Rn. 306

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Trotz des im Gesetzgebungsverfahren zum BilMoG gesetzgeberseitig propagierten klarstellenden Charakters des in § 246 Abs. 1 Satz 2 erstmals handelsrechtlich kodifizierten Grundsatzes der Zurechnung von VG (vgl. BR-Drs. 344/08, S. 101) folgt die handelsrechtliche Zurechnungsvorschrift in ihrem Wortlaut nicht – wie vom BR vorgeschlagen (vgl. BR-Drs. 344/08B, S. 3) und im Schrifttum gefordert (vgl. Herzig, DB 2008, S. 1339 (1343)) – dem des § 39 AO. § 246 Abs. 1 Satz 2 ordnet parallel zu § 39 AO an, dass VG in die Bilanz des (zivilrechtlichen) Eigentümers aufzunehmen sind, es sei denn, der VG ist nicht dem Eigentümer, sondern einem anderen wirtschaftlich zuzurechnen; kontrastierend zu § 39 AO wird aber kein Maßstab für die "wirtschaftliche Zurechnung" formuliert. Da § 246 Abs. 1 Satz 2 ausweislich der RegB lediglich die bisherige, wesentlich durch die Dogmatik und Auslegung der Zurechnungsvorschrift des § 39 AO determinierte handelsrechtliche Rechtslage (vgl. ADS (1998), § 246, Rn. 266) zum Ausdruck bringen soll (vgl. BR-Drs. 344/08, S. 101; BT-Drs. 16/10067, S. 47; BT-Drs. 16/12407, S. 84), ist grds. von einer Inhaltsidentität der Normen auszugehen (vgl. ausdrücklich BT-Drs. 16/12407, S. 84, sowie z. B. Kühne/Melcher, DB 2009, Beilage Nr. 5 zu Heft 23, S. 15 (18); Mayer, DStR 2009, S. 762; Hoffmann, StuB 2010, S. 929; Scheffler (2018), Rn. 202f.; Beermann/Gosch (2020), § 39 AO, Rn. 21; OFD Münster, Verfügung vom 14.09.2012, Nr. 17/2012, BB 2012, S. 2749).

 

Rn. 307

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Die entwicklungsoffene Formulierung des § 246 Abs. 1 lässt gleichwohl Raum für eine – entsprechend der Zieldivergenzen zwischen HB und StB – künftig in Nuancen differenzierte Interpretation wirtschaftlichen Eigentums. Insbesondere bei Zunahme der IFRS-Prägung des Handelsrechts wird die Parallelität der personellen Zurechnung nach § 246 Abs. 1 Satz 2 und § 39 AO potenziell gestört (vgl. Herzig/Briesemeister, DB 2009, S. 926 (928); Kühne/Melcher, DB 2009, Beilage Nr. 5 zu Heft 23, S. 15 (17f.)). So wurde die ursprünglich geplante Fassung des § 246 im Gesetzgebungsverfahren zum BilMoG offensiv auf eine Annäherung an die IFRS gestützt (vgl. BMJ (2007), S. 93: "Mit der Neufassung des § 246 Abs. 1 Satz 1 soll eine Annäherung an die auch nach IFRS übliche wirtschaftliche Betrachtungsweise (substance over form) erreicht werden."); dieser IFRS-Rückgriff wurde im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens indessen aufgegeben. Gleichwohl sind die Wertungen des IDW ERS HFA 13 zu Einzelfragen zum Übergang von wirtschaftlichem Eigentum und zur Gewinnrealisierung nach HGB, der bereits seit 2006 im Entwurfsstadium verharrt und insbesondere wegen ertragsteuerlicher Bedenken bis dato nicht verabschiedet wurde, durch IFRS-Wertungen geprägt und korrespondieren z. T. nicht mit den Zurechnungsgrundsätzen, die Rspr., Finanzverwaltung und Schrifttum im bisherigen Gleichlauf von Handels- und Steuerrecht entwickelt haben. Darüber hinaus lässt IDW ERS HFA 13 explizit den (Mehrfach-)Ausweis von VG bei mehr als einem Bilanzierenden zu (vgl. IDW ERS HFA 13 (2006), Rn. 9; ebenso z. B. PwC-BilMoG (2009), Abschn. B, Rn. 14), was bereits handelsrechtlich insbesondere mit dem Vorsichtsprinzip, dem Vollständigkeitsgrundsatz und dem Grundsatz der Bilanzwahrheit nicht zur Deckung zu bringen, mit den Zurechnungsgrundsätzen nach § 39 AO jedenfalls unvereinbar ist.

 

Rn. 308

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Entwürfe von IDW-Stellungnahmen zur RL sind ohne Verbindlichkeitscharakter (auch der Empfehlungscharakter (vgl. noch IDW PS 201 (2009), Rn. 15) wurde aufgehoben); dennoch können sie i. R.d. Eigenverantwortlichkeit und des beruflichen Ermessens des WP berücksichtigt werden (vgl. IDW PS 201 (2021), Rn. 10; Moser/Weiser, WPg 2022, S. 116 (122)). Die ausstehende endgültige Verlautbarung des IDW RS HFA 13 wäre verbindlich zu beachten. Mit der auch für personelle Zurechnungsfragen gegebenen Maßgeblichkeit handelsrechtlicher GoB (HdR-E, Kap. 3, Rn. 46f.) erlangten die – von § 39 AO abweichenden – Wertungen zur wirtschaftlichen Vermögenszurechnung durch IDW (E)RS HFA 13 mittelbar auch steuerliche Relevanz, soweit die Zurechnungsanordnungen GoB-konform sind. Da dies bis dato in Teilen nicht der Fall ist, besteht insoweit Abweichungspotenzial zwischen HB und StB.

 

Rn. 309–320

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

vorläufig frei

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Küting, Handbuch der Rechnungslegung - Einzelabschluss (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge