Rz. 20

Die Rechtsfolgen des § 253 Abs. 5 Satz 1 HGB setzen – mit Ausnahme der Bewertung zum beizulegenden Zeitwert – zunächst voraus, dass in Vorjahren bestimmte Abschreibungen vorgenommen worden sind. Wie aus Tab. 1 hervorgeht, kommen insgesamt sechs verschiedene Abschreibungskategorien in Betracht.

 
Rechts-grundlage Abschreibungsgrund/Wertkategorie Anwendungsbereich Abwertungs-modalität
§ 253 Abs. 1 Satz 4 HGB am Abschlussstichtag beizulegender Zeitwert kleiner als Buchwert nach § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB zu verrechnende Vermögensgegenstände Zwang
§ 253 Abs. 3 Satz 5 HGB am Abschlussstichtag niedrigerer beizulegender Wert – voraussichtlich dauernde Wertminderung Anlagevermögen Zwang
§ 253 Abs. 3 Satz 6 HGB am Abschlussstichtag niedrigerer beizulegender Wert – voraussichtlich vorübergehende Wertminderung Finanzanlagevermögen fakultativ
§ 253 Abs. 4 Satz 1 HGB am Abschlussstichtag aus einem Börsen- oder Marktpreis abgeleiteter niedrigerer Wert Umlaufvermögen Zwang
§ 253 Abs. 4 Satz 2 HGB am Abschlussstichtag niedrigerer beizulegender Wert, falls kein Börsen- oder Marktpreis feststellbar Umlaufvermögen Zwang
§ 340e Abs. 3 HGB am Abschlussstichtag beizulegender Zeitwert abzgl. eines Risikoabschlags kleiner als Buchwert zu Handelszwecken erworbene Finanzinstrumente Zwang

Tab. 1: Mögliche vorausgegangene Abschreibungen i. S. d. § 253 Abs. 5 Satz 1 HGB.

 

Rz. 21

Die Steuerbilanz folgt diesen Abwertungen nur bedingt, da außerplanmäßige Abschreibungen (Teilwertabschreibungen) im abnutzbaren Anlagevermögen gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG und im nicht abnutzbaren Anlagevermögen sowie im Umlaufvermögen gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG nur bei einer dauerhaften Wertminderung[1] zulässig sind.[2] Ist dies der Fall, so kommt der Maßgeblichkeitsgrundsatz gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz EStG nicht zum Tragen; das steuerliche Wahlrecht, eine Teilwertabschreibung durchzuführen, kann gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz EStG unabhängig vom handelsrechtlichen Wertansatz ausgeübt werden.[3]

Da bei einer vorübergehenden Wertminderung steuerlich keine Abschreibung erfolgen darf, dies allerdings handelsrechtlich im Umlaufvermögen bzw. im Finanzanlagevermögen erfolgen muss bzw. kann, wird auch hier der Maßgeblichkeitsgrundsatz durchbrochen (strengere steuerliche Vorschriften).[4] Es ist aber zu beachten, dass die Abweichung im Finanzanlagevermögen durch die Rechtsprechung[5] und die Finanzverwaltung[6] relativiert wird.[7] Hiernach ist steuerlich bei börsennotierten Aktien im Anlagevermögen von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung auszugehen, falls der Börsenwert der Aktien zum Bilanzstichtag unter die Anschaffungskosten gesunken ist und der Kursverlust die Bagatellgrenze von 5 % der Notierung bei Erwerb überschreitet. Kursentwicklungen nach dem Bilanzstichtag sind grundsätzlich zu vernachlässigen.

 

Rz. 22

Aufgrund der abschließenden Aufzählung in § 253 Abs. 5 Satz 1 HGB sind planmäßige Abschreibungen gem. § 253 Abs. 3 Satz 1 HGB vom Regelungsbereich der Wertaufholung ausgenommen.[8] Da die genannten Abschreibungen sich ausdrücklich auf Vermögensgegenstände des Anlage- und/oder Umlaufvermögens beziehen, kommt eine Wertaufholung bei Rechnungsabgrenzungsposten[9] sowie bei latenten Steuern[10] wegen fehlender Vermögensgegenstandseigenschaft ebenso nicht in Betracht.[11] Daneben stellt sich bei Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs gem. § 269 HGB a. F. die Frage, ob sie unter die Wertaufholung des § 253 Abs. 5 Satz 1 HGB fallen, nicht mehr, da dieses Ansatzwahlrecht seit BilMoG handelsrechtlich aufgehoben wurde.[12] Steuerlich bestand auch schon vor BilMoG ein Ansatzverbot.[13]

Der Gesetzgeber hat durch das BilMoG ein explizites Verbot der Wertaufholung für den Geschäfts- oder Firmenwert in § 253 Abs. 5 Satz 2 HGB normiert. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 253 Abs. 5 Satz 1 HGB kann eine Wertaufholung nur dann stattfinden, wenn vorher eine Abschreibung im Anlage- oder Umlaufvermögen stattgefunden hat (mit Ausnahme der Bewertung mit dem beizulegenden Zeitwert). Somit kommt eine Wertaufholung im Bereich der Passiva nicht in Betracht.[14]

 

Rz. 23

Ähnlich wie in den Fällen der Bilanzberichtigung in Abb. 1[15] erscheint es möglich, eine Zuschreibung auf Verbindlichkeiten nicht als Wertaufholung einzuordnen, weil § 253 Abs. 5 Satz 1 HGB sich nur auf Zuschreibungen des Anlage- und Umlaufvermögens bezieht, sondern als Fall einer Zuschreibung außerhalb des Wertaufholungsbegriffs.

 

Rz. 24

Ob bei einem Vermögensgegenstand eine der genannten Abschreibungen vorgenommen worden ist und der Grund für diese Abschreibung zwischenzeitlich weggefallen ist, ist wegen des in § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB festgeschriebenen Einzelbewertungsgrundsatzes regelmäßig für jeden einzelnen Bilanzierungsgegenstand isoliert zu beurteilen. Adler/Düring/Schmaltz sprechen in diesem Zusammenhang von der "Nämlichkeit der Gegenstände".[16]

Daneben wird der Einzelbewertungsgrundsatz durch § 254 HGB, welcher die Bildung von Bewertungseinheiten re...

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