Leitsatz

Ein Bilanzansatz ist "richtig", wenn er denjenigen Kenntnisstand widerspiegelt, den der Kaufmann im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung bei pflichtgemäßer und gewissenhafter Prüfung haben konnte. Eine Bilanzänderung kommt daher nicht in Betracht, auch wenn sie bei rückschauender Betrachtung als objektiv falsch anzusehen war.

 

Sachverhalt

Die Klägerin war seit 1993 zu 50 % an einer GmbH beteiligt. Sie stellte für den Verlustausgleich 1994 in ihrer Bilanz zum 31.12.1995 eine gewinnmindernde Verbindlichkeit in Höhe von 680.000 DM ein. Der andere Gesellschafter beteiligte sich nicht am Verlustausgleich. Gesellschafterbeschlüsse zum Verlustausgleich wurden nicht vorgelegt. Der Steuerbescheid für 1995 wurde bestandskräftig. In 1996 übernahm die Klägerin den weiteren 50 %-Geschäftsanteil im Nominalwert von 725.000 DM für 450.000 DM und bilanzierte den Kaufpreis. Die Betriebsprüfung erhöhte den Gewinn der Klägerin für 1996 um 275.000 DM (Differenz zwischen Nominalwert 725.000 DM und Kaufpreis 450.000 DM). Später verringerte das Finanzamt die Gewinnerhöhung um 50.000 DM. Hiergegen wandte sich die Klägerin und begehrte darüber hinaus eine weitere Reduzierung des Beteiligungsansatzes um 225.000 DM. Zur Begründung trug sie u.a. vor, dass die ertragswirksame Zuaktivierung auf den Beteiligungsansatz der H-GmbH rechtswidrig sei.

 

Entscheidung

Das Finanzamt hat den Gewinn 1996 um 225.000 DM zu Unrecht erhöht.

Die gewinnwirksame Einbuchung der Verbindlichkeit zum 31.12.1995 in Höhe von 680.000 DM konnte richtig sein, wenn die Verlustübernahme sofort als Betriebsausgabe zu erfassen war oder zwar eine verdeckte Einlage vorlag und damit der Bilanzansatz der Beteiligung an der H-GmbH zu erhöhen war, gleichzeitig aber eine Teilwertabschreibung vorgenommen werden durfte. Aus der Tatsache, dass die Betriebsprüfung den Verlustabzug akzeptiert hatte, war zu schließen, dass dem Finanzamt der Nachweis eines höheren Buchwerts der Beteiligung für 1995 nicht gelungen war.

Das FG vertrat zwar die Auffassung, dass bei der Beurteilung derselben Frage im Jahr 1995 bei gleicher Beweislage der Verlust nicht anzuerkennen gewesen wäre. Indes trage das Finanzamt die objektive Feststellungslast für 1996. Zudem sei es nicht Aufgabe der Grundsätze des Bilanzzusammenhangs, es einem Finanzamt zu ermöglichen, durch Verzicht auf die Berufung auf die Regelungen über die objektive Feststellungslast in einem Jahr und anschließende Berufung zulasten der Klägerin im Folgejahr darauf, dass der Sachverhalt nicht aufgeklärt worden sei, Verluste in einen "falschen" Veranlagungszeitraum zu verschieben.

Eine weitergehende Teilwertabschreibung sei allerdings nicht anzuerkennen. Ein Bilanzansatz sei nach § 4 Abs. 2 S. 1 EStG als "richtig" anzusehen, wenn er denjenigen Kenntnisstand widerspiegelt, denn der Kaufmann im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung bei pflichtgemäßer und gewissenhafter Prüfung haben konnte. Im Streitfall sei die Teilwertabschreibung erstmals im Rechtsstreit geltend gemacht worden. Umstände dafür, dass die Klägerin bereits bei der Aufstellung der Bilanz 1996 erkennen konnte, dass der gewählte Bilanzansatz für die Beteiligung unzutreffend war, waren nicht ersichtlich.

 

Link zur Entscheidung

FG München, Urteil vom 04.12.2007, 6 K 3840/04

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