Leitsatz

Ein gesetzlicher Vertreter einer Einmann-GmbH ist an der zulagenrechtlich notwendigen eigenhändigen Unterschrift unter den jeweils nur wie eine Jahreserklärung einzureichenden Investitionszulagen-Antrag nicht stets allein schon i.S.v. § 150 Abs. 3 AO 1977 mit der Folge gehindert, dass ein Bevollmächtigter wirksam unterzeichnen dürfte, weil sich der gesetzliche Vertreter auf einer seit längerem geplanten mehrwöchigen Urlaubsreise im europäischen Ausland aufhält. Vielmehr hängt die Zulässigkeit der Vertretung bei der Unterschrift davon ab, ob im Einzelfall eine postalische Verbindung möglich und deren Inanspruchnahme dem gesetzlichen Vertreter im Hinblick auf die Bedeutung eines Investitionszulagenantrags und die gebotene zügige verwaltungsmäßige Durchführung des Bewilligungsverfahrens zumutbar ist.

 

Normenkette

§ 150 Abs. 3 AO , § 6 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 InvZulG 1993

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH, beantragte am 29. September 1995 für das Jahr 1994 Investitionszulage. Der Antrag war nicht vom alleinvertretungsberechtigten Gesellschafter-Geschäftsführer unterschrieben, sondern von einer Steuerberaterin mit eigener Steuerberatungspraxis.

Auf telefonischen Hinweis des FA vom 2.10.1995, dass ein Investitionszulagenantrag für eine juristische Person von deren gesetzlichem Vertreter zu unterschreiben sei und die ordnungsgemäße Unterschrift nur noch bis zum Ablauf des Tages erfolgen könne, ging am 9.10.1995 ein vom Gesellschafter-Geschäftsführer unterzeichneter Investitionszulagenantrag beim FA ein.

Das FA setzte die Investitionszulage auf 0 DM fest, da es seiner Meinung nach an einem wirksamen Antrag mangele. Das FG gab der Klage statt. Es war der Auffassung, der Gesellschafter-Geschäftsführer sei infolge längerer Urlaubsabwesenheit in Frankreich an der Unterschrift gehindert gewesen.

Die hiergegen gerichtete Revision des FA führte mangels ausreichender Feststellungen zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des BFH war zum einen nicht hinreichend geklärt, woraus sich eine Bevollmächtigung der Steuerberaterin, die den Antrag unterzeichnet habe, ableiten lasse. Zum andern habe das FG keine Feststellungen getroffen, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer vor seiner Auslandsreise den Investitionszulagenantrag noch hätte fertigen und unterschreiben können und ob er in zumutbarer Weise postalisch hätte erreicht werden können.

 

Hinweis

Investitionszulagenanträge müssen innerhalb der Antragsfrist von neun Monaten eigenhändig unterschrieben werden, andernfalls ist der Investitionszulagenantrag als Verfahrenshandlung unwirksam. Kann die eigenhändige Unterschrift nicht innerhalb der Ausschlussfrist nachgeholt werden, geht die Investitionszulage verloren.

§ 150 Abs. 3 AO regelt, unter welchen Voraussetzungen sich der Steuerpflichtige bei der Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen kann. Von dem Fall abgesehen, dass er hierzu körperlich oder geistig außerstande ist, sieht das Gesetz lediglich eine Vertretung vor für Fälle längerer Abwesenheit, sofern der Steuerpflichtige hierdurch an der Unterschrift gehindert ist.

Die Frage, ab welchem Zeitraum von einer längeren Abwesenheit auszugehen ist, ist je nach Steuerart unterschiedlich zu entscheiden; z.B. wird bei den monatlich abzugebenden Steuervoranmeldungen eine kürzere Abwesenheit genügen als bei Jahressteuererklärungen, bei denen der Steuerpflichtige mehrere Monate Zeit hat. Für das Investitionszulagenrecht geht der BFH ab einer Abwesenheit von zwei Wochen von einer längeren Abwesenheit aus.

Der Steuerpflichtige ist aber nach Auffassung des BFH trotz Abwesenheit dann nicht an der Unterschrift gehindert, wenn ihm entweder wegen der geringen Entfernung eine Rückkehr zum Firmensitz zuzumuten ist oder er sich im In- oder europäischen Ausland aufhält und ohne Schwierigkeiten postalisch erreichbar ist. Auch in diesen Fällen kann die eigenhändige Unterzeichnung allerdings unzumutbar sein, wenn mit Verzögerungen und Verlusten während des Postlaufs zu rechnen ist oder zur Überprüfung des Antrags umfangreiche Unterlagen zu sichten sind.

Mit Wegfall der Antragsfrist von 9 Monaten im Investitionszulagenrecht ist künftig nur noch darauf zu achten, dass innerhalb der Festsetzungsfrist ein eigenhändig unterschriebener und auch den sonstigen Formerfordernissen entsprechender Investitionszulagenantrag beim FA eingeht.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 29.3.2001, III R 48/98

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