Zu verzinsen ist gem. § 233a Abs. 3 Satz 1 AO der Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer und den Steuerabzugsbeträgen (Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer), der ggf. anzurechnenden Körperschaftsteuer und den bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen (sog. Sollverzinsung). Unerheblich ist, ob die Vorauszahlungen entrichtet worden sind oder nicht.

 
Praxis-Beispiel

Zinsberechnung für den VZ 2021

Der Einkommensteuerbescheid für 2021 wird am 22.1.2024 wirksam. Die Steuer ist auf 7.818 EUR, die Vorauszahlungen waren auf 1.000 EUR festgesetzt, der Lohnsteuerabzug beträgt 2.000 EUR. Es sind somit 4.818 EUR nachzuzahlen. Der Zinslauf beginnt am 1.10.2023 und endet am 22.1.2024. Zu verzinsen sind 3 volle Monate mit 0,15 % von (abgerundet auf) 4.800 EUR = 21,60 EUR, abgerundet zu Gunsten des Steuerpflichtigen[1] auf 21 EUR. Unerheblich ist, ob die Vorauszahlungen geleistet worden sind oder nicht.

Würde der Nachzahlungsbetrag weniger als 2.000 EUR betragen, ergäben sich Zinsen von 9 EUR, also weniger als 10 EUR. Eine Zinsfestsetzung würde nach § 239 Abs. 2 Satz 1 AO unterbleiben.

 
Wichtig

Vermeidung von Zinsen durch freiwillige Vorauszahlungen

Zeichnet sich ab, dass eine Einkommensteuerfestsetzung mit zu erwartender Steuernachzahlung erst nach Ablauf der Karenzzeit mit der Folge von Nachzahlungszinsen erfolgen wird, besteht die Möglichkeit, die Festsetzung von Zinsen zu vermeiden, indem der Steuerpflichtige eine entsprechende freiwillige Einkommensteuervorauszahlung leistet. Zwar bleiben auch freiwillig geleistete Vorauszahlungen unberücksichtigt, jedoch sind die Finanzämter angewiesen, hierauf die Vorauszahlungsfestsetzung anzupassen.[2] Leistet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Karenzzeit eine freiwillige Vorauszahlung, ist dies als Antrag auf Anpassung der bisher festgesetzten Vorauszahlungen i. S. d. § 37 Abs. 3 Satz 3 EStG anzusehen. Diesem Antrag soll das Finanzamt regelmäßig entsprechen. Eine nachträgliche Erhöhung der Vorauszahlungen zur Einkommensteuer erfolgt nach § 37 Abs. 5 EStG jedoch nur dann, wenn der Erhöhungsbetrag mindestens 5.000 EUR beträgt. Wichtig ist dabei, dass der Vorauszahlungsbescheid noch vor Beginn der Zinslaufzeit ergeht.

Darüber hinaus kann der Steuerpflichtige die Zahlung von Nachzahlungszinsen durch die freiwillige Zahlung auf die durch die Steuerfestsetzung zu erwartende Zahlungsschuld vermeiden. Die dazu bislang in Nr. 70.1 des AEAO zu § 233a verortete Billigkeitsregelung über den Erlass von Nachzahlungszinsen wurde durch das Zweite Gesetz zur Änderung der AO und des EGAO nunmehr im neuen Abs. 8 des § 233a AO gesetzlich verankert. Die offene Gesetzesformulierung ermöglicht es dabei, entweder auf die Festsetzung der betroffenen Nachzahlungszinsen mittels abweichender Zinsfestsetzung von vornherein zu verzichten oder festgesetzte Zinsen zu erlassen, was der bisherigen Praxis entspricht. Im Ergebnis wird in beiden Fällen auf nach dem Soll-Prinzip entstandene Zinsen aus Billigkeitsgründen verzichtet.

Die Annahme freiwilliger Zahlungen steht weiterhin im pflichtgemäßen Ermessen des Finanzamts. Damit soll verhindert werden, dass es ohne sachliche Rechtfertigung der Zahlung vor Festsetzung der Steuer als "Sparkasse" missbraucht werden kann. Nimmt das Finanzamt die freiwillige Zahlung an, steht der Zinsverzicht nicht in ihrem Ermessen.[3]

Im Übrigen sollen die Finanzämter, wenn der Steuerpflichtige nach Ablauf der Karenzzeit eine freiwillige Zahlung leistet, bei Vorliegen der Steuererklärung unverzüglich eine Steuerfestsetzung durchführen. Diese Steuerfestsetzung kann zur Beschleunigung auch durch eine Festsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung erfolgen. In diesem Fall kann sich die Steuerfestsetzung auf die bisher festgesetzten Vorauszahlungen zuzüglich der freiwillig geleisteten Zahlungen beschränken. Auf die Angabe der Besteuerungsgrundlagen kann dabei verzichtet werden.[4] Aufgrund der spürbaren Zinssatzsenkung von 0,5 % auf 0,15 % pro Monat dürften freiwillige Vorleistungen künftig wesentlich an Bedeutung verlieren.

[3] BMF, Schreiben v. 22.7.2022, IV A 3 – S 1910/22/10040:010, BStBl 2022 I S. 2017, Tz. 2.3.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge