Rn. 1

Stand: EL 27 – ET: 04/2018

VG und Schulden sind grds. einzeln zu bewerten (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 3); Aufwendungen und Erträge dürfen nicht verrechnet werden (vgl. 246 Abs. 2 Satz 1). Die Möglichkeit, Grundgeschäfte und Sicherungsinstrumente zu Bewertungseinheiten zusammenzufassen, ist eine gesetzlich geregelte Ausnahme von den vorstehend genannten Grundsätzen (vgl. WP-HB (2017), Rn. F 202ff.).

Die Bilanzierung von Bewertungseinheiten führt dazu, dass unrealisierte Verluste insoweit nicht bilanziert werden, wie ihnen in gleicher Höhe unrealisierte Gewinne gegenüberstehen (vgl. Beck-HdR, B 737 (2014), Rn. 62, m. w. N.). Zielsetzung der handelsrechtlichen Bilanzierung von Bewertungseinheiten ist es, eine periodengleiche Erfassung von sich gegenseitig kompensierenden (unrealisierten) Gewinnen und Verlusten zu gewährleisten (vgl. Glaser (2015), S. 72, m. w. N.).

§ 254 regelt die Voraussetzungen für die Bildung und Bilanzierung von Bewertungseinheiten. Eine Interpretation der Reichweite von § 254 findet sich in der IDW-Verlautbarung RS HFA 35 (2011), die der HFA im Juni 2011 verabschiedet hat (vgl. IDW-FN 2011, S. 445ff.).

Zu Besonderheiten der Bilanzierung von Energiebeschaffungs- und Energieabsatzverträgen in handelsrechtlichen Abschlüssen von Energieversorgungsunternehmen vgl. IDW RS ÖFA 3 (2015).

§ 254 ist von allen Kaufleuten unabhängig von ihrer Rechtsform, Größe und Branchenzuordnung zu beachten (vgl. IDW RS HFA 35 (2011), Rn. 1). KapG sowie haftungsbeschränkte PersG i. S. d. § 264a Abs. 1 haben darüber hinaus die für das Risikomanagement sowie für Sicherungsbeziehungen und Bewertungseinheiten vorgesehenen Angabe- bzw. Berichtspflichten in Bezug auf den (Konzern-)Anhang und den (Konzern-)Lagebericht zu beachten (vgl. IDW RS HFA 35 (2011), Rn. 1).

§ 254 bezieht sich allein auf die Absicherung finanzieller Risiken (vgl. IDW RS HFA 35 (2011), Rn. 21). Dabei ist nach Wert- und Zahlungsstromrisiken zu unterscheiden (vgl. IDW RS HFA 35 (2011), Rn. 21, überdies HdR-E, HGB § 254, Rn. 35ff.).

Die RL von Transaktionen zur Absicherung von Marktpreisrisiken wird schon seit vielen Jahren unter den Stichworten "kompensatorische Bewertung" und "Bewertungseinheit" diskutiert (zur historischen Entwicklung vgl. Velte/Haaker, StuW 2013, S. 182ff.). Mit § 254 sollte sich die Darstellung der VFE-Lage stärker als zuvor an den tatsächlichen (ökonomischen) Verhältnissen eines Unternehmens orientieren (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 59). Die Resultate des betrieblichen Risikomanagements müssen mithin bilanziell (bzw. rein erfolgsrechnerisch) unter Beachtung des True and fair view-Grundsatzes zutreffend erfasst werden (vgl. Beck-HdR, B 737 (2014), Rn. 77, mit weiteren Überlegungen). Hieraus leitet sich u. a. eine Pflicht zur bilanziellen Abbildung von Bewertungseinheiten ab.

Die EU hat zur Begrenzung der Risiken aus OTC-Derivaten und zur Erhöhung der Transparenz solcher Geschäfte am 04.07.2012 die VO Nr. 648/2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (European Market Infrastructure Regulation – EMIR) verabschiedet und am 27.07.2012 im EU-Amtsblatt (ABl. EU, L 201/1ff.) veröffentlicht. Als europäische VO gilt die EMIR in Deutschland unmittelbar. Die EMIR gibt allein den Rahmen vor. Darüber hinaus sind diverse technische Standards zur konkreten Umsetzung der Vorgaben der VO zu beachten. Am 15.02.2013 wurde das sog. EMIR-Ausführungsgesetz vom 13.02.2013 (BGBl. 2013 I, S. 174ff.) verkündet, das wichtige Annextatbestände auf nationaler Ebene regelt und mit dem nationalen Aufsichts- und Insolvenzrecht verzahnt (zur Prüfung von EMIR-Systemen wird auf IDW PS 920 (2016) sowie den Begleitaufsatz zum Entwurf dieses Standards von Trepte/Debus (WPg 2016, S. 771ff.) verwiesen).

Über eine sog. zentrale Gegenpartei abgewickelte Derivate unterliegen einem Marginsystem. Die geleisteten bzw. erhaltenen Variation Margin-Zahlungen haben den Charakter von Sicherheitsleistungen – vergleichbar mit Variation Margins bei Futures (IDW RS BFA 5 (2011)) – und sind als "Sonstige VG" bzw. als "Sonstige Verbindlichkeiten" in der Bilanz auszuweisen. I.R.d. Risikosteuerung sind die Liquiditätseffekte der Margin-Zahlungen zu beachten.

Durch den Wechsel auf eine zentrale Gegenpartei (z. B. Eurex Clearing) erfolgt keine Ertragsrealisierung, weil es an einem Umsatzakt fehlt.

Werden OTC-Derivate, die Bestandteil einer Bewertungseinheit i. S. d. § 254 sind, nachträglich in die Abwicklung über eine zentrale Gegenpartei einbezogen, erfolgt keine Auflösung der Bewertungseinheit, denn durch diesen Wechsel ändert sich die Sicherungsabsicht nicht (vgl. Beck Bil-Komm. (2018), § 254 HGB, Rn. 57, m. w. N.). Die Sicherungswirkung bzw. die Eignung des Sicherungsinstruments bleibt unberührt, soweit das Risiko des Ausfalls des bisherigen Vertragspartners durch das der zentralen Gegenpartei ersetzt und die Möglichkeit der jederzeitigen Glattstellung des Instruments zumindest nicht verschlechtert wird. Das Ausfallrisiko ist typischerweise nicht das abgesicherte Risiko ...

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