Rn. 395

Stand: EL 27 – ET: 04/2018

Grundsätzliche Überlegungen: Wie die Vergangenheit gezeigt hat, kann es durchaus vorkommen, dass Kontrahenten von Sicherungsinstrumenten Insolvenz anmelden müssen (z. B. Lehman Brothers). Aus bilanzieller Sicht sind in diesem Zusammenhang v.a. von Interesse:

(1) die Abbildung der derivativen Finanzinstrumente, die aufgrund einer Vertragsverletzung beendet wurden;
(2) die Einbuchung von Forderungen bzw. Verbindlichkeiten gegenüber dem Kontrahenten;
(3) die Auswirkungen auf Sicherungsbeziehungen.

Wichtig ist zunächst die Beurteilung der rechtlichen Situation des Kontrahenten sowie der bestehenden Vertragsbeziehung (z. B. ob eine Vertragsverletzung vorliegt; welche Regelungen für den Fall der Insolvenz des Kontrahenten bestehen; welche Auswirkungen sich auf das Derivat ergeben, falls nicht der Kontrahent, sondern der Sicherheitengeber insolvent ist).

Bezüglich der mit dem Kontrahenten abgeschlossenen derivativen Finanzinstrumente ist zu prüfen, ob diese unter Bezugnahme auf ein Master Agreement bzw. eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen worden sind. Wurde mit dem Kontrahenten eine solche Vereinbarung getroffen, sind im Regelfall alle einzelnen Ansprüche und Verpflichtungen aus den Verträgen, die auf dem Master Agreement bzw. der Rahmenvereinbarung basieren, zu einem Betrag zusammenzufassen. Daher wird in diesem Fall nur der Nettobetrag aus allen mit dem Kontrahenten abgeschlossenen Geschäften als ein Ausgleichsanspruch bzw. eine Ausgleichsverbindlichkeit erfolgswirksam erfasst.

Wurde mit dem Kontrahenten kein Master Agreement bzw. keine Rahmenvereinbarung abgeschlossen, sind die je Derivat ermittelten Close-out-Beträge einzeln zu ermitteln und (jeweils) als Forderung oder Verbindlichkeit erfolgswirksam einzubuchen.

Für die Werthaltigkeit von Ausgleichsansprüchen ist von Bedeutung, ob ein sog. Credit Support Annex vereinbart wurde und welche Bestimmungen ggf. im Detail bestehen. Sind bspw. tägliche Margin Calls und niedrige Grenzen für eine zulässige Untersicherung vereinbart worden, wird die Höhe der Sicherheitsleistungen am Abrechnungstag annähernd dem Ausgleichsanspruch entsprechen, so dass dessen Werthaltigkeit gegeben sein dürfte. Wurde dagegen kein Credit Support Annex vereinbart oder wurden bspw. nur monatliche Margin Calls mit hohen Unterbesicherungsgrenzen vereinbart, sind die Ausgleichsansprüche ausfallgefährdet und damit nicht in voller Höhe werthaltig.

Freistehende Derivate (keine Bewertungseinheit): Am Abrechnungstag endet der Charakter eines Derivats als schwebendes Geschäft. Es entsteht ein Ausgleichsanspruch bzw. eine Ausgleichsverbindlichkeit gegenüber dem Kontrahenten. Der Ausweis erfolgt in Abhängigkeit vom Kontrahenten.

Bis zum Abrechnungstag richtet sich die Bewertung des Derivats (schwebendes Geschäft) nach den allg. Regelungen des HGB (Grundsatz der imparitätischen Einzelbewertung) unter Berücksichtigung des Kontrahentenrisikos sowie ggf. bestehender Sicherheiten.

Der Ausgleichsanspruch bzw. die Ausgleichsverbindlichkeit ist im Falle alleinstehender Derivate erfolgswirksam i. H. des erwarteten Erfüllungsbetrags einzubuchen. Bereits aktivierte bzw. passivierte Bestandteile des ehemals schwebenden Geschäfts (z. B. Drohverlustrückstellung für einen negativen Marktwert des Derivats, aktivierte oder passivierte Prämien oder abgegrenzte Beträge) sind gegen den Ausgleichsanspruch bzw. die Ausgleichsverbindlichkeit auszubuchen.

Ein Ausgleichsanspruch ist nicht in voller Höhe werthaltig, wenn der erwartete Erfüllungsbetrag unter dessen Nominalbetrag liegt; in diesem Fall ist nur der erwartete Erfüllungsbetrag ertragswirksam einzubuchen. Alternativ ist es zulässig, den nominellen Ausgleichsanspruch einzubuchen und anschließend auf den erwarteten Erfüllungsbetrag außerplanmäßig abzuschreiben. Die gewählte Vorgehensweise ist i. R.d. Darstellung der Bewertungsmethoden im Anhang zu erläutern (vgl. § 284 Abs. 2 Nr. 1) und stetig anzuwenden. Bei der Folgebewertung sind ggf. Wertberichtigungen nach § 253 Abs. 4 respektive § 340a Abs. 2 bzw. § 341a i. V. m. § 253 Abs. 4 vorzunehmen. Zu jedem (Zwischen-)Abschlussstichtag sind die Recovery Rate (= Rückzahlungs- bzw. Wiedergewinnungsquote bei Ausfall des Kontrahenten; Bruttorückfluss unter Berücksichtigung von Sicherheiten) und der Wert der Sicherheiten zu überprüfen.

Derivate, die Bestandteil einer Bewertungseinheit waren: Zum Abrechnungstag ist das Sicherungsinstrument (Derivat) beendet. Ab diesem Zeitpunkt ist es nicht mehr möglich, Grundgeschäft und Sicherungsinstrument nach den Regelungen für die Bewertungseinheit bilanziell abzubilden. Die Bewertungseinheit ist zu beenden.

Etwaige Ausgleichsansprüche und -verbindlichkeiten sind wie vorstehend dargestellt bilanziell abzubilden.

Soweit das Sicherungsinstrument i. R.d. Bilanzierung nach den Regelungen für Bewertungseinheiten bilanziell erfasst wurde (z. B. eine Drohverlustrückstellung gebildet oder eine Optionsprämie bezahlt oder vereinnahmt wurde), sind diese korrespondierenden Betr...

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