Rn. 37

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Der Grundsatz der Vollständigkeit verlangt, dass im Lagebericht alle Angaben gemacht werden müssen, um eine Gesamtbeurteilung des Geschäftsverlaufs, der Lage und der voraussichtlichen Entwicklung des UN zu ermöglichen (vgl. DRS 20.12; überdies HdJ, Abt. IV/3 (1994), Rn. 9; ADS (1995), § 289, Rn. 39ff.; Beck Bil-Komm. (2020), § 289 HGB, Rn. 22). Positive und negative Aspekte dürfen nicht gegeneinander aufgerechnet werden. Ausführungen zu einem gleichen Sachverhalt in früheren GJ oder bereits anderweitig veröffentlichte Tatsachen (z. B. Art. 17 MMVO) entbinden nicht von der Darstellungspflicht im Lagebericht (vgl. DRS 20.15). Es ist jedoch nicht erforderlich, lückenlos über alle Geschäftsvorfälle, Entwicklungen und Ereignisse zu berichten. Vielmehr wird der Grundsatz der Vollständigkeit durch den Grundsatz der Wesentlichkeit begrenzt (vgl. DRS 20.32; ADS (1995), § 289, Rn. 40). Danach sind im Lagebericht nur solche Tatbestände zu berichten, welche die Entscheidungen der Adressaten beeinflussen können und nicht oder nicht hinreichend aus dem JA hervorgehen. Tatbestände, die für die Lageberichtsadressaten keine Bedeutung besitzen, können vernachlässigt werden. Weiterhin wird der Vollständigkeitsgrundsatz in einigen besonderen Fällen infolge berechtigter Schutzinteressen des UN oder wegen Verschwiegenheitspflichten der UN-Leitung eingeschränkt (vgl. dazu HdR-E, HGB §§ 289, 289a–f, Rn. 58ff.).

 

Rn. 38

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Ob und wie über einen bestimmten Sachverhalt zu berichten ist, muss sich nach dessen quantitativer und qualitativer Bedeutung für die wirtschaftlichen Verhältnisse des UN richten (vgl. HdJ, Abt. IV/3 (1994), Rn. 9). Zu berücksichtigen sind dabei die Größe, Struktur und Branche des UN, insbesondere aber auch dessen wirtschaftliche Lage. Gerade in Krisenzeiten oder in Zeiten einer allg. angespannten wirtschaftlichen Lage ist eine umfangreichere Berichterstattung geboten (vgl. HdJ, Abt. IV/3 (1994), Rn. 9).

 

Rn. 39

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Der Grundsatz der Vollständigkeit besagt nichts über die Art der Angaben im Lagebericht, sondern nur, dass über alle wesentlichen Sachverhalte berichtet werden muss. Ob dies anhand von Zahlenangaben erfolgt, durch verbale Beschreibung oder mit Hilfe von Schaubildern, liegt grds. im Ermessen des Berichtspflichtigen. DRS 20 verlangt jedoch für manche Sachverhalte quantitative Angaben.

 

Rn. 40

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Die Vollständigkeit des Lageberichts wird durch die in den §§ 289, 289a, 289b und 289f kodifizierten Verweismöglichkeiten auf Berichtselemente außerhalb des Lageberichts nicht beeinträchtigt. Jene Verweise dienen allein zur Vermeidung von Redundanzen zwischen dem Lagebericht und anderen Berichtsteilen und sind im Gesetz abschließend geregelt. Möglich sind dabei Verweise vom Lagebericht auf

  • bestimmte Angaben zu übernahmerechtlichen Sachverhalten im Anhang (vgl. § 289a Satz 1 Nr. 1, 3 und 9),
  • einen gesonderten nichtfinanziellen Bericht, der zusammen mit dem Lagebericht offengelegt oder auf der Internetseite des UN veröffentlicht wird (vgl. § 289b Abs. 3),
  • die Erklärung zur UN-Führung auf der Internetseite des UN (vgl. § 289f Abs. 1 Satz 2).

Darüber hinausgehende Verweise, die obligatorische Angaben in andere Berichte verlagern (sog. "ersetzende" Verweise), sind nicht zulässig und führen zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Vollständigkeit. Dies gilt auch dann, wenn durch analoge Berichtspflichten z. B. zwischen Anhang und Lagebericht Doppelangaben entstehen, wie bspw. bei den Angaben zu Risiken aus der Verwendung von Finanzinstrumenten. Hier kann lediglich auf weiterführende Details vom Lagebericht auf den Anhang verwiesen werden (sog. "weiterführende" Verweise).

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