Leitsatz

1. Ehrenamtlich werden u.a. jene Tätigkeiten ausgeübt, die in einem anderen Gesetz als dem UStG ausdrücklich als solche bezeichnet werden.

2. Der zur Definition der ehrenamtlichen Tätigkeit verwendete Gesetzesbegriff ist enger als der des § 4 AO und umfasst keine Satzungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts.

3. Bis zur Rechtsprechungsänderung durch das BFH-Urteil vom 20. August 2009, V R 32/08 (BFHE 227, 207, BStBl II 2010, 88, Rz. 31) zur umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung der Aufsichtsratstätigkeit für Volksbanken kommt Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO in Betracht.

 

Normenkette

§ 4 Nr. 26 Buchst. a UStG, § 40 Satz 2 SSpkG, § 4, § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO, Art. 4 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Der Kläger war im Streitjahr 2006 als Vorstandsmitglied und als Mitglied eines Ausschusses einer Sparkasse tätig. Er erhielt hierfür Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder, die er als Entgelt für steuerfreie Leistungen ansah. Das Finanzamt folgte dem zunächst, sah die Leistungen dann aber in den Umsatzsteuerbescheiden vom 3.1.2012 und vom 16.11.2012 als steuerpflichtig an. Demgegenüber hatte die Klage zum Finanzgericht (FG des Saarlandes, Urteil vom 4.8.2014, 1 K 1481/12, Haufe-Index 7536499, EFG 2015, 339) Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte im Ergebnis die Entscheidung der Vorinstanz. Zwar sei das FG zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Tätigkeiten des Klägers als Vorstands- und Ausschussmitglied vom Begriff der ehrenamtlichen Tätigkeit i.S.d. § 4 Nr. 26 UStG umfasst werde. Das FG-Urteil erweise sich aber gleichwohl als richtig, da dem Kläger Vertrauensschutz nach § 176 AO zu gewähren sei. Denn die Rechtsprechungsänderung zu den Aufsichtsratstätigkeiten hätte in den Umsatzsteuerbescheiden vom 3.1.2012 und vom 16.11.2012 nicht zuungunsten des Klägers berücksichtigt werden dürfen.

 

Hinweis

1. § 4 Nr. 26 UStG definiert den Begriff der nach dieser Vorschrift steuerfreien ehrenamtlichen Tätigkeit nicht. Es muss sich um eine Tätigkeit handeln, die in einem anderen Gesetz als dem UStG oder im allgemeinen Sprachgebrauch als ehrenamtlich bezeichnet wird oder die vom materiellen Begriff der Ehrenamtlichkeit umfasst wird. Dies trifft auf Tätigkeiten für Sparkassen nicht zu. Insbesondere ergibt sich eine gesetzliche Bezeichnung als ehrenamtlich nicht aus der Satzung von Sparkassenverbänden.

Letzteres begründet der BFH damit, dass es für die Steuerfreiheit der ehrenamtlichen Tätigkeit keine Grundlage im Unionsrecht gibt und dass die Steuerfreiheit daher nicht nur als Befreiungstatbestand, sondern auch aufgrund der Unionsrechtswidrigkeit eng auszulegen ist.

2. Zur Frage der Ehrenamtlichkeit im Bankenbereich hat sich allerdings die Rechtsprechung geändert, sodass Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO zu gewähren sein kann.

a) Nach dem BFH-Urteil vom 27.7.1972, V R 33/72 (BStBl II 1972, 844) waren die Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern bei Genossenschaftsbanken Entgelt für eine nach § 4 Nr. 26 UStG steuerfreie Leistung. Die Finanzverwaltung hat dies mit BMF-Schreiben vom 21.5.1975 (BStBl I 1975, 684) auf Verwaltungsratsmitglieder von Sparkassen ausgedehnt. Zwar wurde dieses BMF-Schreiben später aufgehoben, aber von der Finanzverwaltung gleichwohl in der Praxis angewandt.

b) Mit Urteil vom 20.8.2009, V R 32/08 (BStBl II 2010, 88) hat der BFH die Rechtsprechung zur Steuerfreiheit der Aufsichtsratstätigkeit für Volksbanken aufgegeben und diese nunmehr als steuerpflichtig angesehen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 17.12.2015 – V R 45/14

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