Rn. 88

Stand: EL 27 – ET: 04/2018

Die Bestandteile strukturierter Finanzinstrumente sind abgesehen von den in IDW RS HFA 22 (2015), Rn. 14f., genannten Fällen immer dann als separate VG (z. B. Forderungen, Wertpapiere) und Schulden (z. B. Verbindlichkeiten, Drohverlustrückstellungen) zu bilanzieren, wenn sie aufgrund des eingebetteten Derivats im Vergleich zum Basisinstrument wesentlich erhöhte oder zusätzliche (andersartige) Risiken oder Chancen aufweisen und die besonderen Voraussetzungen der sog. Rückausnahme (vgl. HdR-E, Kap 7, Rn. 85) nicht vorliegen (vgl. IDW RS HFA 22 (2015), Rn. 15; Kuhn/Hachmeister (2015), Teil I, Rn. 233ff.).

Solche wesentlich erhöhten oder zusätzlichen (andersartige) Risiken oder Chancen aufgrund des eingebetteten Derivats liegen bspw. in den folgenden Fällen vor (vgl. die Beispiele in IDW RS HFA 22 (2015), Rn. 16):

(1)

Das Basisinstrument ist mit einem Derivat verbunden, das einem über das Zinsrisiko hinausgehenden Marktpreisrisiko ausgesetzt ist (vgl. Kuhn/Hachmeister (2015), Teil I, Rn. 238ff., mit Beispielen); dies gilt insbesondere, wenn von der Währung des Basisinstruments abweichende Währungsrisiken (z. B. Währungsbestände bzw. künftige Währungs-Cashflows) bzw. Aktienkursrisiken (z. B. Aktienbestände bzw. Short-Positionen) begründet werden, ungeachtet der Tatsache, ob die Abwicklung durch physische Lieferung oder finanziellen Ausgleich erfolgt (z. B. Finanzinstrumente mit Rückzahlungswahlrecht in Aktien bzw. Währungen, Finanzinstrumente mit aktienindexabhängiger Rückzahlung).

Darüber hinaus gehören bspw. Rohstoffpreisrisiken bzw. Warenpreisrisiken zu den hier gemeinten Marktpreisrisiken (vgl. HdJ, Abt. I/13 (2014), Rn. 174).

Fremdwährungsanleihen, die originär in Fremdwährung begeben werden und deren Zins- und Tilgungszahlungen ebenso in Fremdwährung erfolgen, sind keine strukturierten Finanzinstrumente (vgl. IDW RS HFA 22 (2015), Rn. 3); sie sind nach § 256a zu bewerten.

Bei der Beurteilung der Trennungspflicht ist es unerheblich, ob es sich bei dem Referenzzinssatz, an den die Verzinsung des strukturierten Finanzinstruments gekoppelt ist, um einen Euro- oder Fremdwährungszinssatz handelt, da auch die Koppelung an einen Referenzzins aus einem fremden Währungsgebiet primär ein Zins- und kein Währungsrisiko darstellt.

(2)

Das Basisinstrument ist mit einem Derivat verbunden, das neben dem Bonitätsrisiko des Emittenten weiteren Risiken unterliegt, wie bspw. Wetterderivate, oder Katastrophenrisiken und sonstige Versicherungsrisiken kombinierende Anleihen sowie CLN bzw. ABS (Bonitätsrisiken eines Referenzaktivums).

Bei diesen Finanzinstrumenten wird davon ausgegangen, dass beim Eintritt des vertraglich definierten Ereignisses eine vollständige Rückzahlung des eingesetzten Kap. nicht mehr gewährleistet ist (vgl. HdJ, Abt. I/13 (2014), Rn. 177).

(3) Aufgrund des eingebetteten Derivats besteht die Möglichkeit einer Negativverzinsung (z. B. Reverse Floater ohne Mindestverzinsung); eine eingebettete Ober- oder Untergrenze auf Zinssätze eines Schuldinstruments ist nicht getrennt zu bilanzieren, wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags die Zinsobergrenze dem herrschenden Marktzins entspricht oder diesen übersteigt oder die Zinsuntergrenze dem herrschenden Marktzins entspricht oder diesen unterschreitet und die Zinsober- oder -untergrenze im Verhältnis zum Basisinstrument keine Hebelwirkung aufweist (vgl. Kuhn/Hachmeister (2015), Teil I, Rn. 253f.).
(4)

Das eingebettete Derivat, bei dem die Basisvariable (Underlying) ein Zinssatz oder ein Zinsindex ist, kann die anfängliche Rendite des Basisinstruments des Erwerbers mindestens verdoppeln und zu einer Rendite führen, die mindestens doppelt so hoch ist wie die Marktrendite für einen Vertrag mit den gleichen Bedingungen wie das Basisinstrument (sog. Double-Double-Test).

Betroffen sind bspw. Kapitalmarktfloater, Zinsphasen- oder Zinsdifferenzanleihen (vgl. HdJ, Abt. I/13 (2014), Rn. 179; Kuhn/Hachmeister (2015), Teil I, Rn. 257f.).

(5) Das eingebettete Derivat sieht bedingte oder unbedingte Abnahmeverpflichtungen für weitere Finanzinstrumente zu festgelegten Konditionen vor, so dass die Möglichkeit besteht, dass die Abnahme der weiteren Finanzinstrumente nicht zum künftigen beizulegenden Zeitwert erfolgt (vgl. HdJ, Abt. I/13 (2014), Rn. 180ff.; Kuhn/Hachmeister (2015), Teil I, Rn. 261). Eine Trennungspflicht existiert immer dann, wenn die Abnahmepflicht zu vorab festgelegten Bedingungen besteht. Hierunter fallen bspw. Multi-Tranchen-Anleihen (i. d. R. mit bedingten Abnahmeverpflichtungen ausgestattet) und Kuponanleihen mit Tilgungswahlrecht (der Emittent hat das Wahlrecht, die Rückzahlung durch Zahlung des Nominalwerts oder durch Andienung eines anderen Schuldinstruments vorzunehmen und der Investor ist zur Abnahme zu den vereinbarten Konditionen verpflichtet).
(6) Das eingebettete Derivat sieht Vereinbarungen zur Verlängerung der Laufzeit vor, ohne dass die Verzinsung an die aktuellen Marktkonditionen im Zeitpunkt der Verlängerung angepasst wi...

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