Rz. 61

Sachlich umfasst IAS 20 die bilanzielle Behandlung von Zuwendungen der öffentlichen Hand (government grants) beim Zuwendungsempfänger sowie die damit verbundenen Angabepflichten. Zudem sind Vorschriften zu Anhangangaben bilanziell nicht erfassbarer staatlicher Beihilfen (government assistance) enthalten.[1]

Explizit vom Anwendungsbereich des IAS 20 ausgeschlossen sind:

  • Fragestellungen betreffend die Bilanzierung von Zuwendungen der öffentlichen Hand in Jahresabschlüssen, die unter Berücksichtigung der Auswirkungen von Preisänderungen aufgestellt werden;[2]
  • öffentliche Beihilfen, die in Form von Ertragsteuervergünstigungen gewährt werden;[3]
  • die Beteiligung der öffentlichen Hand an privatwirtschaftlichen Unternehmen;[4]
  • Zuwendungen der öffentlichen Hand, für die IAS 41 einschlägig ist.[5]
 

Rz. 62

Zwecks Konkretisierung des beschriebenen Geltungsbereichs bzw. zweckentsprechender Anwendung des Standards werden in IAS 20.3 mitunter folgende Begriffe definiert:

  • Neben Regierungsbehörden werden unter den Begriff "öffentliche Hand" (government) Institutionen, die mit der Ausübung hoheitlicher Aufgaben betraut sind, sowie ähnliche Körperschaften subsumiert. Für die Beurteilung der Zugehörigkeit einer Einrichtung zur "öffentlichen Hand" ist es unerheblich, ob diese auf lokaler, regionaler, nationaler oder supranationaler Ebene agiert.[6]
  • Unter "Beihilfen der öffentlichen Hand" (government assistance) werden solche wirtschaftlichen Vorteile verstanden, die bei Erfüllung vorgegebener Kriterien einem bzw. mehreren Unternehmen unmittelbar[7] von Einrichtungen der öffentlichen Hand gewährt werden. Durch diesen wirtschaftlichen Vorteil soll der Beihilfeempfänger zu einem Verhalten motiviert werden, das er ohne Gewährung der Beihilfe nicht an den Tag gelegt hätte.[8]

"Zuwendungen der öffentlichen Hand"[9] (government grants) stellen eine Unterform öffentlicher Beihilfen dar. Dem Zuwendungsempfänger werden Mittel[10] als Ausgleich für die Erfüllung bestimmter, im Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit stehender Bedingungen[11] übertragen. Der Zeitpunkt der Erfüllung der vorgegebenen Kriterien durch den Zuwendungsempfänger kann dabei sowohl vor als auch nach dem Zeitpunkt der Zuwendungsgewährung liegen.

Der Standard systematisiert die Zuwendungen der öffentlichen Hand weiter in "Zuwendungen für Vermögenswerte" (grants related to assets) und "erfolgsbezogene Zuwendungen" (grants related to income). Erstere sind dadurch gekennzeichnet, dass ihre Gewährung an die Hauptbedingung der Anschaffung oder Herstellung langfristiger Vermögenswerte geknüpft ist. Die in Deutschland gemeinhin bekannten steuerpflichtigen Investitionszuschüsse und steuerfreien Investitionszulagen stellen demnach in der Terminologie des IAS 20 Zuwendungen für Vermögenswerte dar.[12] Unter erfolgsbezogenen Zuwendungen werden demgegenüber Subventionen verstanden, die – negativ abgegrenzt – nicht die Voraussetzungen von Zuwendungen für Vermögenswerte erfüllen.

[1] Vgl. IAS 20.1.
[2] Vgl. IAS 20.2(a).
[3] Vgl. IAS 20.2(b). Hierunter fallen bspw. Steuerstundungen, Sonderabschreibungen, erhöhte Absetzungen etc.
[5] Vgl. IAS 20.2(d).
[6] Nach herrschender Meinung zählen in der BRD u. a. auch die Bundesagentur für Arbeit (BA) sowie die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zur öffentlichen Hand; vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung nach Internationalen Standards, 2002, Abschn. 11, Rz. 7, Stand: 12/2002; Schruff/Paarz, in Ballwieser u. a., WILEY-Handbuch International Financial Reporting Standards, 7. Aufl. 2011, Abschn. 28, Rz. 10.
[7] IAS 20.3 ebenso wie IAS 20.38 stellen außerdem klar, dass wirtschaftliche Vorteile, an denen Unternehmen nur indirekt partizipieren (z. B. die Bereitstellung von Infrastruktur in Entwicklungsgebieten), nicht zu den Beihilfen der öffentlichen Hand i. S. d. Standards zu zählen sind.
[8] Vgl. IAS 20.4.
[9] Gem. IAS 20.6 werden die Begriffe "Zuschüsse", "Subventionen" und "Prämien" synonym gebraucht.
[10] Bei den im Wege der Zuwendung zu übertragenden Mitteln kann es sich sowohl um monetäre als auch um nicht monetäre Vermögenswerte handeln; vgl. hierzu ausführlich Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung nach Internationalen Standards, 2002, Abschn. 11, Rz. 13 f., Stand: 12/2002.
[11] In SIC-10.3 wird konstatiert, dass eine Zuwendung der öffentlichen Hand auch dann vorliegt, wenn die Bedingungen der Beihilfe neben der Forderung, in bestimmten Regionen oder Branchen tätig zu sein, keine speziellen sich auf die Geschäftstätigkeit des Zuwendungsempfängers beziehenden Kriterien enthalten.
[12] Vgl. Staß/Kottenstein, in Baetge u. a., Rechnungslegung nach IFRS, 2. Aufl. 2002, IAS 20, Rz. 13, Stand: 2/2019.

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