OFD Koblenz, 15.12.1995, S 0160 A - St 53 1

 

1. Erstattungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 AO

Wurde eine Steuer ohne rechtlichen Grund gezahlt, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger - das FA - einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrages (§ 37 Abs. 2 Satz 1 AO). Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für Zahlung später wegfällt (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO).

 

1.1 Erstattungsansprüche bei der Einkommensteuer

Im Bereich der Einkommensteuer können sich solche Erstattungsansprüche ergeben (wichtigste Fälle)

  • infolge der Anrechnung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen (§ 36 Abs. 2 Nr. 1 EStG),
  • infolge der Anrechnung von Lohn- und Körperschaftsteuer (§ 36 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 EStG) und
  • im Falle der Durchführung von Änderungs- bzw. Berichtigungsveranlagungen zugunsten des Steuerpflichtigen, wenn die ursprünglich festgesetzte Steuer bereits entrichtet war.
 

1.2 Erstattungsberechtigung bei zusammenveranlagten Ehegatten

Die Erstattung durch Auszahlung (vgl. § 36 Abs. 4 Satz 2 EStG) ist unproblematisch, wenn nur ein Erstattungsberechtigter vorhanden ist. Dagegen kann es bei zusammenveranlagten Ehegatten trotz der Vorschrift des § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG, wonach die Auszahlung an einen Ehegatten auch für und gegen den anderen Ehegatten wirkt, erforderlich werden, Feststellungen zur Erstattungsberechtigung der beiden Ehegatten zu treffen und ggf. die Höhe des auf jeden entfallenden Erstattungsbetrages zu ermitteln. Auf die Erstattungsberechtigung des einzelnen Ehegatten kommt es z.B. an, wenn das FA mit Abgabenrückständen eines der beiden Ehegatten aufrechnen will oder wenn der Erstattungsanspruch nur eines der beiden Ehegatten abgetreten, gepfändet oder verpfändet worden ist. In solchen Fällen muß die materielle Anspruchsberechtigung aufgrund des Gesetzes (§ 37 Abs. 2 AO) selbst dann geprüft werden, wenn die Eheleute übereinstimmend davon ausgehen, daß der steuerliche Erstattungsanspruch ihnen gemeinsam zusteht (BFH-Beschluß vom 12.3.1991, VII S 30/90, BFH/NV 1992 S. 145, 146).

 

2. Verhältnis von § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG zu § 37 Abs. 2 AO

 

2.1 Sinn und Zweck sowie Rechtfertigung der Vorschrift des § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG

1983 II S. 162, 164). Die Ermächtigungsnorm dient der Verwaltungsvereinfachung und setzt sich aus Gründen der Arbeitserleichterung des Finanzamts über die materielle Rechtslage bezüglich der Erstattungsberechtigung hinweg. Sie hat den Zweck, dem FA Nachforschungen zur Erstattungsberechtigung zusammenveranlagter Ehegatten zu ersparen, und findet ihre Rechtfertigung darin, daß sich Eheleute, die die Zusammenveranlagung beantragen, durch ihre beiderseitigen Unterschriften auf der Steuererklärung gegenseitig bevollmächtigen können, nicht nur den Steuerbescheid, sondern auch einen etwaigen Erstattungsbetrag in Empfang zu nehmen. Dabei geht die Vorschrift von der Annahme aus, daß bei einer intakten Ehe die Erstattung an einen Ehegatten von dem anderen Ehegatten gebilligt wird (BFH-Urteil vom 5.4.1990, VII R 2/89, BStBl 1990 II S. 719).

 

2.2 Ermessensausübung bei der Erstattung

Die gesetzliche Vermutung hinsichtlich der Einziehungsvollmacht gemäß § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG ist aber widerlegbar. Deshalb ist das FA bei der Ausübung des ihm eingeräumten Auswahlermessens gehalten, die ihm erkennbaren Interessen des bzw. der jeweiligen Erstattungsberechtigten in seine Entscheidung einzubeziehen. Es darf folglich nicht mehr an einen Ehegatten auszahlen, wenn es erkennt oder erkennen mußte, daß der andere Ehegatte damit aus beachtlichen Gründen nicht einverstanden ist. Das ist z.B. dann der Fall, wenn die Eheleute inzwischen geschieden sind oder getrennt leben oder wenn dem FA aus sonstigen Umständen bekannt ist, daß ein Ehegatte die Erstattung an den anderen nicht billigt (BFH-Urteile vom 5.4.1990, VII R 2/89, BStBl 1990 II S. 719 und vom 8.1.1991, VII R 18/90, BStBl 1991 II S. 442.

 

2.2.1 Bedeutung der Angabe des Bankkontos in der gemeinsamen Steuererklärung

Im übrigen kann das FA mit schuldbefreiender Wirkung die Erstattung nur durch Überweisung auf das in der gemeinsamen Steuererklärung benannte Bankkonto leisten. Ist Inhaber dieses Kontos nur einer der beiden Ehegatten, so wird das FA von seiner Erstattungsverpflichtung gegenüber dem nach materiellem Recht erstattungsberechtigten Ehegatten nicht frei, wenn es den Erstattungsbetrag auf ein Konto des anderen Ehegatten überweist (BFH-Urteil vom 5.4.1990, VII R 2/89, BStBl 1990 II S. 719). Dagegen wird es aber von seiner Erstattungsverpflichtung frei, wenn es den Erstattungsbetrag zwar nicht auf das in der Steuererklärung angegebene Konto, wohl aber auf ein anderes Konto des materiell erstattungsberechtigten Ehrgatten überweist (rechtskräftiges Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 30.11.1990, 9 K 9182/86, EFG 1991 S. 291).

 

2.2.2 Bedeutung der Angabe des richtigen Erstattungsberechtigten auf dem Überweisungsträger

Im beleglosen Datenträgeraustauschverfahren erfolgt die Verbuchung (Gutschrift) des Erstattungsbetrages auf ...

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