Leitsatz

Verpflichtet sich ein Einzelhändler gegenüber einem anderen Unternehmer gegen eine Zahlung, auf neu geschaffenen Verkaufsflächen von diesem Unternehmer bezogene Produkte zum Verkauf anzubieten, liegt sowohl der für die Annahme eines Entgelts als auch der für den Vorsteuerabzug erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der Leistung (Bereitstellung der Verkaufsflächen) und der hierfür von dem anderen Unternehmer geleisteten Zahlung vor.

 

Normenkette

§ 15 Abs. 1 und Abs. 2 UStG, Art. 168 Buchst. a EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Genossenschaft, fördert ihre Mitglieder als mittelständische Einzelhandelsunternehmen der Unterhaltungs-, Kommunikations- und Haustechnik. Die Klägerin tritt gegenüber dem Mitglied sowohl als Großhändlerin als auch als Zentralreguliererin bei Warengeschäften zwischen dem Hersteller und dem Mitglied auf. Im Durchschnitt beziehen die Mitglieder ca. 84 % ihrer Waren über die Klägerin.

Im Rahmen des Konzept Y förderte die Klägerin im Wege eines Zuschusses die Schaffung neuer Verkaufsflächen bei ihren Mitgliedern. Eine Förderung konnten auf Antrag nur Mitglieder für zusätzlich geschaffene Verkaufsflächen erhalten, die der Steigerung des Umsatzes mit von der Klägerin bezogenen Waren oder mit über die Zentralregulierung regulierten Einkäufen dienen. Ausgenommen waren alle Waren, die nicht von der Klägerin bezogen wurden oder über die Klägerin zentral reguliert wurden.

Dem Antrag musste eine Bereichsplanung/Ladenbauumsetzung zugrunde liegen. Ferner musste das antragstellende Mitglied eine Investitionsplanung, eine Umsatzprognose sowie einen aktuellen Jahresabschluss einreichen. Die Förderung erfolgte vorbehaltlich einer positiven Bewertung des Standorts durch die Klägerin. Ein Rechtsanspruch des Mitglieds auf die Förderung bestand nicht. Die Förderung war nicht vom Umfang der Lieferungen zwischen den Herstellern und dem Mitglied abhängig. Ferner erfolgte eine Prüfung und Überwachung der Umsetzung der beantragten Maßnahme.

Im Antrag verpflichtete sich der Antragsteller insbesondere für den Fall, dass er auf der geförderten Verkaufsfläche Waren ausstellt, die nicht über die Klägerin als Großhändlerin oder im Zentralregulierungsgeschäft bezogen wurden, zur Rückzahlung des Zuschusses – gestaffelt von 100 % bis 20 %.

Im November 2015 beantragte das Mitglied X GmbH & Co. KG (X) für die Eröffnung einer zusätzlichen Filiale einen Zuschuss nach dem Konzept Y. Dieser Antrag wurde nach Prüfung durch den Vorstand der Klägerin genehmigt und im April 2016 an X ein Betrag von ... EUR gezahlt. X stellte hierüber am 1.4.2016 eine Rechnung an die Klägerin und wies die Umsatzsteuer gesondert aus. Diese machte die Klägerin als Vorsteuer geltend. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug. Der hiergegen gerichteten Klage gab das Finanzgericht statt (FG Baden-Württemberg, Gerichtsbescheid vom 20.6.2018, 9 K 3596/16, Haufe-Index 12066894, EFG 2018, 1913).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz.

 

Hinweis

1. Der nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbare Leistungsaustausch, der bei Fehlen von Befreiungstatbeständen für den Leistenden zu einer Steuerpflicht und für den Leistungsempfänger unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG zum Vorsteuerabzug führt, erfordert einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt, der sich aus dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu ergeben hat.

2. Ein derartiger Leistungsaustausch kann auch dann vorliegen, wenn ein Groß- mit einem Einzelhändler vereinbart, dass auf Verkaufsflächen des Einzelhändlers nur Ware des Großhändlers verkauft werden darf. Derartige Vereinbarungen können z.B. mit der Neuerrichtung oder Neuausstattung von Verkaufsflächen in Zusammenhang stehen.

Die Leistung des Einzelhändlers besteht dann in einer Flächenverwendung für bestimmte Verkaufszwecke. Als Indiz für eine derartige Leistung kann anzusehen sein, dass sich die Zahlung nach der Flächengröße richtet.

3. Eine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 12 UStG kommt nicht in Betracht, da es sich weiterhin um eine durch den Einzelhändler selbst genutzte Verkaufsfläche handelt, an der dieser dem Großhändler kein Besitzrecht einräumt.

4. Damit dürfte auch feststehen, dass es sich bei der sog. Regalmiete, bei der der Groß- den Einzelhändler für die verkaufsförderliche Warenplatzierung in bestimmten Teilen eines Geschäftslokals bezahlt, aufgrund einer hinreichenden Spezifizierung der Regalfläche um einen Leistungsaustausch, nicht aber um einen verdeckten Preisnachlass handelt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 7.5.2020 – V R 22/18

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge