Rn. 1

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

§ 319a (a. F.) wurde ursprünglich durch das Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG) vom 04.12.2004 (BGBl. I 2004, S. 3166ff.) neu in das HGB eingefügt. Viele der damals neuen Regelungen waren erstmals für gesetzliche AP für nach dem 31.12.2004 begonnene GJ (regelmäßig gesetzliche AP des GJ 2005, die im Jahr 2006 durchgeführt worden sind) anzuwenden. Eine Veränderung – i. S.e. weiteren Verschärfung der Vorschriften – hat § 319a (a. F.) durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) vom 25.05.2009 (BGBl. I 2009, S. 1102ff.) erfahren. Im Nachgang zur Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2007ff. ging es hierbei insbesondere darum, das verloren gegangene Vertrauen in die AP wieder zurückzugewinnen. Doch auch danach gingen auf EU-Ebene die Bestrebungen zu einer Reform der AP weiter. Schlussendlich mündeten diese in der AP-VO (EU) Nr. 537/2014 vom 16.04.2014 über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse und zur Aufhebung des Beschlusses 2005/909/EG der Kommission (ABl. EU, L 158/77ff. vom 27.05.2014) sowie der AP-R 2006/43/EG vom 17.05.2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 84/253/EWG des Rates (ABl. EU, L 157/87ff. vom 09.06.2006) i. d. F. der R 2014/56/EU zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen (ABl. EU, L 158/196ff. vom 27.05.2014). Während die AP-VO unmittelbar rechtliche Geltung für alle EU-Mitgliedstaaten hat, mussten die Inhalte der AP-R von den nationalen Gesetzgebern jeweils in dort geltendes Recht übernommen werden. Deutschland hat dies mit dem Abschlussprüfungsreformgesetz (AReG) vom 10.05.2016 (BGBl. I 2016, S. 1142ff.) und dem Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz (APAReG) vom 31.03.2016 (BGBl. I 2016, S. 518ff.) getan. Die Umsetzung der prüfungsbezogenen Vorgaben – zu denen § 319a (a. F.) gehört – erfolgte mit dem AReG (vgl. zu einem Überblick bspw. Petersen/Zwirner/Boecker, DStR 2016, S. 984ff.; zur Entwicklung auf EU-Ebene auch BilR-HB (2018), § 319a HGB, Rn. 7ff.). Nicht zuletzt als Reaktion auf den sog. ­Wirecard-Skandal im Sommer 2020 hat der deutsche Gesetzgeber reagiert und entschieden, die bislang im deutschen Recht enthaltenen Erleichterungsmöglichkeiten von der Anwendung der sog. Black List (d. h. den verbotenen Nichtprüfungsleistungen gemäß AP-VO; vgl. HdR-E, HGB § 319a, Rn. 21ff.) abzuschaffen (vgl. BT-Drs. 19/26966, S. 102). Umgesetzt wurde dies durch den Wegfall von § 319a (a. F.) mit dem Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) vom 03.06.2021 (BGBl. I 2021, S. 1534ff.). Gemäß Art. 86 Abs. 1 EGHGB gilt der bisherige § 319a (a. F.) noch für alle gesetzlichen AP für vor dem 01.01.2022 beginnende GJ, d. h., er fällt nicht sofort weg; vielmehr betrifft die Vorschrift regelmäßig noch die GJ 2021 bzw. 2021/2022 und reicht damit u. U. noch weit in das Jahr 2022, sogar bis in das Jahr 2023 hinein (vgl. weiterführend HdR-E, HGB § 319a, Rn. 71ff.).

 

Rn. 2

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Unter Berücksichtigung der europarechtlichen Vorgaben wurde damit bezüglich der Beurteilung der AP-Unabhängigkeit im deutschen Recht noch mehr differenziert zwischen Regelungen, die für alle gesetzlichen AP von Bedeutung sind, und speziellen Vorgaben, die zusätzlich in Bezug auf die Prüfung von UN von öffentlichem Interesse (PIE) zu beachten sind (vgl. BilR-Komm. (2020), § 319a HGB, Rn. 4ff.; Bonner HGB-Komm. (2017), § 319a, Rn. 6). Die zuletzt genannten Anforderungen ergeben sich unmittelbar aus der AP-VO. Für die betroffenen UN war damit sicherzustellen, dass bei der Beurteilung des Vorliegens möglicher Ausschlussgründe beide Regelungskreise berücksichtigt werden: Neben den Anforderungen des § 319 mussten auch die zusätzlichen Vorgaben in § 319a (a. F.) sowie in der AP-VO Beachtung finden – künftig gilt die AP-VO vollumfänglich und ohne Erleichterungen. Den Belangen des Mittelstands soll Rechnung getragen werden, indem sowohl an die Prüfer als auch an die Prüfung bei PIE deutlich strengere Maßstäbe anlegt werden als bei der Prüfung von mittelständischen UN.

 

Rn. 3

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Die Inhalte des bisherigen § 319a (a. F.) sind bis zum Ende des Übergangszeitraums nach Art. 86 Abs. 1 EGHGB – der Überschrift des Paragrafen folgend – nur im Zusammenhang mit PIE zu beachten. Hierzu zählen i. S. d. Vorschrift die sog. kapitalmarktorientierten UN i. S. d. § 264d sowie sog. CRR-Kreditinstitute i. S. v. § 1 Abs. 3d Satz 1 KWG (mit Ausnahme der in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 KWG genannten Institute) und auch Versicherungs-UN i. S. v. Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 91/674/EWG. Die genannten CRR-Kreditinstitute sowie die Versicherungs-UN fallen also unabhängig von einer etwaigen Kapitalmarktorientierung unter die Regelungen des § 319a (a. F.). In einem Konzernverbund gilt, dass für jedes einzelne UN separat beurteilt werden mus...

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