Leitsatz

1. Gutschriften auf einem Wertguthabenkonto zur Finanzierung eines vorzeitigen Ruhestands sind kein gegenwärtig zufließender Arbeitslohn.

2. Dies gilt auch für Gutschriften auf dem Wert­guthabenkonto eines Fremd-Geschäftsführers einer GmbH (entgegen BMF-Schreiben vom 17. Juni 2009, BStBl I 2009, 1286, A.IV.2.b.).

 

Normenkette

§ 10d Abs. 4 Sätze 4 und 5, § 11 Abs. 1 Satz 4, § 38a Abs. 1 Satz 2 EStG, § 40 Abs. 2, § 57, § 63 Abs. 1 Nr. 1, § 68 Satz 1, § 100 Abs. 1 Satz 1, § 121 Satz 1, § 122 Abs. 1, § 127 FGO, § 7e Abs. 1 und Abs. 2 SGB IV

 

Sachverhalt

Der Kläger war GmbH-Geschäftsführer und erzielte aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Am Stammkapital der GmbH war er nicht beteiligt. Sein Dienstvertrag sah – nach einer Änderung – eine Wertguthabenvereinbarung zur Finanzierung seines vorzeitigen Ruhestands vor. Darin verzichtete der Kläger auf die Auszahlung laufender Bezüge zum Zwecke der Auszahlung in einer späteren Freistellungsphase. Zur Finanzierung schloss die GmbH als Versicherungsnehmerin eine Rückdeckungsversicherung ab und räumte dem Kläger zum Zwecke der Insolvenzsicherung ein Pfandrecht hieran ein. Die Zuführungen zu dem Wertguthaben unterwarf die GmbH nicht dem Lohnsteuerabzug. Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, Zeitwertkonten seien bei Geschäftsführern einer GmbH nicht anzuerkennen. Die Wertgutschriften auf dem Zeitwertkonto führten deshalb zum Zufluss von Arbeitslohn beim Kläger. Das FA erließ demgemäß gegenüber dem Kläger einen entsprechenden Lohnsteuernachforderungsbescheid. Der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage gab das FG statt (FG Köln, Urteil vom 26.4.2016, 1 K 1191/12, Haufe-Index 9558635, EFG 2016, 1238).

 

Entscheidung

Die Revision des FA hatte aus den in den Praxis-Hinweisen ausgeführten Gründen in der Sache keinen Erfolg.

 

Hinweis

1. Arbeitslohn ist mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht zugeflossen und lohnzuversteuern. Zuflusszeitpunkt ist der Tag der Erfüllung des Anspruchs des Arbeitnehmers, also der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die geschuldete Leistung tatsächlich erbringt.

2. Demgegenüber führt nach ständiger Rechtsprechung das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten den Zufluss von Einnahmen regelmäßig noch nicht herbei. Folglich fließt mit der Zusage des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer künftig Leistungen zu erbringen, Arbeitslohn erst in dem Zeitpunkt zu, in dem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das wirtschaftliche Eigentum verschafft (z.B. BFH, Urteil vom 18.8.2016, VI R 18/13, BFH/NV 2017, 91, BFH/PR 2017, 45).

3. Nach diesen Maßstäben handelte es sich bei den Zuführungen der GmbH zu dem Wertguthabenkonto nicht um gegenwärtig zufließenden Arbeitslohn des Klägers.

a) Der Kläger hat von der GmbH i.H.d. Gutschriften auf dem Wertguthabenkonto keine Auszahlungen erhalten.

b) Die Zuführungen zu dem Wertguthabenkonto sind dem Kläger auch nicht durch eine Gutschrift in den Büchern der GmbH zugeflossen. Denn der Kläger konnte nach der mit der GmbH abgeschlossenen Wertguthabenvereinbarung über die Gutschriften im Streitjahr nicht verfügen.

c) Die Zuführungen zu dem Wertguthaben sind dem Kläger auch nicht durch Novation im Zeitpunkt der Gutschriften zugeflossen. Zwar wurde die nach dem Arbeitsvertrag bestehende Verpflichtung der GmbH zur Lohnzahlung an den Kläger mit der Wertgut­habenvereinbarung (teilweise) durch eine andere, neue Verpflichtung ersetzt. Die GmbH war im Zeitpunkt der Gutschriften auf dem Zeitwertkonto indessen zu keinen Zahlungen an den Kläger aus dem Wertguthaben verpflichtet.

d) Eine zum Lohnzufluss führende Lohnverwendungsabrede ist im Streitfall ebenfalls nicht gegeben. Die GmbH erfüllte mit der Wertguthabenvereinbarung weder Verbindlichkeiten des Klägers gegenüber Dritten noch handelte es sich bei der Wertguthabenvereinbarung um ein Rechtsgeschäft, bei dem sich die GmbH als Arbeitgeberin und der Kläger als Arbeitnehmer wie fremde Dritte gegenüberstanden und zu dessen Erfüllung der Kläger seinen Barlohn verwendete.

e) Die Wertguthabenvereinbarung stellte auch keine Vorausverfügung des Klägers über seinen Arbeitslohn dar, die den Zufluss im Zeitpunkt der Gutschriften bewirkt hätte. Vielmehr verzichtete der Kläger mit der Wertguthabenvereinbarung lediglich auf die Auszahlung eines Teils seines Barlohns zugunsten einer Zahlung in der Freistellungsphase.

f) Durch die Zuführungen zu dem Wertguthaben hat die GmbH dem Kläger auch keinen eigenen unentziehbaren Anspruch gegen einen Dritten verschafft. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Rückdeckungsversicherung. Versicherungsnehmer war insoweit nicht der Kläger, sondern die GmbH. Das gilt auch für das hieran eingeräumte Pfandrecht. Dies durfte der Kläger nach der Verpfändungsvereinbarung erst im Insolvenzfall verwerten.

4. Für Gutschriften auf dem Wertguthabenkonto eines Fremd-Geschäftsführers einer GmbH gilt nichts anderes. Denn die oben dargelegten Gründe, die gegen den Zufluss von Arbeitslohn durch eine Wertgutschrift auf einem Zeitw...

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