Leitsatz

1. Eine Ausgleichszahlung für den Ausschluss des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs im Wege des Splittings oder des Quasi-Splittings war in den Jahren 2006 und 2007 bei dem Berechtigten dem Grunde nach als Entschädigung für entgehende Einnahmen steuerpflichtig.

2. Die Steuerpflicht ist auf die Quote beschränkt, die dem sozialversicherungsrechtlichen Höchstausgleich entspricht.

3. Sie ist zusätzlich begrenzt auf den künftig der Besteuerung unterliegenden Anteil der Rente bei Rentenbeginn.

4. Eine Ausgleichszahlung für den Ausschluss des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs war in den Jahren 2006 und 2007 bei dem Berechtigten nicht steuerbar.

 

Normenkette

§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa, § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 9a Satz 1 Nr. 3, § 10 Abs. 1 Nr. 1a, EStG, § 1587a, § 1587b, § 1587c, § 1587f, § 1587h, § 1587o BGB a.F., § 1 Abs. 2, § 1 Abs. 3, § 2, § 3b VAHRG, § 76 SGB VI, § 57 BeamtVG

 

Sachverhalt

Die Klägerin hatte mit ihrem Ehemann E, einem Beamten, anlässlich der Scheidung den Ausschluss des Versorgungsausgleichs vereinbart. Das FA unterwarf die von E an die Klägerin im Gegenzug geleisteten Zahlungen als sonstige Einkünfte in Form von wiederkehrenden Bezügen nach § 22 Nr. 1 EStG der Besteuerung. Die Klägerin war der Ansicht, die Ausgleichszahlungen seien mangels Rechtsgrundlage nicht steuerbar.

Das FG hat der Klage stattgegeben (Hessisches FG, Urteil vom 8.7.2014, 11 K 1432/11, Haufe-Index 7202843, EFG 2014, 1678).

 

Entscheidung

Die Revision des FA war begründet. Die seitens der Klägerin empfangenen Zahlungen gehörten zu den sonstigen Einkünften nach § 22 EStG. Da der BFH jedoch anhand der Feststellungen des FG nicht abschließend beurteilen konnte, mit welchem Anteil sie steuerpflichtig waren, wurde die Sache an das FG zurückverwiesen.

 

Hinweis

1. Gegenstand dieses Urteils ist die Besteuerung der Leistungen, die der Ausgleichsberechtigte zur Abfindung seines Versorgungsausgleichsanspruchs erhält.

Das Urteil ist zur Rechtslage 2006/2007 ergangen. Auf Zahlungen, die ab 2015 zur Vermeidung des Versorgungsausgleichs geleistet werden, ist § 10 Abs. 1a Nr. 3 EStG (Sonderausgabenabzug bei dem Verpflichteten) und § 22 Abs. 1a EStG (Steuerpflicht bei dem Berechtigten) anzuwenden.

2. Bei der alten Rechtslage muss unterschieden werden:

  • Soweit mit einer Abfindungszahlung das Quasi-Splitting bei Versorgungsanwartschaften aus ­öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen ausgeschlossen wird, unterliegt diese dem Grunde nach der Besteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG.
  • Soweit die Abfindungszahlung hingegen den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich ausschließt, ist sie nicht steuerbar.

3. Beim Quasi-Splitting erhält der Ausgleichsberechtigte Ersatz für entgehende Einnahmen, und zwar für die Leibrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die bezogen worden wäre, wenn der Versorgungsausgleich durchgeführt worden wäre. Die Besteuerung gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStGgründet auf der Steuerpflicht derjenigen Einnahmen, die die Abfindungszahlung ersetzt.

Einer Zwangslage aufseiten des Empfängers bedarf es bei Leistungen zur Abfindung eines Versorgungsausgleichs nicht. Zwar setzt nach ständiger BFH-Rechtsprechung der Begriff der Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG grundsätzlich voraus, dass der Steuerpflichtige unter einem nicht unerheblichen rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck handelt, sich also in einer nicht von ihm, sondern von dem Leistenden herbeigeführten Zwangssituation befindet. Im Falle einer Abfindungszahlung für den Ausschluss eines Versorgungsausgleichs bedarf es der Ermittlung einer solchen Zwangslage indes nicht.

Eine Prüfung der Finanzverwaltung bzw. der Finanzgerichtsbarkeit, ob eine durch den Leistenden herbeigeführte Zwangslage vorliegt, ist nicht angezeigt. Es wäre nämlich ein Wertungswiderspruch, wenn im Besteuerungsverfahren das persönliche Verhältnis der in Scheidung befindlichen Ehegatten im Hinblick auf die Feststellung einer Zwangslage in einer Weise durchleuchtet werden müsste, die das Scheidungsrecht, das grundsätzlich verschuldensunabhängig ausgestaltet ist, ausdrücklich nicht vorsieht.

4. Die Besteuerung der Abfindungszahlung ist beim Quasi-Splitting auf den Besteuerungsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG beschränkt, mit der die Rentenzahlungen besteuert worden wären, wäre der Versorgungsausgleich durchgeführt worden.

Die Steuerpflicht der Entschädigungen nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG setzt nämlich voraus, dass die künftigen Einnahmen, um die es geht, ihrerseits steuerbar gewesen wären. Das bedeutet, dass eine Entschädigung nur insoweit der Besteuerung unterliegen kann, als die Einnahmen steuerpflichtig gewesen wären. Die entsprechende Quote ist daher auch auf die Steuerpflicht der Entschädigung anzuwenden. Abzustellen ist dabei auf das Jahr des voraussichtlichen Renteneintritts. Nicht maßgebend ist das Jahr...

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