Rz. 23

Neben der oben dargestellten Methode der Kürzung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des bezuschussten Vermögensgegenstands kann eine sukzessive Erfolgsrealisierung der Zuwendung ebenso durch die erfolgsneutrale Bildung eines Passivpostens erreicht werden, den es anschließend wiederum erfolgswirksam aufzulösen gilt. Für verlorene Zuwendungen kommt dabei ein Ausweis entweder unter den (passiven) "Rechnungsabgrenzungsposten" oder einem gesonderten Passivposten infrage:

 

Rz. 24

  • Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens

Gem. § 250 Abs. 2 HGB werden passive Rechnungsabgrenzungsposten für Einnahmen vor dem Bilanzstichtag gebildet, sofern sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach dem Bilanzstichtag darstellen. Während Zuwendungen die Voraussetzungen "Einnahme vor dem Abschlussstichtag" und "Ertrag nach dem Abschlussstichtag" regelmäßig erfüllen, ist strittig, ob sie auch der dritten Voraussetzung genügen. Ein Ausweis als passiver Rechnungsabgrenzungsposten ist nämlich nur dann als zulässig zu erachten, sofern die Zuwendung auch das Kriterium des "Ertrag[s] für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag" erfüllt.

Hinsichtlich der Auslegung dieses Merkmals lassen sich in der Literatur zwei Auffassungen identifizieren.[1] Die überwiegend und unter anderem vom BFH vertretene enge Auffassung des Rechtsbegriffs sieht vor, dass sich die Einnahme auf einen Zeitraum beziehen muss, dessen Anfang und Ende ohne Zuhilfenahme von (individuellen) Schätzungen bestimmt werden kann.[2] Als Beispiel für dieses Verständnis der im passiven Rechnungsabgrenzungsposten auszuweisenden Einnahmen soll das Urteil des BFH zur Abfindung nach dem Mühlenstrukturgesetz dienen. Um die Stilllegungsprämie, die zwar keine Investitionszuwendung, sondern vielmehr eine Zuwendung verkörpert, die ein bestimmtes Verhalten über mehrere Jahre bewirken soll, zu erhalten, musste ein Unternehmer zwei Bedingungen akzeptieren: Er musste seine Mühle stilllegen und durfte für die Dauer von 30 Jahren auf dem Mühlengrundstück keine Mühle betreiben. Der klar abgegrenzte Zeitraum machte es nach Ansicht des BFH möglich, die Einnahme als passiven Abgrenzungsposten auszuweisen.[3]

Entsprechend der weiter gefassten Auslegung des Begriffs "bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag" reicht es aus, wenn ein berechenbarer oder ein einer Parteivereinbarung zu entnehmender (Mindest-)Zeitraum vorliegt. Lediglich der Beginn des Zeitrahmens bedarf einer exakten Fixierung. Das Ende hingegen muss rechnerisch bestimmbar sein. Vor diesem Hintergrund gilt es zu eruieren, ob auch die (geschätzte) Nutzungsdauer eines bezuschussten Vermögensgegenstands geeignet ist, das Kriterium der "bestimmten Zeit nach dem Abschlussstichtag" zu erfüllen. Nach Auffassung des BFH genügt die Nutzungsdauer eines abnutzbaren Sachanlageguts nicht dem Kriterium der "bestimmten Zeit nach dem Abschlussstichtag", weil ihr Ende lediglich geschätzt werden kann.[4] Anders verhält es sich hingegen unter Umständen mit der Nutzungsdauer von abnutzbaren immateriellen Anlagegütern. Unterwirft sich bspw. ein Konkurrent einem Wettbewerbsverbot für fünf Jahre, so ist dieser Zeitraum als "bestimmt" i. S. d. § 250 Abs. 2 HGB zu werten.[5] Da er vertraglich fixiert ist, braucht er nicht geschätzt zu werden.[6] Zusammenfassend gilt es mithin zu konstatieren, dass der Ansatz eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens umstritten ist und tendenziell eher auf Erfolgs- als auf Investitionszuwendungen zutrifft.

 

Rz. 25

  • Bildung eines gesonderten Passivpostens

Da erhebliche Bedenken gegen eine Einstellung von Zuwendungen in den – seit Verabschiedung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) im Jahre 2009 nicht mehr zulässigen – "Sonderposten mit Rücklageanteil" (i. S. d. §§ 247 Abs. 3, 273 HGB (a. F.)) bestanden und zudem der Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens nur sehr eingeschränkt zuzustimmen ist, empfiehlt der HFA des IDW in seiner Stellungnahme 1/1984 den Ansatz eines gesonderten Passivpostens, der bspw. mit "Sonderposten für Investitionszuwendungen zum Anlagevermögen" bezeichnet werden könnte. Da eine Erweiterung des Bilanzgliederungsschemas nach § 265 Abs. 5 HGB immer dann möglich ist, wenn der Inhalt des zusätzlichen Bilanzpostens nicht durch einen zwingend nach § 266 HGB anzusetzenden Posten gedeckt wird, steht dem Ansatz eines solchen Postens nichts entgegen. Vor diesem Hintergrund wird vorgeschlagen, den zusätzlich auf der Passivseite aufzunehmenden Posten entweder nach dem Eigenkapital oder zwischen den Verbindlichkeiten und dem passiven Rechnungsabgrenzungsposten zu positionieren.[7] Seine Auflösung würde dann proportional zu den Abschreibungen des Vermögensgegenstands, für den die Investitionszuwendung gewährt wurde,[8] erfolgen.

Die Aufnahme eines gesonderten Passivpostens zur bilanziellen Erfassung von Investitionszuwendungen ist ferner aus zwei Gründen zu präferieren: Erstens wird durch den passivischen Ausweis der erhaltenen Investitionszuwendung(en) der Einblick in die Vermögens...

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