Rn. 65

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Eine bewusste Auswahl liegt vor, wenn die zu prüfenden Elemente einer Grundgesamtheit vom AP subjektiv aufgrund seiner persönlichen Erfahrungen und Erkenntnisse eigenverantwortlich und nach pflichtgemäßem Ermessen ausgewählt werden. Konkret kann die Auswahl bestimmter Elemente einschließen:

(1) Elemente mit hohem Wert oder Schlüsselelemente,
(2) alle Elemente, die einen bestimmten Betrag überschreiten, und
(3) Elemente zur Erlangung von Informationen (vgl. ISA [DE] 500 (2020), Rn. A55).

Ad (1): Dieses Auswahlverfahren umfasst Elemente, die einen hohen Wert besitzen, so dass sich der AP bei seiner Auswahl an der absoluten oder relativen Bedeutung der Geschäftsvorfälle für das Prüfungsfeld bzw. für den JA/KA zu orientieren hat. Zudem kann der AP Elemente untersuchen, die besondere Merkmale aufweisen, z. B. Elemente, die verdächtig, ungewöhnlich oder – auch vor dem Hintergrund von Erfahrungen aus der Vergangenheit – besonders risikoanfällig sind. Bei solchen Schlüsselelementen prüft der AP jene Geschäftsvorfälle, bei denen er mit hoher Wahrscheinlichkeit Fehler vermutet. Hierbei kommt es v.a. auf den richtigen Spürsinn des AP an. Je nachdem, ob der AP beabsichtigte oder unbeabsichtigte Fehler aufspüren will, wird er sich bei seiner Auswahl von unterschiedlichen Indizien leiten lassen. Sucht der AP beabsichtigte Fehler i. R.d. Bewertung, wird er sich z. B. an seinem Eindruck von Plausibilität und Konsistenz der JA-Informationen orientieren. Anlässe für eine genauere Prüfung könnten in diesem Zusammenhang ungewöhnliche Buchungssätze (z. B. Aufwand an Bank) oder ungewöhnliche Buchungstexte ("... auf Anweisung von ..." oder "... im Auftrag von ...") sein. Sucht er hingegen unbeabsichtigte Fehler, wird er z. B. den Schwierigkeitsgrad der Verarbeitung einzelner Geschäftsvorfälle als Kriterium seiner Auswahl heranziehen (vgl. Hagest (1976), S. 113 (121f.)). Ein alternatives Auswahlkriterium könnte aber auch die von einer Urlaubsvertretung gebuchten Geschäftsvorfälle sein.

Bspw. greift die Auswahl von Schlüsselelementen aus der Gesamtheit der Daten jene heraus, deren Fehleranfälligkeit hoch zu sein scheint, weil bei der Aufbau- und Funktionsprüfung festgestellt worden ist, dass

(1) kein hinreichend qualifizierter Bearbeiter eingesetzt worden ist,
(2) keine Kontrolle der Bearbeitung stattfindet,
(3) der zu bearbeitende Geschäftsvorfall sehr komplex und schwierig ist,
(4) einzelne Elemente Indizien für Fehler zeigen, Strukturbrüche im Zahlenwerk oder Korrekturbuchungen,
(5) einzelne Elemente vor dem AP versteckt werden sollten,
(6) alle Aufgaben einschließlich Bearbeitung, Kontrolle und Korrektur von einem Mitarbeiter ausgeführt werden, obwohl die Menge des Arbeitsanfalls eine Trennung der Aufgaben und Funktionen erlaubt und notwendig gemacht hätte sowie
(7) keine generelle Regelung für die Bearbeitung festgelegt worden ist, obwohl es sich um einen Routinefall handelt.

Als Schlüsselelemente kann der AP ferner solche Vorgänge betrachten, die er als charakteristisch für das jeweilige Prüfungsfeld ansieht. Auf der Grundlage weniger Geschäftsvorfälle sollen – wenn auch nur subjektive und nicht repräsentative – Erkenntnisse über die Ordnungsmäßigkeit der Verarbeitung der Geschäftsvorfälle im gesamten Prüfungsfeld gewonnen werden (vgl. Schmidt, in: HWRP (2002), Sp. 2279 (2281f.); Beck Bil-Komm. (2022), § 317 HGB, Rn. 224).

Ad (2): Der AP kann ebenso Elemente innerhalb einer Grundgesamtheit auswählen, die einen bestimmten Betrag überschreiten, um so einen großen Anteil des Gesamtbetrags eines Kontensaldos zu verifizieren. Der AP untersucht z. B. alle Posten eines Prüfungsfelds, die einen bestimmten (Euro-) Mindestbetrag übersteigen (vgl. Egner (1980), S. 130f.). Dabei sollte der AP diesen Mindestbetrag in Folgejahren regelmäßig variieren, damit der Mandant das Auswahlprozedere nicht erkennt. Da bei diesem Verfahren das Urteil auf die Prüfung eines wertmäßig bedeutsamen Teils des Prüfungsstoffs gestützt wird, ist die Wahrscheinlichkeit, dass insbesondere erhebliche Überbewertungen einzelner Posten aufgedeckt werden, relativ hoch. Dagegen lassen sich Unterbewertungen damit nicht gut finden.

Ad (3): Zudem kann der AP Elemente würdigen, um Informationen über Sachverhalte wie die Merkmale der Einheit oder die Art von Geschäftsvorfällen zu erlangen. Diese Auswahl kann dem AP helfen, ein Verständnis über die Geschäftstätigkeit sowie Prozesse des UN zu generieren und dadurch Prüfungsschwerpunkte zu identifizieren. Sie dient somit v.a. den anderen Auswahlverfahren als Vorinformation.

 

Rn. 66

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Der bewussten Auswahl ist durch die Auslagerung aus dem ISA [DE] 530 (2020) "Stichprobenprüfungen" bzw. dem vorherigen IDW PS 310 (2016) "Repräsentative Auswahlverfahren (Stichproben) in der Abschlussprüfung" der "offizielle" Status als Stichprobe aberkannt worden. Eine bewusste Auswahl stellt somit – trotz der ihr oftmals innewohnenden Wirtschaftlichkeit bei der Erlangung von Prüfungsnachweisen...

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