Leitsatz

Erstattet der erste Unternehmer in einer Lieferkette dem letzten Abnehmer einen Teil des von diesem gezahlten Leistungsentgelts durch nachträglich ausgezahlte Gutschriften, ist dessen Vorsteuerabzug nicht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG in der bis zum 15.12.2004 gültigen Fassung zu berichtigen.

 

Normenkette

§ 10 Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 a.F., § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG, Art. 20 Abs. 1 Buchst. b 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Die Klägerin war u.a. im Baustoffhandel tätig. Sie bezog im Streitjahr 2004 Zement von der D-GmbH, die ihrerseits den Zement von der Z‐AG bezog. Die Z-AG gewährte der Klägerin außerhalb der Lieferkette Rabatte in Form von nachträglich ausgezahlten Gutschriften. Die Z-AG minderte unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 15.10.2002, C‐427/98, Kommission/Deutschland, Slg. 2002, I-8315, BStBl II 2004, 328) ihre steuerpflichtigen Umsätze für das Kalenderjahr 2004 in Höhe der gewährten Rabatte und berichtigte den von ihr geschuldeten Steuerbetrag entsprechend.

Anlässlich einer Betriebsprüfung bei der Klägerin vertrat der Prüfer die Auffassung, dass korrespondierend zu der Steuerminderung der Z-AG der Vorsteuerabzug bei der Klägerin als Empfängerin der Rabatte zu mindern sei. Dementsprechend änderte das FA den Umsatzsteuerbescheid für 2004.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg (FG Düsseldorf, Urteil vom 29.5.2009, 1 K 4494/08 U, Haufe-Index 2274911, EFG 2010, 456).

 

Entscheidung

Die Revision der Klägerin war begründet. Sie führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur antragsgemäßen Herabsetzung der Umsatzsteuer.

Der BFH führte u.a. aus, die Voraussetzungen für eine Vorsteuerkorrektur nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F. lägen im Streitfall nicht vor. Denn der Umsatz, dessen Bemessungsgrundlage (das Entgelt) sich nachträglich geändert habe, sei nicht an die Klägerin, sondern (von der Z-AG) an die D‐GmbH ausgeführt worden. Für die von der D-GmbH an die Klägerin ausgeführten Umsätze (Zementlieferungen) habe sich die Bemessungsgrundlage dagegen nicht gemindert, wie § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F. voraussetze.

Entgegen der vom FG und der von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung (BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 443, Rz. 14) könne § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F. richtlinienkonform nicht dahingehend ausgelegt werden, dass Unternehmer im Sinne dieser Vorschrift (= "Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist") auch der Unternehmer sei, der (lediglich) Leistungsempfänger auf einer späteren Stufe innerhalb einer Lieferkette gewesen sei. Denn eine derartige Auslegung gehe über den (eindeutigen) Wortlaut und den Wortsinn der Vorschrift hinaus.

Über seinen Wortlaut hinaus sei § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F. nicht anzuwenden. Einer derartigen teleologischen Extension stehe entgegen, dass der Gesetzgeber bis zur Änderung des § 17 Abs. 1 UStG mit Wirkung ab 16.12.2004 es – in Kenntnis der Problematik – unterlassen habe, die bei Rabattgewährungen außerhalb einer Lieferkette – wie im Streitfall – nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL vorgesehenen Maßnahmen in nationales Recht umzusetzen.

 

Hinweis

Das Urteil betrifft § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG in der bis zum 15.12.2004 gültigen Fassung. Die Vorschrift lautete: „Hat sich diese Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geändert, so haben

1. der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag und

2. der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen.”

Nach der (erst) ab dem 16.12.2004 geltenden (aber im Streitfall nicht anwendbaren) Neuregelung des § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG muss ein durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich begünstigter Unternehmer seinen Vorsteuerabzug auch dann berichtigen, wenn er nicht Leistungsempfänger der Ausgangsumsätze ist, deren Bemessungsgrundlage sich geändert hat.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 15.2.2012, XI R 24/09

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