Rn. 28

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Ausgangspunkt für den sog. Mobilien-Vollamortisationserlass (vgl. BMF, Schreiben vom 19.04.1971, IV B/2 – S 2170–31/71, BStBl. I 1970, S. 264) bildet, wie bereits erläutert (vgl. HdR-E, Kap. 6, Rn. 27), das Grundsatzurteil des BFH vom 26.01.1970 (IV R 144/66, BStBl. II 1970, S. 264), dessen unbestimmte Rechtsbegriffe durch den Erlass für die praktische Anwendung konkretisiert werden (vgl. Helmschrott (1997), S. 67, m. w. N.). In den Anwendungsbereich fallen Leasingverträge über bewegliche WG, bei denen

(1) während der sog. Grundmietzeit eine ordentliche Kündigung für beide Parteien ausgeschlossen ist und
(2) die während der Grundmietzeit vom Leasingnehmer zu entrichtenden Leasingraten mindestens die AHK sowie alle Nebenkosten einschließlich der Finanzierungskosten des Leasinggebers decken.

Der Erlass bezeichnet diese als Finanzierungsleasing (vgl. BMF, Schreiben vom 19.04.1971, IV B/2 – S 2170–31/71, BStBl. I 1970, S. 264, Abschn. II (Nr. 1)) und prägt insofern ein eigenständiges, nicht mit dem wirtschaftlich-aufsichtsrechtlichen (vgl. zu Letzterem HdR-E, Kap. 6, Rn. 13) deckungsgleiches Begriffsverständnis.

Der Erlass sieht – "unbeschadet des jeweiligen Vorbehalts der Einzelfallbeurteilung "unter Würdigung der gesamten Umstände"" (Ullrich (1998), Rn. 20) – eine Zurechnung des Leasinggegenstands beim Leasingnehmer immer dann vor, wenn

(1) die Grundmietzeit des Leasingvertrags weniger als 40 % oder mehr als 90 % der betriebsgewöhnlichen ND, die sich auf Basis der amtlichen AfA-Tabellen bestimmt, beträgt oder
(2) der Vertrag eine bereits zu Vertragsbeginn nach den im Erlass näher spezifizierten Kriterien als günstig einzustufende Mietverlängerungs- oder Kaufoption aus Sicht des Leasingnehmers enthält, deren Ausübung deshalb wahrscheinlich ist (vgl. Brakensiek (2001), S. 241), oder
(3) es sich um Spezialleasing (vgl. hierzu HdR-E, Kap. 6, Rn. 27) handelt.

Nach dem Mobilien-Vollamortisationserlass liegt eine günstige Mietverlängerungsoption vor, wenn die Anschlussmiete den "Wertverzehr für den Leasinggegenstand nicht deckt, der sich auf der Basis des unter Berücksichtigung der linearen AfA nach der amtlichen AfA-Tabelle ermittelten Buchwerts oder des niedrigeren gemeinen Werts und der Restnutzungsdauer laut AfA-Tabelle ergibt" (BMF, Schreiben vom 19.04.1971, IV B/2 – S 2170–31/71, BStBl. I 1970, S. 264, Abschn. III (Nr. 3 lit. b) bb))). Des Weiteren geht der Erlass von einer günstigen Kaufoption aus, sofern der bei Ausübung vorgesehene Kaufpreis unter dem auf Basis der linearen AfA nach der amtlichen AfA-Tabelle ermittelten Buchwert oder einem geringeren gemeinen Wert im Zeitpunkt der Veräußerung liegt (vgl. BMF, Schreiben vom 19.04.1971, IV B/2 – S 2170–31/71, BStBl. I 1970, S. 264, Abschn. III (Nr. 2 lit. b) bb))).

Ergibt das Verhältnis aus vertraglich vereinbarter Grundmietzeit und betriebsgewöhnlicher ND des Leasingobjekts einen Wert, der sich auf mindestens 40 % und höchstens 90 % be­läuft, so ist der Leasinggegenstand dem Leasinggeber zuzurechnen, sofern es sich nicht um Spezialleasing handelt und keine nach den o. g. Kriterien als günstig einzustufende Kauf- oder Mietverlängerungsoption vereinbart wurde.

 

Rn. 29

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Schematisch lässt sich die Zuordnung eines Leasinggegenstands nach dem Mobilien-Voll­amortisationserlass wie folgt darstellen:

Übersicht: Zurechnung von Leasingobjekten nach dem Mobilien-Vollamortisationserlass (entnommen aus: Brakensiek (2001), S. 240)

 

Rn. 30

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Das Hauptkriterium zur persönlichen Zuordnung des Leasingobjekts nach dem Mobilien-Vollamortisationserlass bildet somit die sog. 40/90 %-Grenze bezüglich der Relation aus Grundmietzeit und betriebsgewöhnlicher ND. Die Obergrenze von 90 % wurde von der Finanzverwaltung zur Konkretisierung des Kriteriums einer annähernden Deckung von Grundmietzeit und ND gewählt, das nach dem Grundsatzurteil des BFH vom 26.01.1970 (IV R 144/66, BStBl. II 1970, S. 264) eine Zurechnung beim Leasingnehmer zur Folge hat. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass "bei Überschreiten dieser 90 %-Grenze der, zwar formal noch bestehende, Anspruch des Leasinggebers, vom Leasingnehmer den Leasinggegenstand zurückzuerhalten, wirtschaftlich wertlos sei" (Spittler (1999), S. 131; vgl. auch Helmschrott (1997), S. 69). Unterschreitet das Verhältnis der Grundmietzeit zur betriebsgewöhnlichen ND die Untergrenze von 40 %, so erfolgt die Zurechnung des Leasinggegenstands beim Leasingnehmer. Hintergrund ist die Annahme, dass der Leasingnehmer nur unter der Prämisse eines späteren Erwerbs des Leasingobjekts (z. B. zu zugesicherten günstigen Konditionen) zu einer Vollamortisation über eine im Verhältnis derart kurze Grundmietzeit bereit sein werde und deshalb i. S.e. verdeckten Ratenkaufs von vornherein von einer Eigentumsübertragung am Ende der Grundmietzeit ausgegangen werden müsse (vgl. Beck-HdR, B 710 (2017), Rn. 39f.; Tonner (2022), Kap. 2, Rn. 30).

 

Rn. 31

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Nach dem Wortlaut de...

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