Rz. 35

Durch die Abschaffung von Abschreibungswahlrechten im Anlage- und Umlaufvermögen im Zuge des BilMoG ist die Zulässigkeit eines niedrigeren Wertansatzes aufgrund dieser ehemaligen Wahlrechte fraglich. Im Folgenden soll hierauf unter Berücksichtigung der Übergangsvorschriften eingegangen werden. Daneben ist zu beachten, dass folgende Zuschreibungsfälle nur für das Jahr der Erstanwendung des BilMoG gültig waren und danach hinfällig wurden. Deswegen gelten die Voraussetzungen für Zuschreibungen in den vorher betrachteten Randziffern nicht.

 

Rz. 36

§ 253 Abs. 3 Satz 6 HGB sieht ein Abschreibungswahlrecht bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung im Anlagevermögen nur noch bei Finanzanlagen vor, nicht aber für immaterielles Vermögen sowie Sachanlagevermögen. Dies wurde u. a. damit begründet, dass dadurch eine Verringerung des bilanzpolitischen Gestaltungspotenzials stattfindet und die Vergleichbarkeit des handelsrechtlichen Jahresabschlusses verbessert wird.[1] Des Weiteren trägt die neue Vorschrift zu einer Annäherung von handels- und steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften bei, da steuerlich eine Teilwertabschreibung nur bei einer dauerhaften Wertminderung vorgenommen werden darf (vgl. Rz. 21).[2] Da eine vorübergehende Wertminderung bei Vermögensgegenständen des immateriellen Vermögens sowie bei Sachanlagen selten vorliegt, kam dieser Änderung in der Praxis allerdings nur eine geringe Bedeutung zu.[3] Soweit in der Vergangenheit allerdings auf diese Vermögensgegenstände eine außerplanmäßige Abschreibung aufgrund einer vorübergehenden Wertminderung vorgenommen wurde, war diese im Jahr der Erstanwendung des BilMoG rückgängig zu machen; es bestand eine erfolgswirksame Zuschreibungspflicht.[4]

 

Rz. 37

Das Wahlrecht im Umlaufvermögen, Abschreibungen vorzunehmen, die "nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig sind, um zu verhindern, daß in der nächsten Zukunft der Wertansatz dieser Vermögensgegenstände auf Grund von Wertschwankungen geändert werden muß",[5] entfällt ersatzlos. Der Regierungsentwurf des BilMoG führt aus, dass dieses bisherige Wahlrecht nicht mit dem Ziel einer den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vereinbar sei.[6] Steuerlich sind diese Abschreibungen nicht zulässig, sodass auch hier eine Annäherung der Handels- an die Steuerbilanz stattfindet.[7] Falls zuvor solche Abschreibungen vorgenommen wurden, bestand nach Art. 67 Abs. 4 EGHGB das Wahlrecht, den niedrigeren Wertansatz beizubehalten oder erfolgsneutral zurückzunehmen; im letzteren Fall ist der Betrag, welcher aus der Zuschreibung resultiert, in die Gewinnrücklagen einzustellen.[8]

 

Rz. 38

Durch das BilMoG wurde das Wahlrecht für Einzelkaufleute, Personengesellschaften (auch wenn sie dem PublG unterlagen) und Genossenschaften, außerplanmäßige Abschreibungen im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Beurteilung gem. § 253 Abs. 4 HGB a. F. vorzunehmen, ersatzlos gestrichen.[9] Das bisherige Ziel zur Bildung stiller Reserven als Risikovorsorge für das allgemeine Unternehmensrisiko war mit der angestrebten Anhebung des Informationsniveaus des handelsrechtlichen Jahresabschlusses nicht vereinbar.[10] Außerdem wurde durch die Abschaffung des Wahlrechts eine den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage erreicht und den Interessen der Gläubiger Rechnung getragen.[11] Steuerlich waren solche Abschreibungen auch schon vor dem BilMoG nicht zulässig, sodass sich aus dem Wegfall des Wahlrechts keine Auswirkungen auf die Steuerbilanz ergaben.[12]

Allerdings ist zu beachten, dass der niedrigere Wertansatz durch die in der Vergangenheit vorgenommenen Abschreibungen nach Art. 67 Abs. 4 EGHGB entweder beizubehalten war oder erfolgsneutral zurückgenommen werden konnte (vgl. Rz. 37).

 

Rz. 39

§ 254 HGB a. F., welcher eine Übernahme von nur steuerrechtlich zulässigen Abschreibungen in der Handelsbilanz erlaubte, wurde durch das BilMoG ersatzlos gestrichen.[13] Dies wurde dadurch begründet, dass Abschreibungen, welche nur steuerrechtlich zulässig sind, überwiegend subventionspolitisch motiviert sind und eine handelsrechtliche Übernahme dem Ziel der gestärkten Informationsfunktion der Handelsbilanz entgegenläuft.[14] In diesem Zusammenhang erfolgte auch eine Aufhebung des § 279 Abs. 2 HGB a. F., der bei Kapitalgesellschaften die steuerrechtlichen Mehrabschreibungen auf Fälle der umgekehrten Maßgeblichkeit nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG a. F. beschränkte.[15] Seit BilMoG können somit steuerrechtliche Abschreibungen[16] unabhängig von der Handelsbilanz ausgeübt werden. Allerdings müssen gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG die Wirtschaftsgüter, bei denen eine nur steuerlich anerkannte Abschreibung vorgenommen wurde, in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufgenommen werden.[17]

Niedrigere Wertansätze, welche aufgrund der §§ 254 und 279 Abs. 2 HGB a. F. gebildet wurden, durften gem. Art. 67 Abs. 4 EGHGB beibehalten werden. Alternativ wurden die aus ...

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