Rn. 60

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Durch § 242 Abs. 2f. wird die Aufstellung einer GuV von allen buchführungspflichtigen Kaufleuten explizit gefordert. Die Aufstellung einer GuV ergibt sich automatisch aus der Abschlusstechnik der doppelten Buchführung. Im Steuerrecht wird dies auch durch § 60 Abs. 1 Satz 2 EStDV deutlich. Die formale Gestaltung der GuV bei Kaufleuten, für die keine speziellen Gliederungsvorschriften vorhanden sind, wird durch die §§ 243 Abs. 2 und 246 Abs. 2 Satz 1 (Saldierungsverbot) geregelt (vgl. Förschle/Kropp, DB 1989, S. 1037; IDW RS HFA 7 (2017), Rn. 41). Zur Orientierung lassen sich bei der Konkretisierung des GoB der Klarheit und Übersichtlichkeit außerdem die für KapG geltenden §§ 275277 heranziehen.

 

Rn. 61

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Zur Klärung der Frage, welche Anforderungen die GuV aller Kaufleute erfüllen muss, um nicht gegen § 243 Abs. 2 zu verstoßen, sind v.a. folgende Aspekte zu beachten:

(1) Einhaltung des Bruttoprinzips;
(2) Vollständigkeit der Erfolgsaufspaltung;
(3) Wahl des UKV oder GKV;
(4) Art und Tiefe der Aufwandsgliederung;
(5) Ausweis der Ergebnisverwendung.
 

Rn. 62

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Zu (1): Nach § 246 Abs. 2 Satz 1 besteht für alle Kaufleute das Verbot, Aufwendungen und Erträge miteinander zu verrechnen. Die Einhaltung des dort kodifizierten Bruttoprinzips ist notwendige Voraussetzung für eine klare und aussagefähige Erfolgsrechnung. Eine Ausnahme vom Saldierungsverbot ist in § 246 Abs. 2 Satz 2 kodifiziert (vgl. HdR-E, HGB § 243, Rn. 26). Darüber hinaus sind in zwei weiteren Fällen Durchbrechungen des reinen Bruttoprinzips denkbar: Erstens müssen "technisch erforderliche Aufrechnungen" (ADS (1968), § 157 AktG, Rn. 39; vgl. auch Castan (1990), S. 138) zulässig sein, wie die Berechnung des Netto-Restverkaufserlöses von Anlagegegenständen durch Saldierung des Erlöses mit den Abbruchkosten. Zweitens könnte argumentiert werden, § 276 (vgl. HdR-E, HGB § 276), der bei kleinen und mittelgroßen Gesellschaften i. S. d. § 267 Abs. 1f. die Saldierung der UE mit den wichtigsten betrieblichen Aufwendungen zum Posten "Rohergebnis" gestattet, sei bei nicht offenlegungspflichtigen UN analog anwendbar (vgl. ADS (1995), § 247, Rn. 92: Zusammenfassung zulässig bei vergleichbarer Größe des UN; strenger Baetge/Fischer, BFuP 1988, S. 1 (7)). Diese Argumentation übersieht, dass bei nicht offenlegungspflichtigen UN i. d. R. kein Schutz vor Einblick der Konkurrenz erforderlich ist (vgl. Heinen (1985), S. 321). So wäre es für Einzelkaufleute und die OHG widersinnig (vgl. Moxter (1976), S. 176), den "offenen Ausweis des nach Quellen und Arten gegliederten vollen Jahreserfolges" (Heinen (1985), S. 321) zu vermeiden (vgl. auch Baetge/Fischer, BFuP 1988, S. 1 (7)). Bei der KG und anderen Rechtsformen dagegen erscheint eine Saldierung analog zu § 276 zum Schutz vor der Konkurrenz immer dann sinnvoll, wenn die einblicksberechtigten (für die KG nach § 166 Abs. 1) Gesellschafter z. B. nicht dem Wettbewerbsverbot unterliegen (vgl. § 165 für die KG) oder auf andere Weise die "[e]rlangten Informationen mißbrauchen" (Moxter (1976), S. 181) könnten.

 

Rn. 63

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Zu (2): Als zweite Voraussetzung für die Klarheit der GuV wird allg. (vgl. Leffson (1987), S. 215f., 256, 263) eine vollständige Erfolgsaufspaltung (vgl. Küting, BB 1981, S. 529) in ordentliche und a.o. Erfolgskomponenten angesehen. Eine solche Erfolgsaufspaltung innerhalb der GuV ist allerdings aufgrund der Änderungen des am 23.07.2015 in Kraft getretenen BilRUG nicht mehr möglich. So wird in der GuV nach § 275 nicht mehr danach unterschieden, ob Erfolgsbestandteile inner- oder außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit anfallen. Der Verzicht auf den gesonderten Ausweis eines a.o. Ergebnisses ist dabei auf eine Änderung des EU-BilR zurückzuführen (vgl. Bonner HGB-Komm. (2015), § 275, Rn. 38). Das nunmehr angepasste Gliederungsschema sieht als Erfolgsspaltung lediglich vor, dass Aufwendungen und Erträge entweder dem Betriebsergebnis, dem Finanzergebnis oder dem Steuerergebnis zuzuordnen sind (vgl. Baetge/Kirsch/Thiele (2021), S. 602). Kompensiert werden kann die fehlende Erfolgsaufspaltung innerhalb der GuV bei großen und mittelgroßen KapG und diesen gleichgestellten Gesellschaften zu einem gewissen Teil durch verpflichtende Anhangangaben. So sind nach § 285 Nr. 31 Aufwendungen und Erträge, die von außergewöhnlicher Größenordnung oder Bedeutung sind, im Anhang nach Art und Betrag zu erläutern, soweit die Beträge nicht von untergeordneter Bedeutung sind. Gleiches gilt nach § 285 Nr. 32 für periodenfremde Aufwendungen und Erträge (vgl. Baetge/Kirsch/Thiele (2021), S. 602). Allerdings ist diese gesetzliche Erfolgsaufspaltung unter dem Aspekt zutreffender Informationsvermittlung nicht hinreichend.

Da § 238 Abs. 1 die Vermittlung eines Überblicks über die Lage des UN, also auch über die Ertragslage fordert, wäre es wünschenswert, dass alle Kaufleute eine Erfolgsaufspaltung in ordentliche und a.o. Erfolgsbestandteile vornäh...

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