I. Persönlicher Anwendungsbereich

 

Rn. 31

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

In persönlicher Hinsicht erstreckt sich die Verpflichtung, dem steuerlichen BV-Vergleich das nach den handelsrechtlichen GoB auszuweisende BV zugrunde zu legen, explizit auf Gewerbetreibende (i. S. d. § 15 EStG), die aufgrund gesetzlicher Vorschriften buchführungs- und bilanzierungspflichtig sind oder freiwillig Bücher führen und Anschlüsse machen. Freiwillig können auch Nichtgewerbetreibende – selbständig Tätige sowie Land- und Forstwirte – ihren Gewinn durch Bilanzierung ermitteln. Rechtsgrundlage ist insoweit § 4 Abs. 1 EStG.

 

Rn. 32

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Anders als § 5 Abs. 1 EStG enthält § 4 Abs. 1 EStG als Grundlage für die Gewinnermittlung durch Bilanzierung bei freiwilliger Buchführung keinen ausdrücklichen Verweis auf die handelsrechtlichen GoB. Gleichwohl hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass auch der steuerliche BV-Vergleich freiwillig Bilanzierender nach § 4 Abs. 1 EStG GoB-gestützt zu erfolgen hat (vgl. Pickert, DStR 1989, S. 374; Kraft/Kraft, BB 1992, S. 2465 (2469); Bilanz-HB (2015), Kap. L, Rn. 177; L/B/P (2019), §§ 4, 5 EStG, Rn. 300c; H/H/R (2019), Vorbemerkungen zu den §§ 47 EStG, Rn. 23; H/H/R (2021), § 5 EStG, Rn. 70; HB-BilStR (2021), Rn. 66, 333). Dass der BV-Vergleich nach § 4 Abs. 1 EStG GoB-gestützt zu erfolgen hat, ergibt sich bereits aus § 4 Abs. 2 EStG; die insoweit adressierten allg. GoB werden nach Maßgabe des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (vgl. BFH, Urteil vom 06.12.1983, VIII R 110/79, BStBl. II 1984, S. 227) durch die in § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG in Bezug genommenen handelsrechtlichen GoB konkretisiert (vgl. z. B. BFH, Urteil vom 27.11.1997, IV R 95/96, BStBl. II 1998, S. 375BFH, Beschluss vom 02.03.2004, III B 114/03, BFH/NV 2004, S. 1109; Lang (1981), S. 61f.; Prinz (2011), S. 146). Ebenso folgt die Relevanz handelsrechtlicher GoB auch bei originärer steuerlicher Buchführungspflicht aus der Anordnung des § 141 Abs. 1 Satz 2 AO, die §§ 238, 240, 241, 242 Abs. 1 sowie die §§ 243256 sinngemäß anzuwenden, soweit sich nicht aus den Steuergesetzen etwas anderes ergibt. Aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gelten folgerichtig auch die Bestimmungen des § 5 Abs. 2ff. EStG gleichermaßen für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG (vgl. BFH, Urteil vom 08.11.1979, IV R 145/77, BStBl. II 1980, S. 146; BFH, Urteil vom 06.12.1983, VIII R 110/79, BStBl. II 1984, S. 227; Wassermeyer (1991), S. 42; Kanzler, FR 1998, S. 421; L/B/P (2019), §§ 4,5 EStG, Rn. 300c; H/H/R (2021), § 5 EStG, Rn. 71; a. A. Bordewin, FR 1998, S. 226 (230)).

 

Rn. 33–35

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

vorläufig frei

II. Sachlicher Anwendungsbereich

1. GoB-Verweis

a) Kodifizierte und nicht-kodifizierte GoB

 

Rn. 36

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Mit dynamischer Verweisung des § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG auf die handelsrechtlichen GoB sind die geschriebenen ebenso wie die ungeschriebenen abstrakten handelsrechtlichen Normen über die Buchführung und Bilanzierung in Bezug genommen (vgl. z. B. Herlinghaus, IStR 1997, S. 538; Gräbe (2012), S. 141; Schmidt: EStG (2022), § 5 EStG, Rn. 29, jeweils m. w. N.) und damit für Ansatz und Bewertung materiell maßgeblich für die steuerliche Gewinnermittlung, sofern dem nicht besondere steuerrechtliche Gewinnermittlungsgrundsätze, explizite abweichende steuergesetzliche Bestimmungen oder der steuerliche Wahlrechtsvorbehalt entgegenstehen. Die (z. B. mit dem Bilanzrichtlinien-Gesetz (BiRiLiG) vom 19.12.1985 (BGBl. I 1985, S. 2355ff.)) bis dahin ungeschriebenen oder lediglich im AktG formulierten bzw. mit BilMoG) kodifizierten handelsrechtlichen GoB werden durch Verweis der §§ 238 Abs. 1 Satz 1, 243 Abs. 1 Satz 1 um die nicht-kodifizierten GoB ergänzt. Der Verweiseinschluss auch der nicht-kodifizierten GoB hat weder eine verfassungsrechtlich zu beanstandende Unbestimmtheit des § 5 Abs. 1 EStG zur Folge, da mit den gesetzlich fixierten GoB als tragendes Gerüst auch der Raum für die ergänzenden, nicht-kodifizierten GoB hinreichend bestimmt ist (vgl. H/H/R (2021), § 5 EStG, Rn. 250), noch führt er zu einer Verletzung des Gebots der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung (vgl. mit a. A. Pfahl (1999), S. 202). Eine Fortentwicklung kodifizierter wie nicht kodifizierter GoB wirkt infolge der dynamischen GoB-Verweisung in den Grenzen der Maßgeblichkeit mittelbar auch im Steuerrecht.

 

Rn. 37

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

vorläufig frei

b) Rechtsform- und branchenunabhängige GoB

 

Rn. 38

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Fraglich ist, ob mit dem Verweis auf die handelsrechtlichen GoB nur die rechtsform- und branchenunabhängig für alle Kaufleute geltenden handelsrechtlichen GoB steuerrechtlich relevant werden oder darüber hinaus auch rechtsform- oder branchenspezifische GoB angesprochen sind. Unter Hinweis auf eine mangelnde Vereinbarkeit der Maßgeblichkeit rechtsform-/branchenspezifischer GoB mit dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung wird in der Literatur die Forderung nach Rechtsformneutralität handelsrechtlicher GoB erhoben und insoweit eine Maßgeblichkeit rechtsform-/branchenspezifischer GoB abgelehnt (vgl. Moxter, ZGR 1980, S. 254 (264ff.); Leffson (1987), S. 152ff.; Ballwieser, BFuP...

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