- Produkthaftung und mögliche Kosten
- Bildung einer Rückstellung in der Handelsbilanz
- Nicht als Rückstellung auszuweisende Tatbestände
- Rückstellung für Produkthaftung in der Steuerbilanz

Der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz gilt prinzipiell auch für die Rückstellung für Produkthaftung. Bei Übernahme des Handelsbilanzwerts in die Steuerbilanz sind allerdings Ausnahmen zu beachten.
Erstattung durch Dritte
Viele Unternehmen versuchen, ihr Produkthaftungsrisiko durch entsprechende Versicherungen abzudecken. Zu erwartende Versicherungsleistungen sind in der Steuerbilanz nicht als Forderungen auszuweisen, sondern mindern im Schadensfall die Kosten und somit auch die Höhe der zu bildenden Rückstellung. Gleiches gilt für die Fälle, in denen der eigene Aufwand durch Rückgriff auf Dritte, zum Beispiel dem Zulieferer, reduziert werden kann.
Praxis-Beispiel: Rückstellungsberechnung bei bestehendem Versicherungsanspruch
Ein Hersteller von Fernsehgeräten hat sich gegen Produkthaftungsansprüche versichert. Nach den Vertragsbestimmungen übernimmt die Versicherung bei jedem Schadensfall 50 % der Kosten, maximal 30.000 EUR. Die Rückstellung wird wie folgt berechnet:
Entschädigung für zerstörte Wohnungseinrichtung | 40.000 EUR |
+ Schmerzensgeld für die erlittenen Verletzungen | 25.000 EUR |
+ Arzt- und Krankenhauskosten | 12.000 EUR |
+ Honorar Sachverständiger | 3.000 EUR |
+ Sonstige Kosten | 3.000 EUR |
= Gesamt | 85.000 EUR |
– Versicherungsleistung (50 %, begrenzt auf maximal 30.000 EUR) | 30.000 EUR |
Rückstellung für Produkthaftung | 55.000 EUR |
Abzinsung
Das Steuerrecht sieht für die Abzinsung von Rückstellungen mit einer Laufzeit von mehr als zwölf Monaten einen Zinssatz von 5,5 % vor. Für die Handelsbilanz ist die Abzinsung dagegen mit den von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätzen vorzunehmen.
Da es am Bilanzstichtag häufig nicht möglich sein wird, den Erfüllungszeitpunkt genau festzustellen, muss dieser Termin nach den Umständen des Einzelfalls im Schätzungsweg ungefähr bestimmt werden.
Praxis-Tipp: Finanzverwaltung vereinfacht die Berechnung
Die verbleibende Laufzeit einer Rückstellung am Bilanzstichtag ist auf den Tag genau zu berechnen. Dabei kann aus Vereinfachungsgründen das Kalenderjahr mit 360 Tagen, jeder volle Monat mit 30 Tagen, der Monat, in dem der Fälligkeitstag liegt, mit der Anzahl der tatsächlichen Tage einschließlich des Fälligkeitstags, höchstens jedoch mit 30 Tagen gerechnet werden.
Praxis-Beispiel: Ermittlung des Abzinsungsbetrags
Der Hersteller eines im Oktober 01 implodierten Fernsehgeräts hat nach Vorlage eines Sachverständigenberichts seine Produkthaftung eingeräumt und ermittelt nach der abgeschlossenen Abwicklung des Schadensfalls im Februar 03 die in diesem Zusammenhang angefallenen Aufwendungen:
Entschädigung für zerstörte Wohnungseinrichtung | 40.000 EUR |
+ Schmerzensgeld für die erlittenen Verletzungen | 25.000 EUR |
+ Arzt- und Krankenhauskosten | 12.000 EUR |
+ Honorar Sachverständiger | 3.000 EUR |
+ Sonstige Kosten | 3.000 EUR |
= Gesamt | 85.000 EUR |
Da die Zahlung erst im Jahr 03 erfolgt, der Schaden wirtschaftlich aber bereits im Jahr 01 entstanden ist und zum Bilanzstichtag ernsthaft mit der Inanspruchnahme zu rechnen war, musste bereits zum 31.12.01 eine Rückstellung in Höhe von 85.000 EUR gebildet werden.
Abzinsung der Rückstellung zum 31.12.01:
Es wird unterstellt, dass zu diesem Zeitpunkt absehbar war, dass der Schadensfall bis spätestens 31.12.02 abgerechnet sein wird. Somit beträgt die verbleibende Laufzeit der Rückstellung zwölf Monate. Nach dem BMF-Schreiben vom 26.5.2005 ergibt sich ein Vervielfältiger für ein Jahr von 0,948.
Ansatz Steuerbilanz: 85.000 EUR × 0,948 = 80.580 EUR
Abzinsung der Rückstellung zum 31.12.02
Der Schadensfall wurde im Februar 03 durch Zahlung erledigt. Die Rückstellung ist in der Steuerbilanz zum 31.12.02 ohne Abzinsung zu passivieren, da die Laufzeit am Bilanzstichtag bei weniger als zwölf Monaten lag. Der Rückstellungswert beträgt somit zum 31.12.02 sowohl in der Handels- wie in der Steuerbilanz 85.000 EUR.
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Schlagworte zum Thema: Steuerbilanz, Produkthaftung, Abzinsung, Rückstellung, Schadensfall, Handelsrecht
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