Rn. 78

Stand: EL 04 – ET: 11/2009

Im Gegensatz zur Wandelschuldverschreibung mit marktüblicher Verzinsung ist bei Optionsanleihen, die (i. d. R.) ohne offenes Ausgabeaufgeld mit einer nicht marktüblichen (Nominal-)Verzinsung ausgegeben werden, das vom Anleihezeichner für das Optionsrecht gezahlte Entgelt nicht unmittelbar ersichtlich. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass ein solches Entgelt nicht vereinbart wurde. Es unterliegt keinem Zweifel, dass der Erwerber der Anleihe zwei selbstständige VG erwirbt (vgl. Weitkemper, F.-J. 1986, S. 287; Busse von Colbe, W. 1987, S. 49 ff.), nämlich

(1) die reine Anleihe mit vereinbartem Nominalzins und gegebener Laufzeit und
(2) das Optionsrecht (verkörpert durch den Optionsschein).

Bei der Ermittlung des in die Kap.-Rücklage einzustellenden Betrags ist davon auszugehen, dass Anleihezeichner, Altaktionäre und Anleiheemittent ein in allen Belangen ausgewogenes Geschäft gewollt haben, also eine angemessene Bezahlung sowohl der Anleihe als auch des Optionsrechts (vgl. Koch, K./Vogel, H. A. 1986, S. 12; Kropff, B. 1987, S. 295). Für Zwecke der Bilanzierung ist daher der vom Anleihezeichner geleistete Zeichnungsbetrag in einem angemessenen Verhältnis aufzuspalten in

(1) einen Betrag, den er – unter Berücksichtigung der aktuellen Marktkonditionen – für eine (reine) Schuldverschreibung mit dem entspr. Nominalzins zahlen würde und
(2) das Entgelt für das Optionsrecht (Differenz zwischen dem Preis für die Schuldverschreibung und dem Zeichnungsbetrag), das der Anleihezeichner im Auftrag des Altaktionärs als Einlage in das emittierende UN einbringt.
 

Rn. 79

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Nach Ansicht von Förschle/Hoffmann (in: Beck Bil-Komm. 2006, § 272, Rn. 62; zustimmend Farr, W.-M. 1992, S. 18) setzt eine solche Aufteilung voraus, dass die Konditionen der (reinen) Anleihe z. B. im Vertrag zwischen der Anleihe-emittierenden Gesellschaft und der übernehmenden Bank ausdrücklich vereinbart werden, weil nur auf diese Weise eine hinreichende Konkretisierung des erzielten Betrags erreicht werde. Dem ist nicht zu folgen. Denn die bilanzielle Behandlung des vom Anleihezeichner geleisteten Zeichnungsbetrags richtet sich nach den allg. Grundsätzen für die Aufteilung eines Gesamtkaufpreises bei Veräußerung mehrerer VG. Diese sehen als Folge des Einzelbewertungsgrundsatzes auch dann zwingend eine Aufteilung des Gesamtentgelts vor, wenn die Parteien keine entspr. Vereinbarung getroffen haben (vgl. die Kommentierung zu § 255).

 

Rn. 80

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Eine Dotierung der Kap.-Rücklage ›pro rata temporis‹ in Höhe des jährlich vom Anleihezeichner geleisteten Zinsverzichts (Differenz zwischen dem effektiven Kapitalmarktzinssatz zum Ausgabezeitpunkt und der Nominalverzinsung der Anleihe bezogen auf den NW der Wandelschuldverschreibung) entspricht nicht dem wirtschaftlichen Gehalt des Sachverhalts und ist daher abzulehnen (vgl. Döllerer, G. 1986a, S. 239; Kropff, B. 1987, S. 306).

 

Rn. 81

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Bei der Aufteilung des Zeichnungsbetrags in einen Darlehensbetrag, der dem Ausgabebetrag der reinen Schuldverschreibung entspricht, und in eine Kap.-Einlage für Optionsrechte entsteht ein Schätzproblem, dessen Lösung nach unterschiedlichen Methoden erfolgen kann. Die einzelnen Methoden unterscheiden sich zum einen nach dem Bewertungszeitpunkt und zum anderen nach der eigentlichen Berechnungsmethode. Nach Busse von Colbe (W. 1987, S. 69 ff.) sind folgende Bezugszeitpunkte für die Aufspaltung des Zeichnungsbetrags einer Optionsanleihe denkbar:

(1) Entscheidung über die Konditionen der Optionsanleihe,
(2) Veröffentlichung des Angebots der Optionsanleihe,
(3) Handel der Bezugsrechte auf die Optionsanleihe,
(4) erste getrennte Notierung der Optionsanleihe und des Optionsscheins an den Börsen,
(5) Notierung der Optionsanleihe und der Optionsscheine am ersten Tag nach der Abtrennung der Optionsscheine von der Anleihe, sofern die Optionsscheine erst nach Ablauf einer bestimmten Frist nach der Ausgabe der Optionsanleihe abgetrennt werden dürfen.
 

Rn. 82

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Hinsichtlich der Aufteilung des Zeichnungsbetrags können zwei grds. Methoden unterschieden werden (vgl. Busse von Colbe, W. 1987, S. 71 ff.):

(1) Rechnerische Ermittlung des Ausgabekurses der reinen Schuldverschreibung durch Abzinsung der lfd. Zinszahlungen sowie des Rückzahlungsbetrags der Optionsanleihe. Als Diskontierungssatz gilt hierbei der fristadäquate Marktzinssatz. Dieser ermittelt sich als Rendite der zum Zeitpunkt der Emission der Optionsanleihe am jeweiligen Markt gehandelten Obligationen vergleichbarer Emittenten (Bonitätsaspekt) und gleicher (Rest-)Laufzeit. Die Differenz zwischen dem Zeichnungsbetrag und dem rechnerischen Ausgabebetrag der reinen Schuldverschreibung ist als Entgelt für Optionsrechte in die Kap.-Rücklage einzustellen. Es gilt:

 

Rn. 83

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(2) Die Aufteilung des Zeichnungsbetrags erfolgt anhand von effektiven Marktpreisen. Um einen sinnvollen und überprüfbaren Wert...

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