Rz. 7

Wird der materielle Anwendungsbereich von Zuschreibungen auf die Rückgängigmachung von in Vorjahren vorgenommenen Abschreibungen begrenzt, so lassen sich in Abhängigkeit von dem Charakter der Abschreibung die folgenden potenziellen Zuschreibungsanlässe unterscheiden:

  1. Rückgängigmachung von unzulässigerweise vorgenommenen Abschreibungen.
  2. Rückgängigmachung von planmäßigen Abschreibungen.
  3. Rückgängigmachung von außerplanmäßigen Abschreibungen, deren Gründe weggefallen sind.
  4. Rückgängigmachung von außerplanmäßigen Abschreibungen, deren Gründe auch weiterhin noch bestehen.

Daneben gibt es noch einen weiteren Zuschreibungsanlass, der nicht in die vorherige Klassifizierung eingeordnet werden kann, da nicht von einer Rückgängigmachung einer Vorjahresabschreibung ausgegangen wird:

5. Zuschreibung aufgrund eines höheren beizulegenden Zeitwertes.
 

Rz. 8

ad (1): Wurden in Vorjahren planmäßige und/oder außerplanmäßige Abschreibungen außerhalb des gesetzlich Zulässigen vorgenommen, so ist der Wertansatz fehlerhaft und nach den Regelungen über die Bilanzberichtigung handels- und/oder steuerrechtlich zu korrigieren.[1]

Beruht ein Wertansatz in der Handelsbilanz auf einer Abschreibung, die außerhalb des gem. § 253 HGB Erlaubten vorgenommen wurde, so ist eine rückwirkende Wertkorrektur auf jeden Fall dann vorzunehmen, wenn der Jahresabschluss von den zuständigen Organen noch nicht festgestellt wurde.[2] Nach erfolgter Bilanzfeststellung ist eine rückwirkende Berichtigung (sog. Rückwärtsberichtigung) dann zwingend, wenn der Jahresabschluss nichtig ist oder erfolgreich angefochten wurde. In allen anderen Fällen wird es als ausreichend anzusehen sein, wenn die Wertkorrektur im darauffolgenden Jahresabschluss in Form einer Zuschreibung berücksichtigt wird.

Das Steuerrecht ist bei der Behandlung von fehlerhaften Bilanzansätzen strenger als das Handelsrecht. Sofern für die zurückliegenden Veranlagungszeiträume nach den Regelungen der Abgabenordnung noch Änderungen vorgenommen werden können, hat steuerlich zwingend eine rückwirkende Wertkorrektur und Berichtigung bis zur Fehlerquelle zu erfolgen.[3] Falls die Fehlerhaftigkeit nach der Abgabenordnung – z. B. wegen nach § 169 AO abgelaufener Festsetzungsfrist – nicht mehr geändert werden kann, erfolgt i. d. R. eine erfolgswirksame Korrektur des falschen Bilanzansatzes in der Schlussbilanz des ersten Jahres, dessen Veranlagung noch geändert werden kann.[4]

 

Rz. 9

ad (2): Zuschreibungen zur Rückgängigmachung von überhöhten planmäßigen Abschreibungen,[5] z. B. aufgrund einer zu niedrig geschätzten Nutzungsdauer, sind nach h. M. grundsätzlich nicht zulässig und durch Korrektur des künftigen Abschreibungsplans zu erfassen.[6]

 

Rz. 10

ad (3): Der zweifellos wichtigste Anwendungsfall für Zuschreibungen ist die Rückgängigmachung von in Vorjahren vorgenommenen außerplanmäßigen Abschreibungen, deren Gründe zwischenzeitlich weggefallen sind. Im Gegensatz zu den bislang behandelten Zuschreibungsanlässen ist diese Fallkonstellation im Gesetz explizit geregelt: § 253 Abs. 5 Satz 1 HGB schreibt eine rechtsformunabhängige Zuschreibungspflicht vor. Gem. § 253 Abs. 5 Satz 2 HGB ist aber der niedrigere Wertansatz eines entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert beizubehalten, sodass für diesen Fall ein Zuschreibungsverbot besteht. Da der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang die Begriffe Zuschreibung und Wertaufholung undifferenziert verwendet,[7] werden im Schrifttum – und so auch hier – Zuschreibungen, die infolge der genannten Vorschriften vorgenommen werden, auch als Wertaufholungen bezeichnet.[8]

 

Rz. 11

ad (4): Im Schrifttum ist umstritten, ob eine Zuschreibung auch zur Rückgängigmachung von außerplanmäßigen Abschreibungen, deren Gründe fortbestehen, erfolgen kann. Während bei zwingenden Abschreibungsgründen eine Möglichkeit zur Werterhöhung allgemein abgelehnt wird,[9] will ein Teil des Schrifttums eine Zuschreibung dann erlauben, wenn die Abschreibung fakultativ vorgenommen wurde und eine Ausnahme vom Stetigkeitsgebot gegeben ist.[10] Seit dem BilMoG besteht ein Wahlrecht nur noch gem. § 253 Abs. 3 Satz 6 HGB bei Vermögensgegenständen des Finanzanlagevermögens bei einer voraussichtlich vorübergehenden Wertminderung. Der Auffassung von Zündorf,[11] dass in solchen Fällen keine Zuschreibung erfolgen darf, da auch die Rückgängigmachung einer freiwillig vorgenommenen Abschreibung nach dem Wortlaut des § 253 Abs. 5 HGB an den tatsächlichen Wegfall der Gründe bzw. an den Eintritt der Werterholung gebunden ist, kann m. E. uneingeschränkt gefolgt werden. Für eine darüber hinausgehende Interpretation lässt der insoweit unmissverständliche Gesetzestext keinen Raum. Falls die Gründe allerdings weggefallen sind, sieht er eine zwingende Wertaufholung, die nun rechtsformunabhängig geregelt ist, vor.

Diese Behandlung erinnert an die auch weiterhin in § 249 Abs. 2 Satz 2 HGB kodifizierte Regelung bei Rückstellungen, wonach für einmal gebildete Rückstellungen eine Auflösung nur dann in Betracht kommt, soweit der Gr...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge