Rn. 228

Stand: EL 11 – ET: 04/2011

Genussrechte stellen ein flexibles Finanzierungsinstrument dar, das zu unterschiedlichen Zwecken eingesetzt werden kann. Ihre Begebung erfolgt meist zur Kap.-Beschaffung (sog. Finanzierungsgenussrechte); in Ausnahmefällen werden Genussrechte als Entgelt für besondere Leistungen des Berechtigten (z. B. im Zusammenhang mit der Gründung, Erweiterung oder Sanierung des UN) oder zur Beteiligung der Mitarbeiter am Erfolg des UN gewährt. In diesen Fällen findet ein Kap.-Zufluss nicht statt. Die Genussrechte erfüllen vielmehr die Funktion eines Kap.-Ersatzes (vgl. Singhof, B. 2008, Rn. 171 ff.). Über die von Genussrechten gewährten Ansprüche können Genussscheine ausgestellt werden. Sie stellen meist Inhaberpapiere dar, denkbar sind aber auch Order- oder Namenspapiere.

 

Rn. 229

Stand: EL 11 – ET: 04/2011

Eine umfassende gesetzl. Regelung zum Begriff, Inhalt und zur Ausgestaltung von Genussrechten existiert nicht. Der Begriff wird in einzelnen Gesetzesvorschriften zwar erwähnt, jedoch als bekannt vorausgesetzt. So bestehen etwa für AG Einzelregelungen zur Ausgabe von Genussrechten (vgl. § 221 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1, § 221 Abs. 4 Satz 1 AktG) und zu Angabepflichten im Anh. (vgl. § 160 Abs. 1 Nr. 6 AktG) sowie Schutzbestimmungen für die Inhaber von Genussrechten (vgl. z. B. § 216 Abs. 3 AktG). Darüber hinaus enthalten KWG und VAG Sonderregelungen für die Zurechnung von Genussrechts-Kap. zum Ergänzungskapital als Teil des haftenden EK bei Kreditinstituten (vgl. § 10 Abs. 5 KWG) bzw. zu den Eigenmitteln i. R. d. Solvabilitätsermittlung bei Versicherungs-UN (vgl. § 53c Abs. 3 Satz 1 Nr. 3a und Abs. 3a und 3c VAG). Unter stl. Aspekten ist schließlich auf die Vorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG hinzuweisen, in der die Behandlung von Ausschüttungen auf Genussrechte bei der Einkommensermittlung geregelt ist (vgl. ausführlich hierzu Große 2010, S. 1397 ff.; Haase 2009, S. 495 ff.; Watrin/Lühn 2006, S. 741 ff.).

 

Rn. 230

Stand: EL 11 – ET: 04/2011

Allg. lässt sich das Genussrecht als ein schuldrechtliches Gläubigerrecht charakterisieren, das zwar grds. keine mitgliedschaftlichen Rechte, insbes. kein Stimmrecht oder Kontrollrecht gewährt (ein Recht auf Teilnahme an der HV oder Informationsrechte sind dagegen mit der Rechtsnatur der Genussrechte vereinbar; vgl. BGH-Urt. v. 05.10.1992, AG 1993, S. 127), im Übrigen aber aktienähnlich ausgestaltet werden kann (vgl. Ebenroth, C. T./Müller, A. 1993, S. 509, m. w. N.). Aufgrund der fehlenden gesetzl. Definition bieten sich – in den durch das AGB-Gesetz gesteckten Grenzen (vgl. BGH-Urt. v. 05.10.1992, AG 1993, S. 126, m. w. N.; Lutter, M. 1993a, S. 294 ff.) – die unterschiedlichsten Gestaltungsmöglichkeiten an. Eine vermögensmäßige Gleichstellung der Genussrechtsinhaber mit den Gesellschaftern lässt sich erreichen, indem diese sowohl am lfd. Gewinn und Verlust der Gesellschaft als auch am Ergebnis ihrer Abwicklung beteiligt werden und die Rückzahlung des hingegebenen Kap. erst im Zeitpunkt der Liquidation gleichrangig mit den Gesellschaftern erfolgt (vgl. Groh, M. 1993, S. 1889). Üblicherweise werden jedoch bei Genussrechten typische Vermögensrechte von Gesellschaftern mit solchen von Gläubigern verknüpft. Das kann etwa durch die Vereinbarung einer Mindestverzinsung und/oder durch die Einschränkung bzw. den Ausschluss der Verlustbeteiligung erfolgen. Um die stl. Abzugsfähigkeit der Zahlungen auf Genussrechte nicht zu gefährden (vgl. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG; BFH-Urt. v. 19.01.1994, BB 1994, S. 1275 f.; BdF 1986, S. 667 f.), werden vielfach eine Beteiligung am Liquidationserlös ausgeschlossen und eine von der Finanzverwaltung damit wirtschaftlich gleich gestellte Laufzeit der Genussrechte von 30 Jahren und mehr vermieden.

Die Ausgabe von Genussrechten ist nicht auf die AG beschränkt. Sie können insbes. auch von GmbH, KG, Sparkassen und VVaG begeben werden (vgl. Lutter, M. 1988, S. 384, m. w. N.).

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