Rn. 25

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Die JA-Zwecke sind aus den für alle Kaufleute geltenden allg. Vorschriften, d. h. aus den Ansatz-, Ausweis- und Bewertungsvorschriften herauszuarbeiten, da das handelsrechtliche Zwecksystem, genau wie das GoB-System, rechtsform- und branchenunabhängig ist (vgl. Baetge/Kirsch/Solmecke, WPg 2009, S. 1211 (1214)). Die allg. Vorschrift des § 242 Abs. 1 über die Aufstellung des JA verlangt vom Kaufmann, einen JA aufzustellen, der das "Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden" wiedergibt. Danach muss der Kaufmann sich selbst und anderen JA-Adressaten Rechenschaft darüber ablegen, wie hoch das Schuldendeckungspotenzial seines UN ist und ob bzw. inwieweit er dem UN Kap. entziehen kann. § 242 Abs. 1 dient damit also auch dem Zweck der Kap.-Erhaltung.

 

Rn. 26

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Die Ansatz- und Ausweisvorschriften zur Aufstellung von Bilanz und GuV dienen ebenfalls mehreren Zwecken. Der JA soll nach den §§ 243, 244 und 246 verständlich, lesbar, fristgerecht und vollständig aufgestellt werden. § 246 Abs. 2 Satz 1 verbietet grds. die Saldierung von VG und Schulden, da der Kaufmann nach § 246 das Schuldendeckungspotenzial des UN und die Erfolgskomponenten unsaldiert nachweisen muss (vgl. Baetge/Kirsch/Thiele (2021), S. 94). Eine Ausnahme vom Saldierungsverbot ist in § 246 Abs. 2 Satz 2 kodifiziert: "Vermögensgegenstände, die dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind und ausschließlich der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen dienen, [die gegenüber AN eingegangen wurden (sog. Planvermögen), d.Verf.], sind mit diesen Schulden zu verrechnen; entsprechend ist mit den zugehörigen Aufwendungen und Erträgen zu verfahren." Eine Saldierung darf indes nur dann erfolgen, wenn die entsprechenden VG dem Zugriff aller Gläubiger entzogen sind (vgl. BR-Drs. 344/08, S. 104). Dabei stellen die Pensionsverpflichtungen, welche – zumindest wirtschaftlich bei einer Insolvenz – durch VG gedeckt sind, keine wirtschaftliche Belastung dar, so dass der saldierte Ausweis einen realitätsgetreuen Einblick in die VFE-Lage erlaubt (vgl. AKBR, BB 2008, S. 209 (212); PwC-BilMoG (2009), Abschn. C, Rn. 7; Baetge/Kirsch/Solmecke, WPg 2009, S. 1211 (1215)). § 247 Abs. 1 fordert einen Ausweis des Bilanzinhalts, der die Klarheit und Übersichtlichkeit der Bilanz durch hinreichende Gliederung gewährleisten soll (vgl. auch § 243 Abs. 2). Diese Vorschriften sollen v.a. den Rechenschaftszweck konkretisieren (vgl. HdR-E, Kap. 4, Rn. 36).

 

Rn. 27

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§ 248 Abs. 1 enthält die Aktivierungsverbote für die Gründungs- und EK-Beschaffungsaufwendungen sowie für Aufwendungen für den Abschluss von Versicherungsverträgen. Zudem enthält § 248 Abs. 2 ein Aktivierungswahlrecht für selbst geschaffene immaterielle VG des AV. Mit dem Aktivierungswahlrecht sind zwar – trotz des Aktivierungsverbots bestimmter selbst geschaffener VG, wie Marken, Drucktitel und Kundenlisten – erhebliche Ermessensspielräume verbunden (vgl. Baetge/Klönne/Schumacher, DB 2011, S. 829 (832)). Indes besteht aufgrund des Aktivierungswahlrechts zumindest die Möglichkeit, die grds. aktivierbaren VG in der Bilanz anzusetzen, so dass die wirtschaftliche Lage realitätsgetreuer dargestellt wird. Durch das Aktivierungswahlrecht besteht indes darüber hinaus ein Risiko, dass nicht werthaltige VG angesetzt werden und bis zu dieser Höhe Entnahmen bzw. Ausschüttungen vorgenommen werden. Gemindert wird diese Gefahr v.a. in den Folgejahren durch die Niederstwertvorschrift des § 253 Abs. 3 und 4, wonach nicht werthaltige VG auf ihren niedrigeren beizulegenden Wert abzuschreiben sind. Im Falle einer GoB-konformen Bilanzierung beeinflusst das Aktivierungswahlrecht der selbst geschaffenen VG den Kap.-Erhaltungszweck daher nicht wesentlich (vgl. Baetge/Kirsch/Solmecke, WPg 2009, S. 1211 (1219)). Die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8, nach der nur so viel Gewinn ausgeschüttet werden darf, wie auch ohne den Ansatz der selbst geschaffenen immateriellen VG möglich gewesen wäre, greift indes nur bei KapG (vgl. hierzu PwC-BilMoG (2009), Abschn. N, Rn. 2; a. A. HdR-E, HGB § 268, Rn. 254).

 

Rn. 28

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Der Ansatz der RAP nach § 250 Abs. 1 und 2 sorgt dafür, dass Zahlungsvorgänge den GJ, zu denen sie wirtschaftlich gehören, zugeordnet werden (vgl. auch § 252 Abs. 1 Nr. 5). In § 250 Abs. 3 ist ein Sonderfall der RAP, das Disagio, geregelt. Ein Disagio liegt vor, wenn der Erfüllungsbetrag einer Verbindlichkeit höher als der Ausgabebetrag dieser Verbindlichkeit ist. Für den Unterschiedsbetrag besteht ein Aktivierungswahlrecht. Gemäß dem Grundsatz der Abgrenzung der Zeit nach ist auch für das Disagio eine Aktivierungspflicht zu fordern (vgl. Baetge/Kirsch/Thiele (2021), S. 549f.). Die Angabe von Haftungsverhältnissen unter der Bilanz (vgl. § 251) dient unmittelbar der Information und damit gleichzeitig der Rechenschaft und mittelbar der Kap.-Erhaltung (vgl. Fey (1989), S. 3...

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