Rn. 24

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Die Ermittlung des zu versteuernden Gewinns als Bestandteil der Zahlungsbemessungsfunktion des JA ist nicht unmittelbarer, sondern mittelbarer Zweck des handelsrechtlichen JA. Aufgrund des in Deutschland geltenden Maßgeblichkeitsgrundsatzes (vgl. § 5 Abs. 1 EStG; im Übrigen HdR-E, Kap. 3) bildet der JA die Ausgangsbasis für die steuerrechtliche Gewinnermittlung. Dieser Zusammenhang zwischen HB und StB war unter der Ägide der sog. umgekehrten Maßgeblichkeit (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG (a. F.)) noch stärker ausgeprägt und führte zu einer Konkurrenz des Zwecks der Steuerbemessung, v.a. zum Zweck der Rechenschaftslegung gegenüber Außenstehenden. Dadurch, dass der Bilanzierende gezwungen war, zur Inanspruchnahme steuerrechtlicher Vergünstigungen (z. B. Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen, Sonder-AfA) in der HB Werte anzusetzen, die im Fall einer aktivischen Absetzung unter den nach handelsrechtlichen Grundsätzen an sich gebotenen Werten lagen, wurde der Einblick sowohl in die Vermögens- als auch in die Ertragslage wesentlich beeinträchtigt.

 

Rn. 25

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Dieser "Informationsschwund" (Leffson (1987), S. 108) konfligierte mit dem Ziel, das Informationsniveau des JA zu verbessern (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 34): Mit dem BilMoG wurde sodann das Rechtsinstitut der umgekehrten Maßgeblichkeit aus dem Gesetz verbannt. Dadurch hat sich das Handels- vom Steuerrecht (weiter) emanzipiert.

 

Rn. 26

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Die Entwicklung hin zu einem eigenständigen StB-Recht wurde zum einen durch die o. g. Aufgabe der umgekehrten Maßgeblichkeit gefördert, zum anderen hat der Gesetzgeber festgelegt, dass nicht nur rein steuerliche, sondern auch originär handelsrechtliche Wahlrechte, die korrespondierend im Steuerrecht bestehen, i. R.d. steuerlichen Gewinnermittlung prinzipiell neu und unabhängig ausgeübt werden dürfen (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG; BMF, Schreiben vom 12.03.2010, IV C 6 – S 2133/09/10001, BStBl. I 2010, S. 239ff. (Rn. 13, 16)). Der Grund für diese Entwicklung wird bisweilen darin gesehen, dass das Steuerrecht einzig den Zweck verfolgt, den Gewinn zur Messung der steuerlichen Leistungsfähigkeit zu ermitteln. So bezeichnet etwa Weber-Grellet HB und StB auch als "funktional inkompatibel" (Weber-Grellet, BB 1999, S. 2659 (2661)). Jedenfalls haben die bewussten Anordnungen des Steuer­gesetzgebers (z. B. §§ 5 Abs. 4a, 6a EStG) bewirkt, dass die "Einheitsbilanz für handels- und steuerbilanzielle Zwecke [...] weitgehend der Vergangenheit" (Prinz, StuB 2017, S. 91; ferner HdR-E, Kap. 3, Rn. 11ff.; Weber-Grellet, BB 2011, S. 43ff.) angehört.

 

Rn. 27

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Ungewiss erscheint, ob der Gesetzgeber langfristig daran festhalten wird, die "Vorzüge der Maßgeblichkeit des handelsrechtlichen Jahresabschlusses für die steuerliche Gewinnermittlung" (BT-Drs. 16/10067, S. 32) zu bewahren oder eine eigenständige steuerliche Gewinnermittlung favorisiert.

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