, wären nicht alle Verbindl. in der Bilanz ausgewiesen und das Vollständigkeitsgebot verletzt. Daher hatte das IDW (RS HFA 4, WPg 2000, S. 716, Rn. 22) in einer vermittelnden Auffassung der Abschreibung des VG den Vorrang gegeben, einen überschi...

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