Entscheidungsstichwort (Thema)

Fertigungsgemeinkosten und Materialgemeinkosten als Teile der Herstellungskosten

 

Leitsatz (amtlich)

Zur steuerrechtlichen Gewinnermittlung sind in die Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern auch angemessene Teile der notwendigen Material- und Fertigungsgemeinkosten einzubeziehen.

 

Orientierungssatz

1. § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB enthält jedenfalls insoweit eine zutreffende Umsetzung des Art. 35 Abs. 3 Buchst. b i.V.m. Art. 39 der EWGRL 660/78, als die Einbeziehung angemessener Teile der notwendigen Fertigungsgemeinkosten, Materialgemeinkosten und des Wertverzehrs des Anlagevermögens, soweit durch die Fertigung veranlaßt, zugelassen wird. Ob Art. 35 Abs. 3 EWGRL 660/78 auch in jeder anderen Hinsicht richtlinienkonform transformiert worden ist, kann im Streitfall offen bleiben.

2. Die Frage, welche Auswirkungen das handelsrechtliche Wahlrecht des § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB für die steuerliche Gewinnermittlung hat, ist nicht Gegenstand der EWGRL 660/78, so daß es insoweit nicht der Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH gem. Art. 177 des Vertrages zur Gründung der EWG bedarf.

3. Einer Vorabentscheidung des EuGH gem. Art. 177 EWG-Vertrag bedarf es nicht, wenn und soweit der Inhalt der in Betracht kommenden gemeinschaftsrechtlichen Regelung derart offenkundig ist, daß für einen vernünftigen Zweifel an der Entscheidung der gestellten Frage kein Raum bleibt (vgl. Rechtsprechung des EuGH, BGH und BVerfG sowie Literatur).

 

Normenkette

EStG § 5 Abs. 6, § 6 Abs. 1 Nr. 2; HGB § 255 Abs. 2 S. 3; EWGRL 660/78 Art. 35 Abs. 3 Buchst. b, Art. 39; EStR Abschn. 33; EWGVtr Art. 177

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG (Entscheidung vom 21.02.1991; Aktenzeichen XIII 167/90)

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt ein Heizungs- und Lüftungsbauunternehmen. In ihrer Bilanz zum 31.Dezember 1987 bewertete sie die zum Umlaufvermögen gehörenden unfertigen Erzeugnisse mit 182 236 DM. In diesem Betrag waren Fertigungs- und Materialgemeinkosten nicht berücksichtigt.

Nach einer Betriebsprüfung erhöhte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den Bilanzwert der unfertigen Erzeugnisse um Fertigungs- und Materialgemeinkosten in Höhe von 30 757 DM. Im Gewinnfeststellungsbescheid für 1987 vom 20.Juli 1989 wurde der Gewinn entsprechend höher festgesetzt. Der Einspruch dagegen wurde mit Einspruchsentscheidung vom 7.Februar 1990 als unbegründet zurückgewiesen.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage dagegen als unbegründet ab (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1991, 655). Das FG war der Auffassung, das FA habe die Fertigungs- und Materialgemeinkosten zu Recht zu den aktivierungspflichtigen Herstellungskosten gerechnet. Dies ergebe sich aus § 255 Abs.2 Satz 3 des Handelsgesetzbuchs (HGB) i.V.m. den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Bedeutung eines handelsrechtlichen Wahlrechts für das Steuerrecht.

Dagegen richtet sich die vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs.2 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) zugelassene Revision der Klägerin, mit der Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.

Die Klägerin ist der Auffassung, die handelsrechtliche Begriffsbestimmung für die Herstellungskosten in § 255 Abs.2 Satz 1 HGB sei auch für die Besteuerung maßgebend. Dies habe zur Folge, daß die handelsrechtlich tatsächlich angesetzten Herstellungskosten auch für Zwecke der steuerrechtlichen Gewinnermittlung zu übernehmen seien.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet und wird deshalb zurückgewiesen (§ 126 Abs.2 FGO).

Zutreffend haben FA und FG die Material- und Fertigungsgemeinkosten zu den Herstellungskosten der unfertigen Erzeugnisse am Bilanzstichtag (31.Dezember 1987) gerechnet und den Gewinn des Streitjahres entsprechend erhöht.

I. 1. Nach § 6 Abs.1 Nr.2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind die dort bezeichneten Wirtschaftsgüter, zu denen auch die Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens und damit (vgl. § 266 Abs.2 HGB --B I.2 des Gliederungschemas--) auch die unfertigen Erzeugnisse gehören (Senatsurteil vom 23.November 1978 IV R 20/75, BFHE 126, 448, BStBl II 1979, 143), mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Ansatz mit den Herstellungskosten bedeutet, daß die Wirtschaftsgüter grundsätzlich mit den vollen Herstellungskosten anzusetzen sind. Das Gesetz läßt nach seinem klaren Wortlaut nicht zu, daß die Wirtschaftsgüter nur mit einem Teil ihrer Anschaffungs- oder Herstellungskosten angesetzt werden dürfen, es somit im Belieben des Steuerpflichtigen liege, Teile der Herstellungskosten zu aktivieren, von der Aktivierung anderer Teile der Herstellungskosten aber abzusehen. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (vgl. z.B. BFH-Entscheidungen vom 5.August 1958 I 70/57 U, BFHE 67, 306, BStBl III 1958, 392; vom 15.Februar 1966 I 103/63, BFHE 85, 496, BStBl III 1966, 468; vom 31.Juli 1967 I 219/63, BFHE 90, 128, BStBl II 1968, 22; vom 21.Januar 1971 IV R 51/69, BFHE 101, 224, BStBl II 1971, 304; vom 26.Februar 1975 I R 72/73, BFHE 115, 243, BStBl II 1976, 13; vgl. auch Gutachten des Reichsfinanzhofs --RFH-- vom 4.Februar 1939 GrS D 7/38, RStBl 1939, 321, und des BFH vom 26.Januar 1960 I D 1/58 S, BFHE 70, 508, BStBl III 1960, 191). Der Herstellungsvorgang ist danach uneingeschränkt als Vermögensumschichtung zu behandeln. Hieran wird festgehalten. Die Besteuerungspraxis ist dem gefolgt (vgl. Abschn.33 der Einkommensteuer-Richtlinien --EStR--).

2. Das EStG selbst enthält, worauf die Klägerin insoweit zutreffend hingewiesen hat, keine Bestimmung des Begriffs der Herstellungskosten. Eine solche Begriffsbestimmung enthält jedoch die Vorschrift des § 255 Abs.2 HGB, die im Streitjahr (1987) anzuwenden ist (vgl. Art.23 Abs.1 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch --EGHGB-). Herstellungskosten sind danach die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen (§ 255 Abs.2 Satz 1 HGB). Dazu gehören gemäß § 255 Abs.2 Satz 2 HGB die Materialkosten, die Fertigungskosten und die Sonderkosten der Fertigung. Bei der Berechnung der Herstellungskosten dürfen auch angemessene Teile der notwendigen Materialgemeinkosten, der notwendigen Fertigungsgemeinkosten und des Wertverzehrs des Anlagevermögens, soweit er durch die Fertigung veranlaßt ist, eingerechnet werden (§ 255 Abs.2 Satz 3 HGB). Auch bei den Gemeinkosten i.S. des § 255 Abs.2 Satz 3 HGB handelt es sich um Kosten, die ihrer Art nach Herstellungskosten sind. Denn die Fertigungs- und Materialgemeinkosten haben mit den Fertigungs- und Materialeinzelkosten gemeinsam, daß sie ebenso wie diese Aufwendungen für Güter, Leistungen und Dienste sind, die durch den Herstellungsvorgang veranlaßt sind. Der wesentliche Unterschied zwischen den Einzel- und den Gemeinkosten besteht nur darin, daß die Einzelkosten den herzustellenden Vermögensgegenständen unmittelbar, nämlich aufgrund eines eindeutigen und nachweisbaren quantitativen Zusammenhangs zugerechnet werden können, während die Gemeinkosten nicht unmittelbar in das Produkt eingehen, sondern nur über eine Schlüsselung oder Umlage zu den herzustellenden Vermögensgegenständen in Beziehung gebracht werden können (vgl. Stellungnahme des Hauptfachausschusses --HFA-- 5/91 des Instituts der Wirtschaftsprüfer --IdW--, Die Wirtschaftsprüfung --WPg--1992, 94. In diesem Sinne wurde der Begriff der Herstellungskosten auch schon vor dem Inkrafttreten des § 255 Abs.2 HGB bestimmt (vgl. Gutachten RStBl 1939, 321, 322; BFHE 70, 508, BStBl III 1960, 191). Zu Überbewertungen kommt es durch die Einbeziehung der Gemeinkosten in die Herstellungskosten nicht. Zu den Herstellungskosten gehören nämlich nur angemessene Teile der notwendigen Gemeinkosten. Angemessen bedeutet, daß nur derjenige Teil der Gemeinkosten einem bestimmten Produkt zugerechnet werden kann, der auf seine Herstellung entfällt, d.h. die Zurechnung muß vernünftigen betriebswirtschaftlichen Kriterien entsprechen. Bei einzelnen Aufwendungen, bei denen aus betriebswirtschaftlicher Sicht die Zugehörigkeit zu den Fertigungsgemeinkosten zweifelhaft ist, kann eine Aktivierungspflicht entfallen (vgl. Urteil in BFHE 67, 306, BStBl III 1958, 392 zur Gewerbesteuer auf den Gewerbeertrag). Eine willkürliche, nur nach "Verträglichkeit" ausgerichtete Zurechnung ist dadurch ausgeschlossen (Adler/ Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen 5.Aufl., § 255 HGB Tz.190). Wertminderungen kann oder muß durch den Ansatz des niedrigeren Werts (§ 253 Abs.3 HGB) bzw. des niedrigeren Teilwerts (§ 6 Abs.1 Nr.2 Satz 2 EStG) Rechnung getragen werden.

3. Die handelsrechtliche Begriffsbestimmung, nach der auch angemessene Teile der notwendigen Fertigungs- und Materialgemeinkosten zu den Herstellungskosten gehören, gilt auch für die Bestimmung des Herstellungskostenbegriffs in § 6 EStG (Beschluß des Großen Senats des BFH vom 4.Juli 1990 GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830, 833).

4. Nach § 255 Abs.2 Satz 3 HGB ist der Kaufmann nicht verpflichtet, sondern berechtigt, Materialgemeinkosten, Fertigungsgemeinkosten und den durch die Fertigung veranlaßten Wertverzehr des Anlagevermögens bei der Berechnung der Herstellungskosten einzurechnen. Die Gemeinkosten dürfen eingerechnet werden. Das bedeutet, daß insoweit ein Einbeziehungswahlrecht besteht. Dieses Wahlrecht besteht jedoch nur für die Bewertung in der Handelsbilanz, nicht bei der steuerlichen Gewinnermittlung. Bei der steuerlichen Gewinnermittlung sind nach § 6 Abs.1 Nr.2 Satz 1 EStG die Herstellungskosten anzusetzen, also grundsätzlich alle Aufwendungen, die ihrer Art nach Herstellungskosten sind (vgl. unter 1.). Dazu gehören auch die in § 255 Abs.2 Satz 3 HGB umschriebenen Gemeinkosten. Die steuerrechtliche Bewertungsvorschrift geht wegen des Vorbehalts in § 5 Abs.6 (früher: Abs.5) EStG der handelsrechtlichen Regelung vor (vgl. auch BFH-Beschluß vom 12.Juni 1978 GrS 1/77, BFHE 125, 516, 526, BStBl II 1978, 620, 625), und zwar auch und gerade dann, wenn im Einzelfall der Kaufmann aufgrund des handelsrechtlichen Bewertungswahlrechts vom Ansatz der Gemeinkosten als Teil der Herstellungskosten in der Handelsbilanz absieht. Der Grundsatz der sog. formellen Maßgeblichkeit der Handelsbilanz, der die Bindung an den konkreten Wertansatz in der Handelsbilanz vorsieht (vgl. BFH-Urteile vom 25.April 1985 IV R 83/83, BFHE 144, 25, BStBl II 1986, 350; vom 24.Januar 1990 I R 17/89, BFHE 160, 155, BStBl II 1990, 681), gilt insoweit nicht. Daran hat sich auch durch die Vorschrift des § 5 Abs.1 Satz 2 EStG (mit Wirkung ab dem Wirtschaftsjahr 1990 bzw. 1989/90) nichts geändert. Die Vorschrift betrifft den Fall, daß nach Handels- wie nach Steuerrecht ein inhaltsgleiches Bilanzierungswahlrecht besteht; ein steuerrechtliches Bewertungswahlrecht besteht indes, wie dargelegt, für die Einbeziehung der Gemeinkosten in die Herstellungskosten nach § 6 EStG nicht.

5. Diese Rechtsauslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck der steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften. Zur Ausübung handelsrechtlicher Bilanzierungswahlrechte, die sich auf den Ansatz von Vermögensgegenständen/Wirtschaftsgütern dem Grunde nach beziehen, hat der BFH in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß ein handelsrechtliches Ansatzwahlrecht für die steuerliche Gewinnermittlung zur Aktivierungspflicht führt (vgl. BFH-Beschluß vom 3.Februar 1969 GrS 2/68, BFHE 95, 31, BStBl II 1969, 291; BFH-Urteile vom 26.Februar 1975 I R 72/73, BFHE 115, 243, BStBl II 1976, 13; vom 3.Dezember 1980 I R 125/77, BFHE 132, 80, BStBl II 1981, 184; vom 12.April 1984 IV R 112/81, BFHE 141, 45, BStBl II 1984, 554; vom 21.April 1988 IV R 47/85, BFHE 153, 545, BStBl II 1989, 722; vom 8.März 1989 X R 9/86, BFHE 156, 443, BStBl II 1989, 714). Damit wird entsprechend der steuerrechtlichen Zielsetzung, nach Möglichkeit grundsätzlich den vollen Periodengewinn als Einkommen zu erfassen und zu besteuern, verhindert, daß der Kaufmann durch Nichtaktivierung von Vermögensgegenständen/Wirtschaftsgütern, die nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung in der Bilanz ausgewiesen werden dürfen, stille Reserven bildet und insoweit das vorhandene Vermögen nicht bilanziell erfaßt und so den zu versteuernden Gewinn mindert. Dieser Grundsatz gilt gleichermaßen für Aktivierungswahlrechte, die nach dem Bilanzrichtlinien-Gesetz hinsichtlich des Ansatzes von Vermögensgegenständen/Wirtschaftsgütern und Rechnungsabgrenzungsposten noch bestehen. Er steht in einem engen inneren Zusammenhang mit dem Verhältnis der steuerrechtlichen zu den handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften. Im Beschluß BFHE 95, 31, BStBl II 1969, 291 hat der Große Senat darauf hingewiesen, daß die steuerrechtliche Regelung über die Bewertung der Wirtschaftsgüter der Bildung stiller Reserven durch die nach Handelsrecht mögliche Unterbewertung von Wirtschaftsgütern einen Riegel vorschiebt. Dieser Grundgedanke, der das Verhältnis zwischen handels- und steuerrechtlichem Bewertungsrecht bestimme, sei auch auf die Frage der Aktivierung und Passivierung dem Grunde nach anzuwenden. Damit erweist sich, daß handelsrechtliche Wahlrechte, auch soweit sie sich nicht auf den Ansatz von Wirtschaftsgütern dem Grunde nach, sondern auf die Bewertung der Wirtschaftsgüter beziehen, steuerrechtlich zum Ansatz des höchsten nach Handels- und Steuerrecht zulässigen Werts führen, soweit nicht auch nach Steuerrecht ein entsprechendes Bilanzierungswahlrecht besteht.

6. Im Streitfall hat das FG nicht festgestellt, welche Kosten im einzelnen das FA als Fertigungs- und Materialgemeinkosten in die Herstellungskosten der unfertigen Erzeugnisse einbezogen hat. Mangels gegenteiligen Vorbringens der Beteiligten geht der Senat für die Entscheidung davon aus, daß das FA nur solche Kosten aktiviert hat, die nach § 255 Abs.2 Satz 3 HGB als Herstellungskosten erfaßt werden dürfen und nach Abschn.33 Abs.1 bis 4 EStR erfaßt werden müssen. Bei dieser Sachlage kann der Senat offenlassen, ob entsprechend einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (vgl. Seeger, Steuerberater-Jahrbuch --StbJb-- 1987/88, 91; Mathiak, JdStJG 1984, 97, 114, 115; Schulze-Osterloh, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 1991, 284, 289) entgegen Abschn.33 Abs.5 EStR auch die in § 255 Abs.2 Satz 4 HGB umschriebenen Kosten (ganz oder teilweise) als Teil der Herstellungskosten aktiviert werden müßten. Im Streitfall stünde der Erfassung solcher Kosten und der damit verbundenen Gewinnerhöhung das Verböserungsverbot entgegen.

II. Der Senat ist nicht verpflichtet, eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) gemäß Art.177 Abs.1 Buchst.b und Abs.2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft herbeizuführen. Einer Vorabentscheidung des EuGH bedarf es nicht, wenn und soweit der Inhalt der in Betracht kommenden gemeinschaftsrechtlichen Regelung derart offenkundig ist, daß für einen vernünftigen Zweifel an der Entscheidung der gestellten Frage kein Raum bleibt (EuGH-Urteil vom 6.Dezember 1982 Rs 283/81, EuGHE 1982, 3415, 3430; Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 15.November 1990 II ZR 164/88, Der Betrieb --DB-- 1990, 311, 315; Urteil des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 27.August 1991 2 BvR 276/90, DB 1991, 2230). Nach Auffassung des Senats kann nicht zweifelhaft sein, daß die deutsche handelsrechtliche Regelung in § 255 Abs.2 Satz 3 HGB jedenfalls insoweit eine zutreffende Umsetzung des Art.35 Abs.3 Buchst.b i.V.m. Art.39 der Vierten Richtlinie des Rates vom 25.Juli 1978 (EWGRL 78/660) aufgrund von Art.54 Abs.3 Buchst.g des Vertrages über den Jahresabschluß von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 222 vom 14.August 1978 S.11) enthält, als die Einbeziehung angemessener Teile der notwendigen Fertigungsgemeinkosten, Materialgemeinkosten und des Wertverzehrs des Anlagevermögens, soweit durch die Fertigung veranlaßt, zugelassen wird. Bei dem in § 255 Abs.2 Satz 3 HGB angesprochenen Gemeinkosten einschließlich der Abschreibungen handelt es sich um nur mittelbar zurechenbare Kosten im Sinne der Richtlinienregelung (vgl. unter I. 2). Ob Art.35 Abs.3 EWGRL 78/660 auch in jeder anderen Hinsicht richtlinienkonform transformiert worden ist (vgl. dazu Hartung, Betriebs-Berater --BB-- 1992, 2392), ist für den Streitfall nicht entscheidungserheblich. Die weitere Frage, um die es im Streitfall geht, nämlich die Frage, welche Auswirkungen das handelsrechtliche Wahlrecht des § 255 Abs.2 Satz 3 HGB für die steuerliche Gewinnermittlung hat, ist nicht Gegenstand der gemeinschaftsrechtlichen Regelung (vgl. in diesem Sinne auch Meyer-Arndt, BB 1993, 1623, 1627).

Danach war die Revision der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 64791

BStBl II 1994, 176

BFHE 172, 462

BFHE 1994, 462

BB 1994, 113

BB 1994, 113-115 (LT)

DB 1994, 121-122 (LT)

DStR 1994, 164 (KT)

DStZ 1994, 155 (KT)

HFR 1994, 195-196 (LT)

StE 1994, 27 (K)

WPg 1994, 247 (L)

StRK, R.59 (LT)

FR 1994, 118 (KT)

Information StW 1994, 154 (KT)

NJW 1994, 1087

NJW 1994, 1087-1088 (LT)

KFR, 1/94, S 125-126 (H 5/1994) (LT)

NWB, Fach 3 8965 (12/1994) (T)

BBK, Fach 17 1523 (4/1994)

WiB 1994, 234-235 (LT)

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