Leitsatz

Wird einem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber oder einem Dritten im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis ein nicht handelbares Aktienoptionsrecht eingeräumt, fließt ein geldwerter Vorteil weder bei der Einräumung noch zum Zeitpunkt der erstmaligen Ausübbarkeit zu, sondern erst bei verbilligtem Aktienbezug nach Optionsausübung (Anschluss an BFH-Urteile vom 24.1.2001, I R 100/98, BStBl II 2001, 509, und I R 119/98, BStBl II 2001, 512).

 

Normenkette

§ 8 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 EStG , § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG , § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG , § 19a Abs. 8 Sätze 1 und 2 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger war bis zu seinem Ausscheiden Mitte 1995 nationaler Verkaufsdirektor der K-KG (Arbeitgeber), einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der P Incorporated, USA (Muttergesellschaft). 1990, 1992 und 1993 waren dem Kläger im Rahmen des Dienstverhältnisses unentgeltlich Optionen auf den Erwerb von Aktien der Muttergesellschaft eingeräumt worden. Eine Übertragung der Optionen war grundsätzlich nicht zulässig.

Nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erzielte der Kläger durch Erwerb von Aktien einen Vermögenszuwachs von rd. 85.000 DM, der nicht der LSt unterworfen worden war. Das FA erfasste diesen Betrag im Rahmen der ESt-Veranlagung 1995 und gewährte hierauf die Tarifvergünstigung des § 34 Abs. 3 EStG.

 

Entscheidung

Der BFH folgte der Auffassung des FA. Der vom Kläger erzielte geldwerte Vorteil sei im Jahr 1995 zu erfassen. Der BFH fügte ferner an, dass im Streitfall die Bewertungsvorschrift des § 19a Abs. 8 Satz 2 EStG schon deshalb nicht eingreifen könne, da am Tag der Überlassung mehr als neun Monate seit dem Tag der Beschlussfassung über die Überlassung vergangen waren. Tag der Beschlussfassung über die Überlassung sei dabei nicht der Tag, an dem der Arbeitgeber beschließe, seiner Verpflichtung aus dem bereits ausgeübten Optionsrecht nachzukommen, sondern der Tag, an dem der Beschluss über das Bezugsrecht getroffen worden sei.

 

Hinweis

Es wird zunächst auf die Ausführungen zu den o.a. Urteilen des I. Senats in BFH/PR 2001, 210 ff. verwiesen. Die Rechtsprechung, wonach bei einer Aktienoption zu Gunsten eines Arbeitnehmers nicht der Zeitpunkt der Einräumung der Option, sondern der der Verschaffung der Aktie für den Lohnzufluss entscheidend ist, hat sich verfestigt.

Auch der VI. Senat ist – ebenso wie der I. Senat und wie jener bereits in seinem AdV-Beschluss vom 23.7.1999, VI B 116/99, BStBl II 1999, 684 angeführt hatte – der Auffassung, dass für den Zeitpunkt des Lohnzuflusses bei nicht handelbaren Optionsrechten nicht die Begründung, sondern erst die Erfüllung des Verschaffungsanspruchs entscheidend ist (sog. Endbesteuerung).

Ausdrücklich entschieden wird in der Besprechungsentscheidung die vermeintlich vom I. Senat offen gelassene Frage, ob ein Zufluss zwar nicht bei der Einräumung, aber zum Zeitpunkt der erstmaligen Ausübbarkeit der Option angenommen werden kann. Auch diese Frage wird nunmehr ausdrücklich verneint.

Es bleiben allerdings noch zahlreiche Fragen ungeklärt. Fraglich bleibt, wie zu entscheiden ist, wenn der Arbeitnehmer den Wert der Option vor deren Einlösung beim Arbeitgeber durch "Glattstellung" oder in anderer Weise realisiert. Ebenfalls noch nicht höchstrichterlich entschieden ist, wie Wandelschuldverschreibungen zu behandeln sind, bei denen der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber statt der Rückzahlung des Anleihebetrags eine bestimmte Anzahl von Aktien verlangen kann.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 20.6.2001, VI R 105/99

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