Rn. 18

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Die in den §§ 58 und 150 AktG enthaltenen Vorschriften hinsichtlich der Dotierung von Rücklagen dienen dem Gläubigerschutz. Sämtliche Vorschriften betreffen die Verwendung des Jahresergebnisses. Entweder sind die Dotierungen selbst in Abhängigkeit vom Jahresergebnis definiert (vgl. § 150 Abs. 2 AktG) oder die max. Zuführung wird in Abhängigkeit vom Jahresergebnis festgelegt (vgl. § 58 Abs. 1f. AktG). Darüber hinaus verbleiben die Beträge in der Gesellschaft, so dass die Kriterien einer Verwendung des Jahresergebnisses erfüllt sind; mithin ist eine Anpassung der Bilanzgliederung i. S. v. § 268 Abs. 1 möglich und aufgrund von § 158 AktG die GuV nach dem "Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag" um die folgenden Posten zu ergänzen:

(1) Gewinnvortrag/Verlustvortrag aus dem VJ
(2) Entnahmen aus der Kap.-Rücklage
(3)

Entnahmen aus Gewinnrücklagen

(a) aus der gesetzlichen Rücklage
(b) aus der Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten UN
(c) aus satzungsmäßigen Rücklagen
(d) aus anderen Gewinnrücklagen
(4)

Einstellungen in Gewinnrücklagen

(a) in die gesetzliche Rücklage
(b) in die Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten
(c) in satzungsmäßige Rücklagen
(d) in andere Gewinnrücklagen
(5) Bilanzgewinn/Bilanzverlust.

Alternativ können diese Angaben auch im Anhang gemacht werden. In jedem Fall darf jedoch eine Rücklagendotierung nur erfolgen, soweit ein Jahresüberschuss ausgewiesen wird.

 

Rn. 19

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Eine Besonderheit stellt § 58 Abs. 2a AktG dar. Nach dieser Vorschrift dürfen Vorstand und AR den EK-Anteil von Wertaufholungen bei VG des AV und UV den anderen Gewinnrücklagen zuführen. Infolge des BilMoG ist mit § 253 Abs. 5 ein umfassendes und rechtsformunabhängiges Wertaufholungsgebot bezüglich aller Formen außerplanmäßiger AfA – mit Ausnahme solcher auf entgeltlich erworbene GoF – fixiert worden, so dass § 58 Abs. 2a AktG eine zunehmend größere Bedeutung beizumessen sein dürfte.

Die in § 58 Abs. 2a AktG dem Vorstand und AR eingeräumte Möglichkeit der Bildung einer freien Rücklage soll bewirken, dass die Buchgewinne nicht zum Ausschüttungspotenzial gezählt werden, was im Fall einer Ausschüttung möglicherweise Liquiditätsprobleme bei betreffender Gesellschaft auslösen könnte. Für die GmbH existiert eine vergleichbare Regelung in § 29 Abs. 4 GmbHG.

Wegen der Ermittlung des EK-Anteils wird auf HdR-E, AktG §§ 58, 150, Rn. 22f., und HdR-E, GmbHG § 29, Rn. 68ff., verwiesen.

 

Rn. 20

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Da der Gesetzgeber diese Einbehaltungsmöglichkeit im Zusammenhang mit der Möglichkeit der Bildung einer freien Rücklage geregelt hat, ist wohl davon auszugehen, dass die Anforderungen an die Zulässigkeit der Bildung dieser Rücklage mit denen der anderen Gewinnrücklagen übereinstimmen. Das bedeutet insbesondere, dass ein Jahresüberschuss vorliegen muss bzw. dass durch diese Rücklagendotierung kein Bilanzverlust entstehen darf.

Gegen diese Interpretation spricht jedoch, dass sowohl in § 58 Abs. 1 als auch Abs. 2 AktG der Hinweis enthalten ist, dass eine Dotierung der freien Rücklagen aus dem Jahresüberschuss zu erfolgen hat. Ein vergleichbarer Hinweis fehlt in § 58 Abs. 2a AktG. Auf der anderen Seite ist jedoch zu bedenken, dass eine Dotierung gemäß § 58 Abs. 2a AktG, die zu einem Bilanzverlust führt, im Folgejahr die Möglichkeit eröffnet, die Kap.- und gesetzliche Rücklage aufzulösen (vgl. § 150 Abs. 2f. AktG). Da auf diesem Umweg die Bindungspflicht der Kap.- und gesetzlichen Rücklage unterlaufen werden könnte und somit eine nicht unwesentliche Beeinträchtigung des Gläubigerschutzes erreicht würde, ist davon auszugehen, dass eine Dotierung der freien Rücklagen gemäß § 58 Abs. 2a AktG in jedem Fall dann zu unterbleiben hat, wenn hierdurch ein Bilanzverlust entsteht bzw. vergrößert wird.

 

Rn. 21

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Dieses Ergebnis führt zwangsläufig zu der Frage, ob die Rücklagendotierung gemäß § 58 Abs. 2a AktG einem sog. Nachholverbot unterliegt. Ist in einem Jahr die Dotierung einer Rücklage aufgrund der in HdR-E, HGB § 268, Rn. 20, genannten Situation ausgeschlossen, ergibt sich jedoch in zukünftigen Jahren ein Jahresüberschuss, so könnte in diesen Jahren die Rücklagendotierung nachgeholt werden. Diese Nachholmöglichkeit ist nicht ausdrücklich in § 58 Abs. 2a AktG geregelt; gleichzeitig enthält diese Vorschrift aber auch keinen Hinweis darauf, dass die Rücklage nur in dem Jahr dotiert werden darf, in dem die Zuschreibung erfolgt. Da des Weiteren die sich aus diesen Maßnahmen ergebenden Buchgewinne auch in Zukunft prinzipiell ihren Charakter – Ertrag ohne gleichzeitigen Liquiditätszufluss – beibehalten und somit das Bedürfnis einer Ausschüttungssperre aus Sicht betreffender Gesellschaft unverändert besteht, sollte davon auszugehen sein, dass dem Vorstand und AR diese Nachholmöglichkeit zuzugestehen ist.

Auch diese Maßnahme stellt eine Ergebnisverwendung dar. Die Ergebnisabhängigkeit ist gegeben, zumal die Bildung der ...

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