Bei einer Aufhebung, Änderung oder Berichtigung einer Steuerfestsetzung nach Ablauf der Karenzzeit bemessen sich die Zinsen gem. § 233a Abs. 5 Satz 2 AO nach dem Unterschiedsbetrag zwischen der neu festgesetzten und der bisherigen Steuer, wobei Steuerabzugsbeträge und Körperschaftsteuer-Gutschriften jeweils angerechnet werden. Der Zinslauf beginnt mit Ablauf der Karenzzeit.

Ist der Erstbescheid bereits vor Ablauf der Karenzzeit ergangen, entstehen nunmehr erstmals Zinsen.[1] Das Gleiche gilt, wenn der Erstbescheid zwar nach Ablauf der Karenzzeit ergangen ist, eine Zinsfestsetzung aber unterblieben ist, weil Zinsen nicht entstanden waren oder weniger als 10 EUR betragen haben.

 
Praxis-Beispiel

Zinsberechnung bei Korrektur der Steuerfestsetzung

Im Erstbescheid, ergangen vor Ablauf der Karenzzeit, war die Einkommensteuer auf 10.000 EUR festgesetzt, die Steuerabzugsbeträge betrugen 10.500 EUR. Im Änderungsbescheid, ergangen 5 Monate nach Ablauf der Karenzzeit, wird die Steuer auf 12.500 EUR heraufgesetzt, die Steuerabzugsbeträge ändern sich nicht. Nachzahlungszinsen werden aus dem Mehrbetrag von 2.500 EUR vom Ablauf der Karenzzeit an berechnet. Würde durch den Änderungsbescheid die Steuer auf 7.500 EUR herabgesetzt, wären Erstattungszinsen aus dem Minderbetrag von 2.500 EUR zu berechnen.

Ist der Erstbescheid erst nach Ablauf der Karenzzeit ergangen und sind hierauf bereits Zinsen entstanden und festgesetzt, ist der bisherige Zinsbescheid zu ändern.[2] Dabei sind die sich aus dem Unterschiedsbetrag ergebenden Zinsen[3] den bisher festgesetzten Zinsen hinzuzurechnen.[4]

 
Praxis-Beispiel

Anrechnung bereits gezahlter Zinsen (bei einer Steuernachzahlung)

Aufgrund des 1. Einkommensteuerbescheids wurden Nachzahlungszinsen i. H. v. 250 EUR festgesetzt. Aufgrund des Änderungsbescheids ergibt sich eine höhere Einkommensteuer. Weitere Zinsen berechnen sich vom Ende der Karenzzeit bis zur Wirksamkeit (Bekanntgabe) des Änderungsbescheids aus dem Steuererhöhungsbetrag (unterstellt, dass sich Steuerabzugsbeträge und anzurechnende Vorauszahlungen nicht ändern) mit – angenommen – 100 EUR. Im zu ergehenden Zinsänderungsbescheid werden die Zinsen insgesamt auf 350 EUR festgesetzt. Allerdings werden die bisher festgesetzten Zinsen von 250 EUR, wenn sie entrichtet sind, in der Abrechnungsverfügung angerechnet, sodass nur noch 100 EUR zu entrichten sind.

 
Praxis-Beispiel

Anrechnung bereits gezahlter Zinsen (bei einer Steuererstattung)

Sachverhalt wie im vorherigen Beispiel (Nachzahlungszinsen aufgrund des Erstbescheids), jedoch ergibt sich aufgrund des Einkommensteueränderungsbescheids eine niedrigere Einkommensteuer. Hier berechnen sich die Erstattungszinsen ebenfalls vom Ende der Karenzzeit (bei Zahlung von Vorauszahlungen nach Ablauf der Karenzzeit erst ab dem Tag der Zahlung) bis zur Bekanntgabe des Änderungsbescheids mit – angenommen – 100 EUR. Im zu ergehenden Zinsänderungsbescheid werden die Nachzahlungszinsen auf insgesamt 150 EUR festgesetzt. Sind die bisher festgesetzten Zinsen von 250 EUR entrichtet, werden 100 EUR erstattet.

 
Hinweis

Reihenfolge der Berücksichtigung von Steuerzahlungen

Bei der Reihenfolge zu verzinsender Steuerzahlungen wird nach langjähriger Verwaltungspraxis das sog. "Last in-First out-Prinzip" zugrunde gelegt. Besteht der Erstattungsbetrag aus mehreren Leistungen, richtet sich der Zinsberechnungszeitraum jeweils nach dem Zeitpunkt der Leistungen. Diese sind in chronologischer Reihenfolge zu berücksichtigen, beginnend mit der jüngsten Leistung. Besagte Praxis wurde nun durch das Zweite Gesetz zur Änderung der AO und des EGAO in § 233a Abs. 3 Satz 4 AO und für Änderungsfälle in § 233a Abs. 5 Satz 4 AO gesetzlich verankert.

 
Wichtig

Rückwirkende Korrektur der Steuerfestsetzung und Zinsberechnung

Soweit die Steuerfestsetzung oder die Korrektur einer Steuerfestsetzung auf der Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO[5] oder auf einem Verlustabzug nach § 10d Abs. 1 EStG[6] beruhen, beginnt der Zinslauf gem. § 233a Abs. 2a AO erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem das rückwirkende Ereignis eingetreten oder der Verlust entstanden ist. Die steuerlichen Auswirkungen eines Verlust­rücktrags bzw. eines rückwirkenden Ereignisses werden daher bei der Berechnung von Zinsen erst ab einem vom Regelfall abweichenden späteren Zinslaufbeginn berücksichtigt.

 
Praxis-Beispiel

Zinsberechnung bei rückwirkender Korrektur der Steuerfestsetzung

Der Einkommensteuerbescheid für 00 wird im Januar 03 dahingehend geändert, dass nunmehr Unterhaltsleistungen an den geschiedenen Ehegatten als Sonderausgaben berücksichtigt werden[7], da erst im Dezember 02 dessen Zustimmung erteilt wurde. Erstattungszinsen kommen nicht in Betracht, da der Zinslauf insoweit erst 15 Monate nach Ablauf des Jahres 02, also ab 1.4.04 beginnt.

Eine Zinsfestsetzung ist auch dann zu ändern, wenn die Anrechnung von Steuerbeträgen (Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer, Zinsabschlag, anzurechnende Körperschaftsteuer) zurückgenommen...

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