2.2.1 Aktivierungsverbot

 

Rz. 6

Mit Wegfall des § 250 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB durch das BilMoG wandelte sich das bisherige Aktivierungswahlrecht zu einem Aktivierungsverbot. Die Neuregelung war erstmalig auf ein nach dem 31.12.2009 beginnendes Geschäftsjahr anzuwenden.[1]

2.2.2 Keine Einbeziehung in die Herstellungskosten

 

Rz. 7

Nach Auffassung des HFA des IdW[1] – an der auch heute noch vielfach festgehalten wird[2] – sind die Verbrauchsteuern und Zölle handelsrechtlich in die Ermittlung der Herstellungskosten der Vorräte einzubeziehen. Die Verzollung oder die Verbrauchsbesteuerung verschaffe dem Erzeugnis oder der Ware eine "andere Verkehrsfähigkeit" – nämlich frei veräußert werden zu können –, was noch zur "Herstellung" des Produkts gehöre. Allerdings müsste man dann annehmen, dass der BFH im sog. Biersteuer-Urteil den Herstellungskosten-Begriff unzutreffend ausgelegt hat. Die Kodifizierung des Herstellungskosten-Begriffs in § 255 Abs. 2 HGB lässt m. E. die Einbeziehung in die Herstellungskosten nicht mehr zu, denn zumindest die Verbrauchsteuern fallen an, wenn der Herstellungsprozess bereits vollendet ist und das fertige verbrauchsteuerpflichtige Produkt die Produktionsstätte oder das Steuerlager in den freien Verkehr verlässt. Wenn die Einbeziehung in die Herstellungskosten noch rechtens wäre, wäre auch die Kodifizierung eines Abgrenzungspostens in § 250 Abs. 1 Satz 2 HGB a. F. überflüssig gewesen. Auch ging der BilMoG-Gesetzgeber offensichtlich von einer Aufwandswirksamkeit aus und lehnte die Forderung einer ergänzenden Regelung des § 255 HGB, die Zölle und Verbrauchsteuern zu den Herstellungskosten zu zählen wegen des Verbots der Einbeziehung von Vertriebskosten ausdrücklich ab.[3]

 

Rz. 8

Werden die aufwandsberücksichtigten Zölle und Verbrauchsteuern auf Vorratsvermögen als Vertriebskosten qualifiziert, kommt eine Einbeziehung in die Herstellungskosten keinesfalls in Betracht. Zum einen verbietet § 255 Abs. 2 Satz 4 HGB ausdrücklich die Einbeziehung von Vertriebskosten in die Herstellungskosten,[4] zum anderen hat bereits Art. 39 Abs. 2 Satz 3 der 4. EU-Bilanzrichtlinie den Gesetzgeber an einer Einbeziehung von Vertriebskosten in die Herstellungskosten gehindert.[5] Schließlich hat der BFH im Biersteuer-Urteil[6] den handelsrechtlichen Herstellungskostenbegriff zutreffend ausgelegt, wenn er feststellt, dass die infrage stehenden Zölle und Verbrauchsteuern erst anfallen, wenn der Herstellungsprozess beendet ist, also nur Kosten der sich anschließenden Vertriebsphase sein können. Würde man – wie in der o. g. IdW-Stellungnahme und in der WPH-Darstellung – die Erlangung einer "anderen Verkehrsfähigkeit" als zum Herstellungsprozess gehörig ansehen, dann müssten z. B. auch die eindeutig Vertriebskosten darstellenden Kosten einer vorbereitenden Produktwerbung, die ein Produkt erst marktfähig macht, in die Herstellungskosten einbezogen werden.

[1] IdW St/HFA 5/1991, WPg 1992, S. 94.
[2] Vgl. WPH 2017 F 136.
[3] BT-Drucks. 16/10067, S. 51.
[5] BT-Drucks. 16/10067, S. 51.

2.2.3 Behandlung als Aufwand der Periode

 

Rz. 9

Demnach sind die Zölle und Verbrauchsteuern auf die am Abschlussstichtag im Unternehmensbereich befindlichen und deshalb auszuweisenden Vorräte Aufwand der Periode ihres Anfallens. Ob nach der Streichung des Sonderpostens durch das BilMoG die vor seiner Einführung vorherrschende Auffassung, es handle sich bei den fraglichen Zöllen und Verbrauchsteuern um Bestandteile der Herstellungskosten[1] oder ob die weniger streng abgrenzende Haltung die IFRS (siehe Rz. 16) – deren Vereinheitlichung mit dem HGB eigentlich Regelungszweck der Abschaffung war – künftig Platz greifen werden, muss abgewartet werden. Jedenfalls hat der Gesetzgeber im Rahmen des BilMoG-Gesetzgebungsprozesses zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei den auf das Vorratsvermögen entfallenden Zöllen und Verbrauchsteuern um als Aufwand zu behandelnde Vertriebskosten handelt.

[1] IDW HFA 5/1991, WPg 1992, S. 94 und Tiedchen, HdJ II/11 Rz. 156 m. w. N.

2.2.4 Bildung latenter Steuern

 

Rz. 10

Wegen der weiter bestehenden Aktivierungspflicht in der Steuerbilanz[1] kommt es zu einem Auseinanderfallen von Handels- und Steuerbilanz. Da dieser Unterschied temporärer Natur ist, sind in der Handelsbilanz obligatorisch latente Steuern[2] zu bilden. Im Jahr der Aktivierung in der Steuerbilanz bei gleichzeitigem Aufwand im handelsrechtlichen Jahresabschluss liegt das steuerbilanzielle Ergebnis über dem Handelsbilanz-Ergebnis. Daher sind gem. § 274 HGB aktive latente Steuern bis zur Postenauflösung (z. B. durch Verkauf der Vorräte) zu bilden.

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